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Schlechtes Benehmen: Warum die FIA Sebastian Vettel bestraft hat
Bewährungsstrafe für Sebastian Vettel beim Österreich-Grand-Prix der Formel 1 in Spielberg: Was Vettel vorgeworfen und warum er schuldig gesprochen wurde
(Motorsport-Total.com) - Schlechtes Benehmen hat Sebastian Vettel beim Österreich-Grand-Prix der Formel 1 2022 in Spielberg eine Strafe eingebracht. Der viermalige Weltmeister wurde von den Sportkommissaren des Automobil-Weltverbands (FIA) für schuldig befunden, seiner Vorbildrolle nicht nachgekommen zu sein. Das Urteil sieht eine Geldstrafe in Höhe von 25.000 Euro vor, allerdings auf Bewährung für den Rest der Rennsaison.
© Motorsport Images
Sebastian Vettel beim Österreich-Grand-Prix der Formel 1 2022 vor Mikrofonen Zoom Download
Was aber hat Vettel genau getan? Das schildern die Sportkommissare in ihrer Urteilsbegründung. Darin heißt es: "Sebastian Vettel hat am Freitag die Fahrerbesprechung ohne Erlaubnis verlassen." Vettel habe außerdem seinen Unmut kundgetan über den Verlauf der Versammlung.
Worüber sich Vettel genau echauffiert hat, ist zum jetzigen Zeitpunkt unklar. Die Formel-1-Fahrer aber sollen sich in ihrer Besprechung über die Linie der Boxeneinfahrt am Red-Bull-Ring gestritten haben. Vettel ist daraufhin angeblich aufgebracht aus dem Saal hinausgestürmt.
Die Sportkommissare notieren hierzu: "Es ist den Fahrer nicht gestattet, zu gehen, wann sie es wünschen. [Vettels Verlassen der Räumlichkeiten] stellt also einen Verstoß gegen die Anwesenheitspflicht [bei der Fahrerbesprechung] dar."
Und: "Fahrer auf diesem Niveau sind Vorbilder für alle anderen Rennfahrer in aller Welt. Die Sportkommissare sind der Meinung, Vettel ist seiner Vorbildrolle in diesem Fall nicht gerecht geworden."
Die Sportkommissare legen Vettel einen Verstoß gegen Artikel 12.2.1 f) des Internationalen Sportkodex zur Last, außerdem gegen Artikel 20.1 des Sportlichen Reglements der Formel 1.
Artikel 12.2.1 f) im Internationalen Sportkodex regelt Strafen für den Fall, dass jemand der FIA, deren Institutionen, Mitgliedern oder handelnden Personen in Worten, Taten oder schriftlich "Schaden oder Verlust" zufügt oder sich anderweitig nachteilig über den Motorsport und die von der FIA vertretenen Werte äußert.
Artikel 20.1 des Sportlichen Formel-1-Reglements besagt unter anderem: "Alle Fahrer und Teammanager müssen an den Besprechungen unter dem Vorsitz des Renndirektors teilnehmen."
Vettel entschuldigt sich für sein Verhalten
Vettel selbst hat nach dem Vorfall den Kontakt zu Formel-1-Rennleiter Niels Wittich gesucht und sich für sein Verhalten entschuldigt. Es habe ein "sehr konstruktiver Dialog" stattgefunden, der über den Inhalt der Fahrerbesprechung hinausgegangen sei.
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"Die Sportkommissare glauben, dass ein solcher Verstoß trotzdem nicht straffrei bleiben kann. Die Informationen aus dem Bericht des Rennleiters gelten aber als strafmindernd." Und sofern sich Vettel in der restlichen Formel-1-Saison 2022 keine weiteren Verstöße gegen die genannten Artikel leistet, wird die Zahlung der 25.000 Euro nicht fällig.
Formel-1-Fahrer äußern sich kritisch über Rennleiter und Kommissare
Tatsächlich äußern sich in Spielberg zahlreiche Fahrer kritisch über die Formel-1-Rennleitung und die FIA-Sportkommissare. Williams-Mann Alexander Albon etwa deutet an, man habe am Freitag auch kontrovers über diverse Entscheidungen der vergangenen Wochen diskutiert.
"Man sieht: Wenn sich die Leute über ein Urteil beschweren, dann fällt es am folgenden Wochenende extra heftig aus, was auch immer vorfällt. Es liegt an den Regeln", meint Albon. "In Silverstone hieß es noch: Let them race. Und in Österreich können wir das dann auf einmal nicht mehr so machen. Das macht es schon schwierig." Für die Fahrer sei so einfach nicht klar, was erlaubt ist und was nicht.
