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DRS-Fehler: Lewis Hamilton im Brasilien-Qualifying disqualifiziert!
Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton ist nach einem technischen Fehler am DR-System seines Mercedes vom Qualifying in Brasilien ausgeschlossen worden
(Motorsport-Total.com) - Lewis Hamilton hat den ersten Platz im Formel-1-Qualifying zum Grand Prix in Brasilien verloren. Die Sportkommissare disqualfizierten den Mercedes-Fahrer aufgrund eines technischen Fehlers am Drag-Reduction-System (DRS) seines W12-Fahrzeugs. Mercedes verzichtet auf eine Berufung gegen das Urteil.
© Motorsport Images
Bei Mercedes stand der Heckflügel am Freitag unter besonderer Beobachtung Zoom Download
Aufgefallen war der Regelverstoß bei der Nachkontrolle des Hamilton-Autos durch den FIA-Technikchef Jo Bauer. Dabei hatte sich der Heckflügel bei aktiviertem DRS weiter geöffnet als vom Reglement erlaubt. Bauer hielt dazu in seinem Bericht fest: "Die Voraussetzungen für das Maximum [im aufgeklappten Zustand] von 85 Millimetern [...] wurden nicht erfüllt."
Wie die Sportkommissare ihr Urteil begründen
Bauer und sein Team testen die erforderlichen Abstände mit einer Scheibe, die zwischen die Heckflügel-Elemente eingeführt wird. In der Urteilsbegründung der Sportkommissare heißt es dazu: "Wenn die Scheibe durchpasst, hat [das Auto] den Test nicht bestanden. In diesem Fall ging die Scheibe im inneren Bereich des Flügels nicht durch, wohl aber im äußeren Bereich." Der Test sei vier Mal wiederholt worden, mit unterschiedlichen Scheiben, betonen die Sportkommissare.
Mercedes habe beteuert, das Heckflügel-Design sei entwickelt worden, um dem Reglement gerecht zu werden. Laut den Sportkommissaren "erfüllt das Design [des Heckflügels] die Intention der Regeln", aber es liegt am beanstandeten Heckflügel "zu viel Spiel beim DRS-Mechanismus [...] oder ein fehlerhafter Zusammenbau" vor.
Das passt zur Mercedes-Äußerung, das Heckflügel-Design habe zuvor in der Saison 2021 dem Geist des Reglements entsprochen und mehrere Tests erfolgreich bestanden.
Und weil der aktuelle Test durch Bauer teilweise erfolgreich verlaufen ist, hatte Mercedes auf mildernde Umstände gehofft, weil dies zeige, dass keine Absicht dahinterstecke. "Die Sportkommissare aber glauben, es ist nicht relevant für den nicht bestandenen Test, welche Bereiche [des Flügels] den Test nicht bestehen", so heißt es in der Urteilsbegründung weiter.
Sportkommissare: Da ist "etwas schiefgelaufen"
Dass der Flügel einem statischen Test standhalte und daher regelkonform sei, hatte Mercedes ebenfalls zu seiner Verteidigung angeführt. Die FIA-Sportkommissare verweisen an diesem Punkt jedoch auf die Technische Richtlinie TD/011-19, in der die Abläufe bei Tests festgehalten sind, "damit Teilnehmer die Autos so designen können, dass die Autos den Regeln entsprechen".
Eine Technische Richtlinie sei zwar an sich keine Regel, "aber Technische Richtlinien gelten als verlässliche Methode, auf die sich die Teams verlassen können", so die Sportkommissare. Sprich: Ist der Scheiben-Test nicht bestanden, gilt das Fahrzeug als nicht regelkonform.
Warum der Flügel nicht wieder herausgegeben wurde
Die FIA-Verantwortlichen hatten den Mercedes-Wunsch nach der Herausgabe des Heckflügels abgelehnt. Begründung: "Im Prinzip akzeptieren die Sportkommissare die Erklärung des Teilnehmers, dass in diesem Fall 'etwas schiefgelaufen' sei. Die Sportkommissare entschieden sich daher dafür, [den Heckflügel] versiegelt zu lassen und den Beweis für den Fehler zu bewahren."
Wäre Mercedes während des Qualifyings etwas aufgefallen und hätte das Team sich dann an die FIA-Vertreter gewendet, "dann hätte Mercedes die Erlaubnis erhalten, das Teil zu reparieren oder Schrauben anzuziehen, sofern notwendig".
Hamilton & Verstappen: Wir erklären die Strafen!
Das Sprintergebnis steht diesmal nicht im Mittelpunkt. Wir versuchen zu erklären, was es mit den Urteilen gegen Hamilton & Verstappen auf sich hat. Weitere Formel-1-Videos
Unterm Strich aber stehe fest, dass das Fahrzeug nicht den Regeln entsprochen habe. Und: "In Artikel 1.3.3 des Internationalen Sportkodex heißt es: Es ist keine Verteidigung, zu behaupten, es sei kein Leistungszugewinn erzielt worden."
