F1 Monaco 2022: Perez gewinnt chaotisches Regenrennen!
Ferrari hat's verzockt: Sergio Perez gewinnt den Grand Prix in Monte Carlo dank der smartesten Strategie vor Carlos Sainz - Horrorcrash von Mick Schumacher
(Motorsport-Total.com) - Sergio Perez hat in einem chaotischen Grand Prix von Monaco 2022 den dritten Sieg seiner Formel-1-Karriere gefeiert. Der Red-Bull-Pilot nutzte mit einem frühen Wechsel von Regenreifen auf Intermediates die Gunst der Stunde und gewann das Rennen in Monte Carlo vor Carlos Sainz (Ferrari), Max Verstappen (Red Bull) und Polesetter Charles Leclerc (Ferrari).
Fünfter wurde George Russell (Mercedes) vor Lando Norris (McLaren), der mit einem Boxenfunk für den Spruch des Tages sorgte ("Ich brauche eine neue Unterhose!"). Fernando Alonso (Alpine) kam als Siebter ins Ziel, gefolgt von Lewis Hamilton (Mercedes), Esteban Ocon (Alpine) und Valtteri Bottas (Alfa Romeo).
Sebastian Vettel (Aston Martin) wurde Elfter. Mick Schumacher (Haas) schied nach einem schweren Unfall aus, blieb dabei aber unverletzt.
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Wie legte Perez den Grundstein für den Sieg?
Der Mexikaner kam bei immer trockener werdender Strecke als Erster aus der Spitzengruppe zum Boxenstopp. Er wechselte auf Intermediates - und war in der zweiten Runde auf den neuen Reifen um sieben Sekunden schneller als seine direkten Gegner. So ging er vom dritten Platz aus erstmal an Leclerc und Verstappen vorbei, die erst etwas später auf den Intermediate wechselten.
Sainz hätte eigentlich als erster Ferrari-Fahrer reinkommen sollen, um auf Intermediates zu wechseln. Der Spanier verweigerte aber den Befehl: "Lasst uns lieber gleich auf Slicks gehen!" Nach einigen Diskussionen erfüllte ihm das Team den Wunsch - und Sainz ging so ebenfalls an Leclerc und Verstappen vorbei.
Leclerc war der große Verlierer der Boxenstopps. Er lag schon mit mehr als fünf Sekunden Vorsprung auf Sainz in Führung, wechselte aber dann auf Intermediates und kurz danach auf Trockenreifen, in der gleichen Runde wie Sainz, weswegen es auch noch Verwirrung an der Ferrari-Box gab. Das kostete zwar keine Zeit, aber die Nerven lagen in jener Phase blank.
Leclerc verlor durch seine beiden Boxenstopps innerhalb kurzer Zeit die Führung und reihte sich als Vierter wieder ein. Nach 25 von 77 Runden hatte er vier Sekunden Rückstand auf Spitzenreiter Perez. Die Top 4 fuhren zu dem Zeitpunkt alle auf den gleichen Slicks und lagen direkt hintereinander.
Wie geht's Mick Schumacher nach seinem Horrorcrash?
Der Haas-Pilot lag an 17. Position, als ihm in Runde 26 bei der Anfahrt zum Schwimmbad plötzlich das Heck wegging, er sich drehte und relativ heftig in die Barrieren einschlug, die Ricciardo bereits im Freien Training getestet hatte. Das Heck des Haas riss dabei vom Rest des Chassis ab, was zunächst schlimmste Befürchtungen triggerte.
Doch die TV-Regie konnte rasch Entwarnung geben, als noch aus dem Cockpit ein Funkspruch von Schumacher übermittelt wurde: "Ich bin okay. Ich versteh's nur nicht." Der 23-Jährige konnte selbst aus dem völlig zerstörten Auto aussteigen. Später sagte er: "Ich war in Kurve 14 etwas zu weit draußen und habe mich dann einfach verschätzt."
