Nach 51g-Crash: Esteban Ocon übt scharfe Kritik an Rennleiter Niels Wittich
Beim Thema Schmuck steht Sicherheit für die FIA an oberster Stelle, aber in Miami dürfen zwei Fahrer an der gleichen Stelle in Betonmauern krachen, schimpft Ocon
(Motorsport-Total.com) - FIA-Rennleiter Niels Wittich gerät in Miami immer weiter in die Kritik. Nachdem es an diesem Wochenende erneut zu großen Diskussionen um das Schmuckverbot und die richtige Unterwäsche - inklusive kreativen Protestzeichen von Lewis Hamilton und Sebastian Vettel - kam, steht der Nachfolger von Michael Masi am Samstag wegen eines anderen Themas am Pranger.
Es geht (wieder einmal) um das Thema Sicherheit. Diesmal drängen aber die Fahrer auf Verbesserungen, und zwar konkret in Kurve 14. Dort war am Freitag Ferrari-Pilot Carlos Sainz abgeflogen und recht unsanft in die Betonmauer eingeschlagen. Es folgten Beschwerden in Richtung Rennleitung, weil an dieser Stelle keine TecPro-Barriere stand.
"Carlos hat gesagt, dass der Einschlag viel größer war, als er eigentlich sein sollte", sagt Esteban Ocon. Passiert ist über Nacht aber nichts. Dafür ist dem Franzosen am Samstag etwas passiert: Er flog nämlich an genau der gleichen Stelle ab - und ebenfalls in die blanke Betonmauer.
Ocon: Härtester Unfall meiner Karriere
Für Ocon war der Arbeitstag trotz eines vermeintlich kleinen Drehers beendet. Denn beim Aufprall mit 51g wurde das Chassis so stark beschädigt, dass der Alpine-Pilot damit nicht im Qualifying starten konnte. Zudem verletzte sich der Franzose leicht am Knie.
"Wären dort TecPro-Barrieren gewesen, wäre das Chassis vermutlich in Ordnung gewesen", ärgert er sich und hält den Einschlag mit 51g für "nicht akzeptabel", wie er sagt. "Es hätte kein so harter Einschlag sein dürfen."
Ocon spricht sogar vom "härtesten Unfall meiner Karriere" und kritisiert: "Gestern hat sich Carlos weh getan, heute habe ich mir weh getan. Die FIA sollte sich mehr um unsere Sicherheit kümmern."
Was ihn dabei ärgert: Dass ein Auto an einer unerwarteten Stelle einschlägt, kann passieren, aber dass nach Sainz' Kommentaren nichts gemacht wurde, ist für ihn unverständlich. "Das Minimum wäre, wenn man das mit in die Betrachtung zieht und dann sein Bestes tut, um etwas zu verändern."
Beim Schmuck ist Sicherheit wichtig ...
Für viele Fahrer passt die Passivität nach den aktuellen Aktionen der FIA nicht zusammen. "Als sie mich wegen des Schmucks ermahnt haben, haben sie gesagt, dass Sicherheit alles ist", wundert sich Lewis Hamilton, zeigt aber zumindest Verständnis für die Sicherheit an der Strecke: "Man kann nicht in jeder einzelnen Kurve vorausahnen, wo man TecPro braucht", sagt er.
"Aber nach diesem Wochenende wissen wir, dass das ein Bereich ist, den wir verbessern können. Aber das ist alles Teil des Lernprozesses", so der Mercedes-Pilot.
Die Frage ist, ob die FIA kurzfristig hätte reagieren und eine TecPro-Barriere an der Stelle installieren können. "Ich sehe keinen Grund, warum da keine sein sollte", sagt Bottas, und auch Lance Stroll meint: "Niemand möchte gegen eine Betonmauer fahren, egal bei welchen Geschwindigkeiten. Das ist lächerlich."
"Bei aller Fairness für die FIA glaube ich nicht, dass sie irgendetwas hätten machen können", sagt Sergio Perez. "Aber wir haben darüber gesprochen und waren von den g-Kräften bei Carlos überrascht. Es war ein echter Unfall, und so etwas wollen wir nicht wieder sehen. Wir wollen in Zukunft extra vorsichtig sein, um solche heftigen Unfälle zu vermeiden."
Vettel: Sollten überall Safer-Walls haben
In die Kerbe schlägt auch Sebastian Vettel, der ebenfalls kurzfristig keine Lösung sieht, aber für das kommende Jahr Verbesserungen fordert: "Auch entlang der Geraden sollten wir Safer-Walls haben statt der Betonblöcke. Vor allem, wenn wir weiterhin Streckendesigns haben, die um Geraden aufgebaut sind, auf denen man nichts sieht", sagt der Aston-Martin-Pilot.
"Du musst ja nicht mal abfliegen. Es kann auch ein Reifenschaden auftreten, der nicht deine Schuld ist. Es ist jedenfalls immer schöner, weicher aufzuschlagen als härter."
Esteban Ocon nützt die ganze Diskussion im Nachhinein nichts mehr. Er wird das Rennen am Sonntag mit Erlaubnis der Kommissare von ganz hinten aus angehen und steht vor einem schwierigen Grand Prix. "Es ist frustrierend, nicht am Qualifying teilnehmen zu können. Ich muss mich beim Team entschuldigen, denn es war eine Menge möglich", sagt er.
Den Fehler nimmt er auf seine Kappe. Der Ausgang aber hätte seiner Meinung nach von der FIA abgemildert werden können - und müssen.