• 20. März 2022 · 10:38 Uhr

Aston Martin in der Krise: Droht Vettel der Rückfall ans Ende der Formel 1?

Seit Auffliegen der "Copygate"-Affäre im Jahr 2020 geht's für Aston Martin rückwärts, wie das Qualifying beim Saisonauftakt in Bahrain zu bestätigen scheint

(Motorsport-Total.com) - Die Hoffnungen der Fans von Sebastian Vettel, dass Aston Martin in der Formel-1-Saison 2022 substanziell besser aufgestellt sein könnte als 2021, sind nach dem ersten Kräftemessen beim Qualifying zum Grand Prix von Bahrain auf ein Minimum reduziert. Das ist die traurige Erkenntnis, nachdem Nico Hülkenberg und Lance Stroll am Samstag in Sachir die Positionen 17 und 19 belegt haben.

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Für Aston Martin ist der Start in die Saison 2022 nicht nach Wunsch verlaufen Zoom Download

Wie mehrere andere Teams kämpft Aston Martin mit "Porpoising", einem aerodynamischen Phänomen, das die Autos bei hoher Geschwindigkeit "bouncen" lässt, weil beim "Ground-Effect" immer wieder ein Strömungsabriss eintritt. Laut CTO (Chief Technical Officer) Andrew Green kostet das "mehr als eine halbe Sekunde. Eher 0,75 Sekunden."

Und eine unmittelbare Besserung ist nicht in Sicht: "Wir sind noch ein Stück weit davon entfernt, es so zu lösen, wie wir es gern lösen würden. Wir mussten mit dem Auto und dem Set-up einige Kompromisse eingehen, um das 'Porpoising' wegzubekommen", räumt Green ein.

"Wir haben am Freitag und beim Testen einiges probiert, wir machen auch gute Fortschritte. Aber ich befürchte, es wird ein paar Rennen dauern, bis wir eine Lösung haben, die uns die Performance gibt, die wir brauchen, und gleichzeitig die aerodynamische Stabilität."

Problemlösung geht auf Kosten der Performance

"Es ist ein Balanceakt. Wir können das 'Porpoising' jederzeit loswerden, wenn wir Performance opfern, aber das ist ja nicht Sinn der Sache. Wir müssen beides unter einen Hut kriegen. Daran arbeiten wir. Wir werden beim nächsten Rennen erste Schritte machen. Aber bis wir das wirklich im Griff haben, wird es ein paar Rennen brauchen", sagt er.


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Das ist eine ernüchternde Perspektive für Vettel, der sich derzeit zu Hause in der Schweiz von seiner Coronavirusinfektion erholt. Selbst wenn man annimmt, dass Aston Martin eine halbe Sekunde rasch findet und Vettel um zwei Zehntelsekunden schneller gewesen wäre als Hülkenberg, der in Bahrain ohne Tests einsteigen musste, wäre man bestenfalls im hinteren Top-10-Bereich.

Und das ist eine Annahme, die davon ausgeht, dass die anderen Teams, die teilweise mit den gleichen Problemen kämpfen, stehenbleiben, während Aston Martin große Fortschritte macht - was nicht realistisch ist: "Wir können Pflaster draufkleben und damit ein paar Wunden stillen. Aber für eine Heilung müssen wir die ganze Aerodynamik umbauen", seufzt Green.

Immerhin: "Wir glauben, dass wir wissen, woher es kommt und was wir tun müssen." Aber: "Das erfordert ziemliche aerodynamische Änderungen. Darum dauert es ein bisschen. Es sind neue Regeln. Das Auto ist ziemlich roh, was den Entwicklungsgrad betrifft. Sowas war zu erwarten."

Problem erst beim zweiten Test identifiziert

Aston Martin habe das Problem "spät realisiert", räumt Green ein: "Es hat bis zum zweiten Test gedauert, bis wir verstanden haben, was es ist und wo es herkommt. Bis dieses Wissen dann in den Entwicklungszyklus fließt, das dauert halt. Das sind komplizierte Autos. Und einige dieser Teile sind ziemlich groß und es dauert ziemlich lang, bis man sie neu designt und produziert hat."

"Diese Autos sind die größten Prototypen, die je gebaut wurden. Es gibt keine Historie. Alles ist brandneu. Solange die Autos im Kindesalter stecken, ist zu erwarten, dass alles ein bisschen roh ist. Nicht alle haben alle Bereiche getroffen. Aber wenn die Zeit vergeht, wird alles einfacher und besser, wenn die Ingenieure mehr Zeit haben, ihre Lehren zu ziehen und ans Feintuning zu gehen."


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Zwischen dem Bahrain-Test und dem ersten Rennwochenende habe man aufgrund der Kürze der Zeit "nur Kleinigkeiten" umgebaut: "Die Lufteinlässe bei den Seitenkästen. Die vordere Strebe am Unterboden ist anders. Wegen der Aerodynamik, aber auch, um Gewicht einzusparen. Und die kleinen Streifen am Halo."

Aston Martin arbeitet an neuem Unterboden

Das ist angesichts des Zeitrückstands von mutmaßlich eineinhalb Sekunden (davon ausgehend, dass die Topteams in Q1 noch nicht ans Limit gehen mussten) bestenfalls Kosmetik. "Die großen Dinge, die wir gerade testen, kann man von außen gar nicht sehen. Da geht es um die Venturikanäle unter dem Auto", erklärt Green.

Was man sehen kann, sind Details. Etwa, dass die Stelle beim Lufteinlass der Seitenkästen noch nicht grün lackiert ist. Der kuriose Grund: "Gewicht", verrät Green, dass der AMR22 noch deutlich abspecken muss. "Es geht um jedes Gramm. Wir haben überall, wo es möglich war, Farbe weggenommen. Insgesamt haben wir so ungefähr 350 Gramm gespart."

Und so steckt Aston Martin, statt 2022 einen substanziellen Schritt nach vorn zu machen, in einer handfesten Krise. Geht man davon aus, dass McLaren unter Wert geschlagen wurde, Guanyu Zhou das Potenzial von Alfa Romeo nicht so gut ausfährt wie Valtteri Bottas und Yuki Tsunoda nicht seinen besten Tag erwischt hat, dann ist Williams in Bahrain der einzige Gegner.

Dabei hatte das Team gehofft, sich nach der schwierigen ersten Saison unter neuem Namen (davor: Racing Point) zumindest im vorderen Mittelfeld etablieren zu können. Derzeit sieht es aber eher so aus, als habe man seit Auffliegen der "Copygate"-Affäre im Sommer 2020 technisch nicht mehr in die Spur gefunden.

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