Das Rennen wurde daraufhin mittels Safety-Car zunächst neutralisiert und dann per roter Flagge ganz unterbrochen. Die Unterbrechung dauerte von 16:55 bis 17:15 Uhr.
Gestartet wurde fliegend nach einer Runde hinter dem Safety-Car. Zu dem Zeitpunkt lag Perez in Führung, vor Sainz, Verstappen, Leclerc, Russell, Norris, Alonso, Hamilton, Ocon und Bottas in den Top 10. Vettel lag an elfter Stelle.
Wie ging's nach dem Neustart weiter?
Perez verbremste sich gleich in der ersten Runde unter Grün vor Mirabeau und tat damit seinem Reifensatz nichts Gutes. Das bereitete den Strategen insofern Kopfzerbrechen, als er und Verstappen auf Medium in den letzten Rennabschnitt gingen, die beiden Ferraris hingegen auf den harten Reifen.
Ungefähr 35 Minuten vor Ende der im Reglement festgeschriebenen maximalen Rennzeit von drei Stunden (inklusive Unterbrechungen) wurde die Anzeige der Restdistanz von der Rundenanzahl auf die herunterzählende Zeit umgestellt. Damit war klar: Damit es volle Punkte gibt, müssen 75 Prozent der Renndistanz absolviert werden.
Perez behielt die Nerven und leistete sich in der heiklen Schlussphase keine Fehler mehr. Sainz erkundigte sich eine halbe Stunde vor Schluss, ob seine Crew schon Graining auf den Reifen des Red Bull erkennen könne. Das war zunächst nicht der Fall. Etwa zehn Minuten vor Schluss geriet Perez dann aber doch noch erheblich unter Druck von hinten.
Dem konnte er aber standhalten, und so sicherte sich Perez den dritten Sieg seiner Formel-1-Karriere nach Bahrain 2020 und Aserbaidschan 2021.
Was waren die wichtigsten Reaktionen nach dem Rennen?
"Wir hätten gestern nicht damit gerechnet, dass ich heute die WM-Führung ausbauen kann", zeigt sich Verstappen zufrieden. "Als Team haben wir mit der Strategie einen guten Job gemacht, um vor die Ferraris zu kommen. Und als Team können wir mit diesem Rennsonntag auch sehr zufrieden sein."
Perez war während der Siegerehrung sichtlich gerührt. Er sagt: "Ich habe immer davon geträumt, eines Tages hier zu gewinnen. Nach dem Heimrennen gibt es kein außergewöhnlicheres Wochenende als dieses. Am Ende haben wir uns das Leben selbst ein bisschen schwer gemacht. Aber ich habe trotz des Grainings keinen Fehler gemacht und es nach Hause gebracht. War nicht einfach, Carlos hinter mir zu halten."
Sainz ärgert sich indes: "Wir sind auf den Regenreifen geduldig geblieben und haben die richtige Entscheidung getroffen, direkt auf den Slick zu wechseln. Aber eine schreckliche Outlap, in der ich hinter einem überrundeten Auto feststeckte, kostete uns heute den Sieg. Der Frust ist groß, denn eine saubere Outlap, und ich hätte heute gewonnen. Aber so ist der Sport manchmal."
Auch Leclerc ist mit seinem Abschneiden (P4) nicht zufrieden: "Im Stich gelassen ist nicht die richtige Formulierung. Fehler können passieren. Aber heute haben wir zu viele Fehler gemacht", kritisiert er sein Team. "Nach dem ersten Fehler haben wir gleich noch einen gemacht. Ich liebe mein Team, und ich bin mir sicher, wir werden noch stärker zurückschlagen. Aber das heute tut weh."
Warum hat Ferrari gegen das Rennergebnis Protest eingelegt?
Red-Bull-Teamchef Christian Horner hat verraten, dass Ferrari gegen Verstappens dritten Platz Protest eingelegt hat. Verstappen wechselte in Runde 22 auf den harten Soft. Beim Rausfahren aus der Box hatte es den Anschein, als würde sein linkes Vorderrad die Linie an der Boxenausfahrt zumindest berühren. Das ist nicht erlaubt.
