Sebastian Vettel mit P9 und "sehr klugem Crash" im Baku-Qualifying
Beim Formel-1-Qualifying von Aserbaidschan konnte sich Aston-Martin-Pilot Sebastian Vettel trotz eines "sehr klugen Crashs" Platz neun sichern
(Motorsport-Total.com) - Aston-Martin-Pilot Sebastian Vettel könnte zu einer der größten Überraschungen des Formel-1-Wochenendes in Aserbaidschan werden. Mit Platz neun im Qualifying von Baku hat sich der Deutsche in eine gute Ausgangslage für das Rennen gebracht, um weitere Punkte für Aston Martin zu sammeln.
"Ich bin sehr zufrieden mit diesem neunten Platz. Wenn ich noch eine halbe Zehntel mehr herausgeholt hätte, dann wäre ich noch vor Yuki [Tsunoda] gewesen, aber für weiter vorne hätte es nicht gereicht. Generell war es aber eine gute Session für uns", sagt Vettel nach dem Qualifying.
Das Barcelona-Update von Aston Martin scheint immer besser zu funktionieren. Bereits in Monaco konnte Vettel als Zehnter einen Punkt holen, während die Tendenz in Baku sogar noch weiter nach oben geht.
Vettel froh, nicht beim Boxengassenchaos dabei zu sein
"Ich denke, wir haben seit Barcelona eine Menge gelernt mit dem neuen Auto. Wir hatten für hier keine neuen Teile, aber dafür waren wir in der Lage, ein bisschen mehr rauszuquetschen, mehrere Dinge zu verstehen und auszuprobieren. Aus technischer Sicht sind wir auf einem guten Weg und können das herausholen, was im Auto steckt", so der Heppenheimer.
Bereits im ersten Qualifyingsegment konnte Vettel mit Platz sechs und nur einer halben Sekunde Rückstand auf die Spitze überraschen: "Direkt von Q1, der erste Schuss war sehr gut, weil man hinten auch nie weiß, was passiert, wenn eine rote Flagge herauskommt. Und im Endeffekt ist es dann so gekommen und das hat uns geholfen", so Vettel.
Sein Teamkollege Lance Stroll löste die rote Flagge aus, nachdem er innerhalb von kurzer Zeit seinen Aston Martin gleich zwei Mal in die Mauer beförderte. Mit nur noch zweieinhalb Minuten Restzeit auf der Uhr drängelten die Piloten um die beste Position auf der Strecke.
Vettel war froh, dass er sich das Geschehen aus der Boxengasse aus anschauen konnte: "Zum Glück waren wir dann am Ende nicht in diesem Sandwich von ganz vielen Autos. Da war es ziemlich voll auf der Strecke, aber ich hatte den Luxus in der Garage bleiben zu können."
So analysiert Vettel seinen Mauerkontakt in Kurve 15
Im zweiten Qualifyingsegment wäre dem Deutschen beinahe das gleiche Schicksal wie seinem Teamkollegen ereilt, als er die TecPro-Barriere in Kurve 15 leicht touchierte. "Ich habe mich einfach verbremst. Ich wusste nicht genau, ob ich die Kurve kriegen würde oder nicht."
"Ich hielt es dann für die beste Option, gerade in die Barriere zu fahren und höchstens den Frontflügel zu beschädigen", analysiert Vettel. "Das hat auch gut funktioniert und ich habe es geschafft, sehr klug zu crashen."
"Ich wusste einfach nicht genau, ob ich irgendwie mit der Aufhängung hängen bleiben würde, wenn ich in den Notausgang fahre und dann habe ich gedacht: 'Ok, dann eben der Frontflügel, davon haben wir noch einen in der Garage.' Also wenn ich schaffe, ganz gerade reinzufahren, dann können wir weitermachen und so ist es dann auch gekommen. Also da hatte ich ein bisschen Glück und ein bisschen Erfahrung beim Missgeschick."