Albon: "Ich glaube, die FIA lernt dazu, was sie wie handhaben wollen auf fahrerischer Seite. Bis sie da aber eine Lösung gefunden haben, wird es Inkonsistenzen geben. Ich bin mir daher sicher: Wir werden auch in der nächsten Fahrerbesprechung darüber reden, und dann wird es wieder neue Spielregeln geben."
Ohne Kies fährt jeder einfach geradeaus
George Russell als einer der Direktoren der Formel-1-Fahrergewerkschaft (GPDA) nimmt den Weltverband hier ein wenig in Schutz: "Es ist unheimlich schwierig für die FIA. Es ist aber auch unheimlich schwierig für uns Fahrer. Denn es gab ein paar grenzwertige Manöver und Entscheidungen in diesem Jahr."
Es könne nicht darum gehen, ständig neue Sprachen auszusprechen, sagt Russell. "Es geht vor allem darum, dass da eine gewisse Form von Konstanz rein muss. Da muss man schon auf die Ursachen schauen. Bei Tracklimits zum Beispiel liegt es an der Strecke. Es gibt hier keine Lösung, bis nicht die Strecke es gelöst hat."
Was Russell damit meint: Kommt eine Asphaltfläche hinter dem Randstein, wird das von den Fahrern ausgenutzt. "In Kurve 4 aber haben wir dieses Problem nicht", so der Mercedes-Fahrer. Dort folgt nämlich sofort ein Kiesbett auf den äußeren Kurvenrand. "Im Gegensatz dazu steht Kurve 1 in Silverstone [mit Auslaufzone aus Asphalt], wo du immer pushen kannst."
Zwei Rennleiter, null Konstanz
Ein weiteres Problem sei die wechselnde Rennleitung in der Formel 1, sagt Russell. Nach dem Aus von Michael Masi hat die Rennserie die Verantwortung auf Eduardo Freitas und Niels Wittich übertragen, die abwechselnd als Rennleiter tätig sind. Russell meint nun: "Wir müssen es bei einem Rennleiter belassen."
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Außerdem halte er es für sinnvoller, die Sportkommissare weniger häufig auszuwechseln. "Du kommst sonst zur nächsten Veranstaltung und der Kommissar vom letzten Mal ist nicht da. Es kann also niemand Rechenschaft ablegen, es gibt auch keine Erklärung zu Entscheidungen. Auf Fragen kriegst du keine direkte Antwort, weil man sonst jemanden beschuldigen könnte, der gar nicht vor Ort ist."
Es sei, so sagt Russell, "eine schwierige Situation für alle Beteiligten". Jetzt sei aber ein Punkt erreicht, an dem es "ein bisschen Überhand" nehme. "Statt dass wir uns immer nur im Kreis drehen und nach dem besten Kompromiss suchen, sollten wir die Wurzel allen Übels angehen, dann hätten wir die Probleme nicht mehr."
Und es gäbe so viele davon in der Formel-1-Saison 2022. Russell erwähnt explizit Tracklimits und meint: "Für uns Fahrer ist es schwierig, mit einer weißen Linie umzugehen, denn die kannst du nicht spüren." Am wichtigsten sind aus seiner Sicht aber "Klarheit für alle" und Konstanz bei den Entscheidungen der Sportkommissare. "Aber das wird nur eintreten, wenn wir auch bei den Leuten, die über die Regeln wachen, eine gewisse Konstanz sehen."
Untersuchungen gegen sieben Fahrer nach dem Sprint
Im Anschluss an das Sprintrennen in Spielberg haben die Sportkommissare übrigens noch sieben Fahrer aufgrund von Regelverstößen in der Startphase vorgeladen, darunter auch erneut Vettel. Ihnen allen wurde vorgeworfen, sie hätten während der zweiten Aufwärmrunde unerlaubterweise Nachrichten von ihren Teams ins Cockpit erhalten.
Dies stehe im Widerspruch zu Artikel 33.1 des Sportlichen Reglements, wo es heißt: "Der Fahrer muss das Auto alleine und ohne Hilfe fahren."
Folgende Fahrer mussten sich dafür vor den FIA-Sportkommissaren verantworten: Esteban Ocon (Alpine), Sergio Perez (Red Bull), Daniel Ricciardo (McLaren), George Russell (Mercedes), Mick Schumacher (Haas), Lance Stroll (Aston Martin), Sebastian Vettel (Aston Martin).
Alsbald nach der Vorladung aber kam schon das Urteil, ausgestellt für alle sieben Vorfälle gleichermaßen. Darin heißt es: "Die Sportkommissare haben den Bericht des Rennleiters und Audio-Beweise erhalten. Sie haben sich mit den Teamverantwortlichen getroffen und kamen zu dem Schluss, dass die beanstandeten Nachrichten erlaubt waren." Ergo: keine Strafen.