Mercedes auf P1 in Miami: "Nicht überraschend" für Norris
Wie Mercedes die Positionen eins und vier im Formel-1-Freitagstraining in Miami bewertet und warum McLaren-Fahrer Lando Norris damit gerechnet hat
(Motorsport-Total.com) - Mercedes steht nach dem Formel-1-Freitagstraining in Miami auf den Positionen eins und vier. Für 'Sky'-Experte Ralf Schumacher ist das "auf jeden Fall eine Überraschung". Denn Mercedes habe sichtlich Fortschritte gemacht, und das nicht zu knapp.
Und wieder einmal war George Russell der bessere der beiden Mercedes-Fahrer. Mit 1:29.938 Minuten auf Soft blieb der Brite als einziger Mann unter 90 Sekunden auf dem Miami International Autodrome und sicherte sich um 0,106 Sekunden vor Ferrari-Vertreter Charles Leclerc die erste Tagesbestzeit auf der neuen Formel-1-Strecke. Mit 0,241 Sekunden Rückstand folgte Lewis Hamilton im zweiten Mercedes W13 auf P4.
Dazu meint Ralf Schumacher schlicht: "George macht es auch hier wieder besser im Schnitt. Wer weiß, ob die Autos unterschiedlich waren? [Das] bleibt noch abzuwarten."
Hamilton selbst scheint das anzudeuten. Der siebenmalige Weltmeister attestiert seinem Mercedes-Kollegen Russell, "eine gute Figur abgegeben" zu haben, sagt aber auch: "Wir probieren halt eine Menge aus. Am Ende tragen wir alles zusammen und steigern uns dann hoffentlich." Was den Schluss zulässt, dass die W13-Silberpfeile tatsächlich unterschiedlich abgestimmt gewesen sein könnten.
Ralf Schumacher erkennt Aufwärtstrend bei Mercedes
So oder so: Laut Ralf Schumacher lässt sich beim Silberpfeil-Team ein Trend zum Besseren erkennen. "Egal, ob man jetzt weniger Sprit hatte als die anderen, man ist doch einen deutlichen Schritt nach vorne gekommen, [einen] Schritt in die richtige Richtung", so erklärt der frühere Grand-Prix-Sieger bei 'Sky'.
Hamilton aber will nicht euphorisch sein: "Es ist nur Training, da macht jeder was anderes. Ich glaube nicht, dass hier jemand schon seine wahre Leistung gezeigt hat."
Es sei für Mercedes zwar wirklich ein guter Tag gewesen mit "definitiv Positivem, was man daraus mitnehmen kann", so Hamilton, "aber ich habe noch immer Probleme mit dem Auto."
Bouncing abgemildert, aber "nicht kuriert"
Ins Detail geht Hamilton an dieser Stelle nicht, sondern verweist lediglich auf das anhaltende Bouncing, das durch die Mercedes-Updates für Miami - man hat unter anderem einen neuen Frontflügel mit modifizierten Endplatten dabei - "nicht kuriert" worden sei. "Das Auto fühlt sich ähnlich an [wie ohne die Updates]. Aber: Stück für Stück gelingt es uns, es zu verbessern", meint Hamilton.
Russell wiederum versteht laut eigener Aussage nicht, "warum wir hier auf Anhieb so gut zurechtgekommen sind". Sein Team habe aber "schon vor dem Wochenende geahnt, dass uns die Bedingungen hier besser liegen würden", so erklärt er.
Der Grund: Bei über 30 Grad Celsius in der Luft und über 40 Grad Celsius auf dem Asphalt in Miami fühle sich der Mercedes W13 deutlich wohler als auf den anderen Rennstrecken bisher.
"Wir hatten große Probleme beim Aufwärmen der Reifen, selbst in Bahrain, auf einer rauen Strecke. Miami aber ist das erste heiße Rennen des Jahres. Das spielt also sicher eine Rolle", sagt Russell. "Und das Auto funktioniert gut. Es ist aber erst Freitag, also dürfen wir uns nicht blenden lassen."
"Produktivster Freitag" in diesem Jahr für Mercedes
Gleichwohl spricht Russell von einem "definitiv produktiven Tag" für Mercedes und vom "wahrscheinlich bisher produktivsten Freitag" in der Formel-1-Saison 2022.
Wie viel die Updates dazu beigetragen haben könnten, da sei er sich jedoch "nicht sicher", so Russell: "Denn nach dem ersten Training musste ich direkt bei den Sportkommissaren vorsprechen, aufgrund des Boxengassen-Zwischenfalls mit Ocon. Danach ging es für mich direkt hinein ins zweite Training."
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"Ich habe gemeinsam mit meinen Ingenieuren daran gearbeitet, das Set-up zu optimieren. Ob die Richtung stimmt, das müssen dann die Wissenschaftler sagen. Bisher scheint unser Auto in Miami aber gut zu funktionieren."
Mit viel Sprit im Tank hüpft der Silberpfeil noch immer
Über die Distanz habe Mercedes aber weiterhin mit dem sogenannten Porpoising zu kämpfen, dem Hüpfen des Fahrzeugs auf den Geraden. "Wir wissen, es wird immer auftreten, aber hier vielleicht etwas weniger intensiv als vorher", sagt Russell.
"Aber mit viel Sprit im Tank habe ich es klar gespürt. Da schien es nicht viel besser zu sein. Wenn es uns gelingt, das Auto tiefer abzustimmen, dann sehen wir Vorteile."
Im Nachteil ist in Miami indes vor allem die Konkurrenz: Bei Ferrari hat Carlos Sainz im zweiten Training einen Unfall gebaut, bei Red Bull verpasste Max Verstappen praktisch die komplette zweite Einheit durch Technikdefekte. "Läuft im Moment alles richtig für Mercedes", kommentiert Ralf Schumacher bei 'Sky'. Die Fehler der Gegner "[helfen] natürlich", so meint er.
McLaren-Fahrer Norris hat es kommen sehen
Doch für McLaren-Fahrer Lando Norris kommt all das "gar nicht überraschend", wie er nach dem Freitagstraining bei 'Sky' festhält: "Mercedes war in Bahrain auf P4 und P5 und ist schon das ganze Jahr über stark."
"Nur, weil das Auto ein bisschen Bouncing hat, denkt jeder, Mercedes ist schlecht. Aber: Mercedes ist extrem stark in langsamen Kurven. Da ist dieses Auto wahrscheinlich unter den Besten in diesem Jahr. Es schaut sich nur niemand die GPS-Daten gut genug an, sodass das auffällt."
Für sein Team McLaren bedeute das vor allem, "wir müssen noch härter arbeiten, um wieder an Mercedes vorbeizugehen", so Norris. "Mercedes liegt [in Miami bisher] ziemlich deutlich vor uns. Und das ist das Team, mit dem wir uns am ehesten vergleichen können, mit einem ähnlichen Antriebsstrang." In Zahlen ausgedrückt: Auf Hamilton fehlten Norris dreieinhalb Zehntel, auf Russell über 0,6 Sekunden.