Teamchef Krack: "Sebastian war heute sehr gut"
Dass Vettel seine Zeit aus Q1 im weiteren Verlauf des Qualifyings nur um zwei Zehntel unterbieten konnte, ist für den Heppenheimer nicht überraschend: "Wir quetschen jedes Mal ein bisschen mehr aus dem Auto raus. Die erste Session war sehr gut für uns, da waren wir zur richtigen Zeit am richtigen Ort mit dem Windschatten."
"In der zweiten Session haben wir unsere Leistung aus Q1 bestätigt. Es ist aber nicht mehr so wie in der Vergangenheit, wo man nach und nach aufeinander aufbauen kann, weil das Auto so viel Pace hat. Wir müssen also von Anfang an Vollgas geben und daher kann man sich am Ende nicht mehr so verbessern, weil man vorher schon am Maximum war."
"Sebastian war heute sehr gut", lobt Aston-Martin-Teamchef Mike Krack seinen Schützling. "Er hatte Vertrauen, war schnell und bis auf den kleinen Kontakt mit der Bande in Kurve 15 sehr solide. Mit dem neunten Platz hat er sich in eine sehr gute Ausgangslage gebracht, um morgen Punkte zu holen."
Vettel: Mit Windschatten wäre P5 drin gewesen
Auf die Frage, ob ihm die Strecke in Aserbaidschan liegt, antwortet Vettel: "Ja, so ein bisschen, vielleicht so eine Liebes- und Hassbeziehung zugleich. Ich glaube, nach den Jahren fällt es mir ein bisschen leichter, mich im Training heranzutasten."
"Eigentlich ist die Hauptsache, zu verstehen, was kann das Auto und was kann ich, beziehungsweise wo kann ich wirklich ans Limit gehen, ohne aber im Training jedes Mal, jede Runde am Limit zu sein. Man muss den Rhythmus zu finden, die Strecke und das Auto verstehen und das dann im Qualifying umsetzen. Und das hat heute glaube ich, ganz gut geklappt."
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Besonders im letzten Sektor konnte Vettel mit einem guten Topspeed einiges an Zeit herausholen: "Wir hatten eine Runde mit Windschatten im ersten Qualifying. Das hat uns auch dann so weit nach vorne gespült und danach nicht mehr."
"Ich habe am Ende gehofft, dass vielleicht noch irgendjemand kommt und uns einen gibt, dann hätten wir es auf Platz fünf geschafft, weil es so eng war. Das sind dann drei Zehntel, aber wir sind auch so schnell im letzten Segment, weil wir mit relativ wenig Flügel fahren. Wir haben heute Morgen noch einmal etwas Flügel weggenommen und sind dann für das Rennen umso stärker."
Rennvorschau: Was ist für Sebastian Vettel möglich?
Für das Rennen hofft Vettel auf heiße Bedingungen, da der Aston Martin gut mit den Reifen umgehe: "Wir sind hier auch ziemlich gut, was das Reifenmanagement angeht. Daher hoffe ich, dass es morgen richtig heiß wird. Ich hoffe, dass wir alle damit kämpfen werden, wir aber weniger Probleme als die anderen haben werden", sagt der Deutsche.
In den Longruns im zweiten Freien Training konnte Vettel mit seinem Aston Martin glänzen, was ein gutes Vorzeichen für das Rennen sein sollte. Im Durchschnitt waren nur Ferrari, Red Bull und Lewis Hamilton schneller als der Heppenheimer.
"Hier ist alles drin, also lassen wir uns überraschen. Morgen wird es sehr viel um die Reifen gehen, wie immer hier. Wir haben uns einen zweiten Satz harte Reifen aufgehoben, hatten dafür einen Satz weniger weiche im Qualifying."
"Und morgen fahren wir auch 15 Uhr [13 Uhr deutscher Zeit], dann scheint die Sonne und der Asphalt hat dann knapp 60 Grad. Also die Bedingungen sind dann doch sehr anders als heute im Qualifying", analysiert Vettel, der sich strategisch noch nicht in die Karten schauen lassen will: "Es werden ein oder zwei Stopps. Ich glaube, wenn man nicht rein muss, wird man nicht reinfahren, aber das wird sich morgen zeigen, wie die Reifen halten."