Norris über "enorme" McLaren-Entwicklung: So wurde Monza möglich
Carlos Sainz analysiert die Situation seines ehemaligen Rennstalls McLaren, nachdem das Team mit Daniel Ricciardo und Lando Norris in Italien triumphieren konnte
(Motorsport-Total.com) - Nach neun Jahren Durststrecke wurde das McLaren-Team in Italien erlöst, Daniel Ricciardo siegte vor Lando Norris. Der Australier verwandelte sich in den Heilsbringer. Jene Rolle wäre allerdings ein Jahr zuvor fast schon seinem Vorgänger Carlos Sainz ebenso in Monza zugekommen. Der Spanier war daher nun nicht überrascht vom Erfolg seines ehemaligen Rennstalls, und traut dem Team von Andreas Seidl noch viel zu.
"Auf jeden Fall", betont Sainz auf die Frage, ob McLaren nach seinen beiden Jahren im Team bereits das Zeug dazu hatte, wieder Rennen zu gewinnen. "Ich glaube, ich habe es schon ein paar Mal gesagt, dass ich das Gefühl habe, dass McLaren als Rennteam bereit ist, Meisterschaften zu gewinnen."
Nachsatz: "Sie brauchen nur ein Auto, das dazu in der Lage ist." Der Ferrari-Pilot konnte die Entwicklung des Rennstalls ab 2019 hautnah miterleben und verhalf dem Traditionsteam aus Woking zu neuem Glanz. Nachdem sich die Mannschaft Ende 2017 von Honda getrennt hatte, begann der Aufstieg.
Sainz betont: "Ich weiß, wie stark dieses Team ist"
Sainz brachte McLaren in Brasilien 2019 mit seinem dritten Rang erstmals seit fünf Jahren wieder aufs Podium. Nun schaffte die Mannschaft mit Ricciardo und Norris den nächsten Schritt: den ersten Doppelsieg seit elf Jahren.
"Wie man in Monza gesehen hat, hatten sie ein Auto, das in der Lage war, einen Doppelsieg einzufahren, und anstatt nervös zu werden oder einzuknicken, ist das Rennteam so stark - sowohl die Ingenieure als auch die Strategie - dass sie bei der ersten Gelegenheit, die sich ihnen bot, zupackten."
Sainz traut dem Team von Andreas Seidl daher in Zukunft noch viel mehr zu. Denn trotz des Motorenwechsels im Winter konnte McLaren praktisch nahtlos an die Form des Vorjahres anknüpfen, und sich auch dank der stärkeren Mercedes-Power noch weiter steigern.
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"Ich weiß, wie stark dieses Team ist, und ich weiß auch, dass es für uns bei Ferrari eine großartige Referenz ist, gegen sie um den dritten Platz in der Meisterschaft zu kämpfen, denn ich habe das Gefühl, dass dieses Team bereit ist, Rennen zu gewinnen, wenn man den Fahrern ein gutes Auto gibt."
Aktuell konnten die Briten dank der satten Ausbeute in Italien (45 Punkte) wieder ein wenig davonziehen. McLaren liegt mit 215 WM-Zählern auf Platz drei vor Ferrari mit 201,5 WM-Zählern. Beeindruckend: McLaren konnte sich bislang im Vergleich zum Vorjahr (Stand nach 14 Rennen) bereits um starke 66 Punkte steigern.
"Ich denke, wir hatten ein großartiges Wochenende in Monza", weiß auch Norris. Zwar sei niemand wirklich "überrascht" gewesen ob des Ergebnisses, dennoch sei der Doppelsieg ein "kleiner Schock" gewesen, schmunzelt der 21-Jährige.
Norris schildert: So sehr hat sich McLaren seit 2017 entwickelt
Was ihn besonders stolz macht: "Wir haben es aufgrund unserer Leistung geschafft, wir waren einfach das ganze Wochenende sehr schnell." Im gleichen Atemzug betont der Brite allerdings auch, dass sich McLaren nun nicht plötzlich in den Zweikampf an der Spitze einmischen werde.
"Das heißt nicht, dass wir von nun an jedes Wochenende so [stark] sein werden. Wir haben nichts Magisches gefunden. Wir hatten einfach ein besseres Wochenende. Die Dinge liefen ein bisschen besser für uns, das Auto passte besser zur Strecke, und so wird es auch für den Rest der Saison sein."
Auf einigen Strecken werde der MCL35M besser liegen, auf anderen werde man "mehr zu kämpfen haben" - das war etwa auf der kurvenreichen, engen Strecke in Zandvoort der Fall. Daher flüchtet sich Norris auch nicht in Illusionen, McLaren könnte nun in jedem Rennen um den Sieg kämpfen: "Wahrscheinlich nicht."
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"Wie gut oder schlecht wir sein werden, weiß ich noch nicht genau." Aber sein Team sei immer schon gut darin gewesen, Gelegenheiten auszunutzen, "indem wir zur richtigen Zeit in der richtigen Position sind". Sollte sich also erneut so eine Chance wie in Monza bieten, werde man zupacken.
Mit seinen gerade einmal 21 Jahren gehört Norris bereits zum etablierten Personal bei McLaren, er wurde schon 2017 als Nachwuchspilot unter die Fittiche genommen und konnte die Entwicklung von den gebeutelten Honda-Jahren bis zum Wiederaufstieg miterleben und mitgestalten.
Wie sehr hat sich das Team in seinen Augen in den vergangenen Jahren weiterentwickelt? "Enorm", schildert er. Vor ein paar Jahren sei die Mannschaft an einem Punkt angekommen, an dem es so viele Baustellen gleichzeitig gab, merkt er an.
Norris weiß: "... dann summieren sich diese kleinen Dinge"
Es sei schwierig gewesen, sich auf einzelne Bereiche zu konzentrieren und zu entscheiden, "wo man anfangen sollte, Fortschritte zu machen, wo der Schwerpunkt lag". Nachdem Brown 2018 das Ruder als Geschäftsführer übernommen hatte, wurden 2019 mit Andreas Seidl als neuen Teamchef und James Key als neuen Technikchef zwei Schlüsselpositionen neu besetzt.
"Auf jeden Fall ist die gesamte Struktur, mit Zak und Andreas und vielen anderen, das ganze Team in einem viel, viel besseren Zustand", konstatiert Norris erfreut. "Wir haben auf jeden Fall Fortschritte gemacht." Etwa bei den Boxenstopps, gibt er ein Beispiel.
Das Team konnte in Monza erstmals seit langer Zeit den schnellsten Stopp für sich verbuchen (2,4 Sekunden). Außerdem holte sich Sieger Ricciardo im letzten Umlauf auch noch die schnellste Rennrunde. "Wenn man anfängt, das ganze Puzzle zusammenzusetzen, dann summieren sich diese kleinen Dinge."
McLaren habe nicht einfach plötzlich ein schnelles Auto oder einfach sehr viel Glück, betont Norris. "Vieles davon ist auf gute Boxenstopps und gute Strategien zurückzuführen, und alles zusammen hat uns hierher gebracht."
Sein Fazit: Es sei "ein großer Unterschied" zu jenem McLaren, dass er als Rookies 2017 kennengelernt hat, zu erkennen. "Wir freuen uns am meisten darauf, dass wir mit dieser Basis ins nächste Jahr mit den Regeländerungen gehen können."
Nachsatz: "Denn das ist definitiv eine der stärksten [Ausgangslagen], die wir seit vielen Jahren haben."