Ferrari protestierte aus dem gleichen Grund gegen beide Red-Bull-Fahrer. Der Protest wurde jedoch abgewiesen und das Ergebnis blieb bestehen.
Warum wurde der ursprüngliche Start verschoben?
Kurz vor dem planmäßigen Beginn der Aufwärmrunde um 15:00 Uhr begann es zunächst leicht zu nieseln und dann etwas stärker zu regnen. Rennleiter Eduardo Freitas entschied dann, den Start zunächst auf 15:09 und dann nochmal auf 15:16 Uhr zu verschieben. Außerdem wurde den Fahrern vorgeschrieben, auf den sogenannten "Extreme-Wet-Tyres" zu starten.
Die Fahrer konnten diesen Schritt zunächst nur bedingt nachvollziehen. Sicherheitsrisiko bestand mutmaßlich keins, denn in Monaco wurde in der Vergangenheit schon bei viel intensiverem Regen gefahren. Verstappen murrte daher am Boxenfunk: "Worauf warten wir denn? Dass es trocken wird?"
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'ORF'-Experte Alexander Wurz, Direktor der Fahrergewerkschaft GPDA, fand: "Ich wäre pünktlich zum Start losgefahren." Die FIA begründete die Startverschiebung aber mit dem Sicherheitsargument. Man habe einen potenziell heftigen Regenschauer abwarten wollen, zumal es bisher an diesem Rennwochenende noch keine einzige Session auf nasser Fahrbahn gegeben habe.
Um 15:16 Uhr begann die Aufwärmrunde hinter dem Safety-Car. Bernd Mayländer drehte zunächst zwei Runden mit den 20 Formel-1-Autos im Schlepptau, bog dann aber bei immer stärker werdendem Regen mit dem Feld hinter sich an die Box ab. "Es regnet wie verrückt", hatte Leclerc kurz zuvor gefunkt. Und Schumacher grinste: "Ich glaube, ich bin in einem Formelauto noch nie so nass geworden. Noch nie!"
Während es regnete, wurde unter Rot auf bessere Bedingungen zugewartet. Um 15:55 Uhr wurde dann bekanntgegeben, dass das Rennen um 16:05 Uhr hinter dem Safety-Car fortgesetzt wird. Zu dem Zeitpunkt hatte man die offizielle Renndistanz wegen der zwei vorherigen Runden hinter dem Safety-Car bereits von 78 auf 77 Runden verkürzt.
Die ersten Opfer gab's dann hinter dem Safety-Car, in der formell gesehen ersten Rennrunde. In der Loews-Haarnadel rutschte Nicholas Latifi (Williams) außen in die Bande. "Das Auto lenkt einfach nicht ein", schimpfte er. Und beim Casino erwischte es seinen Landsmann Lance Stroll (Aston Martin), der sich dabei einen Reifenschaden zuzog. Beide konnten aber weiterfahren.
Im Nachhinein gab's Kritik für die Startverzögerung: "Wir sind professionelle Rennfahrer", wundert sich etwa Kevin Magnussen (Haas). "Sie hätten starten können. Stimmt schon, danach wurde der Regen stärker, und dann hätte es eine rote Flagge gegeben. Aber das gehört zum Rennfahren dazu. Solange die Bedingungen okay sind, sollten sie uns starten lassen."
Nach zwei Runden hinter dem Safety-Car wurde die Gelbphase mit einem fliegenden Start beendet.
Wie geht's in der Formel-1-WM 2022 weiter?
Monaco war das siebte von 22 geplanten Rennwochenenden. Das Pfingstwochenende ist rennfrei. Weiter geht's mit dem nächsten Stadtkurs, und zwar beim Grand Prix von Aserbaidschan in Baku am 12. Juni. (Hier geht's zum Formel-1-Kalender 2022!)