"Wie eine Abwärtsspirale": Hülkenbergs Fazit zum Saisonauftakt
Wie Vettel-Ersatzmann Nico Hülkenberg sein Formel-1-Comeback für Aston Martin beim Saisonauftakt 2022 in Bahrain erlebt hat und warum es nur P17 wurde
(Motorsport-Total.com) - "Am Ende bin ich ein bisschen auf der Felge gegangen", räumt Nico Hülkenberg ein. Kein Wunder: Der Deutsche hatte erst am Donnerstag erfahren, dass er am Wochenende in Vertretung des Corona-positiven Sebastian Vettel für Aston Martin den Grand Prix von Bahrain bestreiten würde, und das ohne nennenswerte Vorbereitung. Er habe daher "gemacht, was ich konnte", sagt Hülkenberg. Doch mit dem AMR22 waren ihm Grenzen gesetzt.
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Nico Hülkenberg verbremst sich im Aston Martin AMR22 beim Formel-1-Auftakt 2022 in Bahrain Zoom Download
Schon im Qualifying waren Hülkenberg und Lance Stroll nicht über Q1 hinausgekommen, wobei Hülkenberg Stroll trotz dessen Erfahrungsvorsprungs über zwei Zehntel angenommen hatte. Im Rennen aber drehte Stroll den Spieß um und erzielte mit P12 die bessere Platzierung. Hülkenberg steuerte sein Fahrzeug schließlich auf P17 ins Ziel, als letztes noch fahrendes Auto nach 57 Rennrunden.
'Sky'-Experte Ralf Schumacher spricht seinem deutschen Landsmann trotzdem ein Kompliment aus: "Nico hatte [vorab] ja keinen einzigen richtigen Longrun gemacht, er wusste gar nicht, wie die Reifen funktionieren. Von dem her: wirklich super gemacht!"
Lob vom Aston-Martin-Teamchef für Hülkenberg
Auch Aston-Martin-Teamchef Mike Krack äußert sich positiv über die Fahrer. Beide hätten im Rennen "lift and coast" betreiben müssen, also Sprit sparen, um überhaupt ins Ziel zu kommen. "Das haben sie aber gut gemacht", meint Krack.
"P12 und P17 sind natürlich nicht, was wir uns vorgestellt hatten, aber ausgehend von unseren Startpositionen war ein gutes Ergebnis eh schwierig. Lance ist gut gefahren, auch Nico hat gute Arbeit geleistet. Und unser Auto ist ganz klar nicht schnell genug."
Letzteres kann Hülkenberg nach seinem Renneinsatz bestätigen: "Es fehlt uns ein bisschen auf den Geraden. Und da, wo es auf Grip ankommt, haben wir auch ein paar Probleme mit der Balance."
Hülkenberg: Andere Sorgen als der Speed des Autos ...
Er habe im Grand Prix aber eigentlich andere Sorgen gehabt als den Speed des AMR22, so der Aston-Martin-Fahrer weiter: "Ich war vollauf damit beschäftigt, das Ding zu fahren, zu lernen und die Grundlagen für mich selbst richtig hinzukriegen. Ich habe daher nicht groß auf alles andere aufgepasst."
Und anfangs lief es auch gut für Hülkenberg, der von P17 kommend schon in Runde zwei auf P15 notiert wurde und wenig später als Zwölfter gut im Rennen lag, phasenweise sogar vor Mick Schumacher, der weit vor ihm losgefahren war.
Es sei "ganz gut" gegangen zu Beginn, meint Hülkenberg. "Irgendwann habe ich mich aber selber verbremst (Schumacher: "Passt schon, er war nicht der einzige.") und ab dann ging es irgendwie bergab. Dann kamen die Überrundungen ziemlich schnell dazu und dann war das Rennen schon irgendwie gelaufen." Es sei wie in einer "Abwärtsspirale" gewesen, so sagt er. "Und dann fällst du einfach immer weiter zurück."
Gemischtes Fazit bei Hülkenberg
Der Spaßfaktor habe sich daher in manchen Phasen in Grenzen gehalten. Hülkenberg flüchtet sich in Ironie: "Letzter werden macht natürlich richtig Spaß. Aber das war natürlich zu erwarten. Gestern Quali und eine Runde fahren, das ist nicht einfach, aber es ist einfacher als eine Renndistanz zu managen. Das sind ganz andere Gesetze, die da herrschen. Von daher, ja, es ist wie es ist."
Er habe sich "keinen groben Fehler" geleistet, sei aber weder zufrieden noch unzufrieden mit dem Einsatz als Stellvertreter von Vettel, sagt Hülkenberg.
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Als positiv verbucht der Deutsche die Erfahrung mit einem aktuellen Formel-1-Auto: "Jetzt verfüge ich über Informationen aus erster Hand. Das ist wertvoll für mich und das Team, für die Arbeit im Simulator. Ich habe jetzt eine gute Referenz, zumal man ja immer an der Korrelation arbeitet. Das ist definitiv ein Bonus."
Und Aston Martin habe viel Arbeit vor sich, um den AMR22 konkurrenzfähig zu machen. "Da müssen wir natürlich ein bisschen analysieren und verstehen", meint Hülkenberg. "Da gibt es einige Bereiche, in denen wir arbeiten müssen, weil wenn man hinten ist, gibt es überall Verbesserungspotenzial. Wo das jetzt am meisten ist, das müssen wir jetzt erstmal finden."
Noch ist unklar, ob Vettel auch in Dschidda fehlt
Und Hülkenberg muss erst einmal entspannen. Denn Ralf Schumacher hatte bei 'Sky' den richtigen Riecher, als er sagte, "wir müssen [Nico] mal fragen, was sein Nacken so macht". Hülkenberg: "Klar, körperlich ist so eine Renndistanz immer noch was anderes als eine Quali-Runde, die nur 60 bis 80 Sekunden dauert." Es sei ein schwieriges Rennen gewesen für ihn, und "hart".
Aber ob Hülkenberg in einer Woche in Saudi-Arabien schon wieder im Einsatz ist, das sei "bisher nicht" klar, betont er. Wenn Vettel bis dahin fit ist und anreisen kann, rückt Hülkenberg wieder zurück ins zweite Glied. "Ich bin aber weiter hier, auf Standby, als Ersatzmann", erklärt er. "Ich schätze, wir erfahren es am Donnerstag oder am Freitag."
Sollte Hülkenberg in Dschidda erneut für Vettel einspringen, erwartet Ralf Schumacher "einen anderen Nico im Renntrimm". Schließlich habe die geringe Vorbereitung mit nur drei Stunden Training im Vergleich zu sechs Testtagen bei der Konkurrenz ihren Tribut gefordert, "aber ansonsten super Job", so Schumacher. "Alles perfekt gelaufen."