Dass Red-Bull-Fahrer Max Verstappen den Hamilton-Heckflügel nach dem Qualifying berührt hatte, habe nichts mit dem nicht bestandenen Heckflügel-Test zu tun. Zu diesem Schluss kamen die Sportkommissare in einem separaten Urteil nach einer entsprechenden Untersuchung gegen Verstappen. Es gäbe "keine Auswirkung auf den Fall" Hamilton, so die Sportkommissare.
Verstappen profitiert von Hamilton-Disqualifikation
Durch die Hamilton-Disqualifikation erbt dessen WM-Rivale Verstappen den ersten Platz in der Startaufstellung zum Sprintqualifying am Samstag in Sao Paulo. Hamilton wiederum kann den Sprint vom letzten Startplatz aus beginnen.
Doch unabhängig davon, wie viele Positionen Hamilton im Sprintrennen gutmachen kann: Für den Grand Prix in Brasilien am Sonntag wird er um fünf Plätze nach hinten strafversetzt, weil er an diesem Wochenende einen zusätzlichen Verbrennungsmotor hat in seinen Mercedes einbauen lassen.
Und schon vor der Hamilton-Untersuchung hatte Mercedes-Teamchef Toto Wolff sich skeptisch geäußert, ob Hamilton mit der Motorenstrafe noch dazu in der Lage sein würde, den Grand Prix zu gewinnen. Mit dem Urteil der Sportkommissare sind die Erfolgsaussichten von Hamilton in Brasilien noch einmal drastisch gesunken.
Parallel dazu hat Verstappen nun freie Bahn und beste Chancen, seinen Vorsprung in der Formel-1-Fahrerwertung weiter ausbauen, indem er sowohl im Sprintqualifying als auch im Hauptrennen punktet. Vor dem viertletzten Grand Prix in Brasilien führt er mit 312,5:293,5 Punkten vor Hamilton.
Hätte Mercedes Berufung gegen das Urteil eingelegt, Hamilton hätte im Sprintrennen von P1 starten und unter Vorbehalt am weiteren Rennwochenende teilnehmen können. Dann aber mit dem Risiko, im Fall eines aus Mercedes-Sicht negativen Ausgangs der Berufungsverhandlung auch die Ergebnisse im Sprint und im Grand Prix zu verlieren. Indem Mercedes das Urteil hinnimmt, ist der Fall abgeschlossen und Hamiltons weitere Resultate in Brasilien zählen regulär.
Der komplette Hergang der Hamilton-Untersuchung
Hamilton war nach der Qualifikation in das Visier der Rennkommissare geraten, weil sein Heckflügel nicht den Vorgaben entsprochen haben soll. Um 18:34 Uhr Ortszeit am Freitag flatterte die Mitteilung von Bauer, dem Technischen Delegierten der FIA, herein, dass es Unregelmäßigkeiten mit dem Heckflügel an seinem Mercedes geben würde.
Der Abstand zwischen beiden Heckflügel-Platten soll bei geöffnetem DRS größer als erlaubt gewesen sein. Laut Artikel 3.6.3 des Technischen Reglements darf dieser Abstand nicht mehr als 85 Millimeter betragen - bei Hamilton soll es aber mehr gewesen sein.
Die FIA überprüft das normalerweise im Parc ferme mit einer 85 Millimeter großen Scheibe, die an einem Stab befestigt ist. Passt die Scheibe durch die Heckflügel-Öffnung, muss der Abstand größer und der Heckflügel damit illegal sein.
Beobachter am Kommandostand hatten am Freitagabend gesehen, wie Bauer nach längerer Untersuchung Aufnahmen mit seinem Handy machte, wie ein weiterer FIA-Mitarbeiter das Messelement zwischen dem Flügel durchsteckt.
Normalerweise resultiert ein Verstoß gegen das Technische Reglement direkt in einer Disqualifikation. Doch die Kommissare legten um 22 Uhr Ortszeit fest, die Anhörung erst am Samstag fortzusetzen. Bis dahin wurde der betreffende Heckflügel konfisziert und unter Versiegelung gesetzt.
Zweiter Termin bei den Sportkommissaren
Feuer hatten die Ereignisse noch erhalten, weil ein Video aufgetaucht war, in dem Max Verstappen zu sehen war, wie er den betroffenen Heckflügel im Parc ferme kurz mit den Fingern berührte - ebenfalls ein Regelverstoß.
Um 14:30 Uhr am Samstag (MEZ) musste Mercedes noch einmal bei den Kommissaren vorstellig werden. Die Teamverantwortlichen verbrachten rund 50 Minuten bei der erneuten Anhörung.
Weil auch bis zum zweiten Freien Training keine Entscheidung getroffen wurde, durfte Mercedes nach Erlaubnis der FIA mit einem anderen Heckflügel der gleichen Spezifikation fahren. Denn der Original-Flügel blieb weiterhin unter Verschluss des Verbandes.