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Mercedes: Wenn nicht mal Horner & Marko Lewis die Schuld geben ...
FIA-Rennleiter Michael Masi erklärt, wie es zur Strafe für Max Verstappen kam, während Lewis Hamilton an die Vorgeschichte in dieser Saison erinnert
(Motorsport-Total.com) - Es war 18:41 Uhr, als die Entscheidung feststand: Drei Startplätze nach hinten in Sotschi und zwei Strafpunkte, so lautete am Sonntagabend das Urteil der FIA-Rennkommissare gegen Max Verstappen. "Car 33 - Causing a Collision" stand im Betreff der E-Mail, mit der die Beteiligten informiert wurden. Und das sorgt jetzt für Diskussionen.
Denn während Mercedes-Teamchef Toto Wolff Verstappen ein "taktisches Foul" unterstellt, war der Crash aus Red-Bull-Sicht eine klare 50:50-Situation. Für die Kommissare Connelly, Liuzzi, Longoni und Mayer hingegen ist der Fall klar: Verstappen war beim Einlenken in Kurve 1 nicht auf gleicher Höhe und hatte daher kein Anrecht auf den sogenannten "Racing-Room".
Lewis Hamilton, der bei dem Crash Riesenglück hatte, dass Halo seinen Kopf geschützt hat, ist "stolz auf die Kommissare", die seiner Meinung nach die richtige Entscheidung getroffen haben. Der Mercedes-Fahrer findet es richtig und wichtig, dass so ein "Präzedenzfall" geschaffen wird: "Für die Sicherheit von uns Fahrern brauchen wir strenge Regeln."
"Ich war in Kurve 1 vorn, habe aber außen eine Autobreite Platz gelassen", schildert er. "Wir waren da ungefähr gleich schnell. Vor Kurve 2 lag ich dann vorn. Er verlor auf dem Randstein die Kontrolle und fuhr in mich rein. Ich fühle mich da nicht schuldig, denn ich wurde von hinten getroffen. Es gibt halt einen Punkt, wo du nachgeben und innen abkürzen musst."
Hamilton findet: "Die Bilder sind eindeutig"
Die Regel sei bekannt, behauptet Hamilton: "Der Fahrer, der vorn ist, dem gehört die Kurve. Der andere muss nachgeben. Die Bilder sind eindeutig", sagt er. "Ich finde, wir müssen uns das anschauen und sicherstellen, dass die richtigen Entscheidungen getroffen werden. Mit besseren Protokollen können wir solche Unfälle in Zukunft vielleicht verhindern."
Hamilton wirkte am Sonntagabend hörbar gezeichnet, als er mit inaktiver Kamera in seiner Online-Medienrunde auftauchte. Da hatte er die Bilder vom auf ihn fliegenden Red Bull schon gesehen - und wahrscheinlich realisiert, dass ihm der Halo-Schutzbügel womöglich das Leben gerettet hat. Außerdem fingen erste Schmerzen an, als das Adrenalin aus dem Körper war.
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"Wenn wir uns die erste Runde anschauen, dann habe ich es auch außen versucht. Wir sind Topfahrer mit viel Erfahrung. Ich weiß, dass ich außen nicht an Max vorbeikomme", sagt Hamilton. "Haben wir auch in Imola gesehen. Da fährt er dich einfach von der Strecke. Jetzt in Kurve 4 wieder. Ich habe immer nachgegeben und bin über die Kerbs gefahren, um zu verhindern, dass es kracht."
Auch Mercedes' leitender Ingenieur an der Strecke, Andrew Shovlin, hatte sofort das Gefühl, "dass Lewis absolut nichts falsch gemacht hat. Dass Helmut (Marko) und Christian (Horner; Anm. d. Red.) nicht einmal versucht haben, Lewis die Schuld zu geben, ist ein Indiz, dass sie genau wussten, dass Max das verbockt hat. Sonst geben sie Lewis ja bei jeder Gelegenheit sofort die Schuld."
Die Strafe (drei Startplätze nach hinten in Sotschi) empfindet man bei Mercedes als nicht hart genug: "Unterm Strich hat Lewis einen möglichen Sieg verloren. Mindestens einen zweiten Platz. Da finde ich im Vergleich dazu drei Plätze eine ziemlich harmlose Strafe. Noch dazu auf einer Strecke, auf der du mit einem konkurrenzfähigen Auto leicht überholen kannst", kritisiert Shovlin.
Den Beweis dafür hat Verstappen selbst schon einmal erbracht, nämlich 2018, als er vom 19. Platz noch auf P5 gefahren ist. Doch man könnte auch von ausgleichender Gerechtigkeit sprechen: Red Bull war die Strafe für Hamilton nach der Kollision in Silverstone zu mild, jetzt empfindet es umgekehrt Mercedes bei der Strafe für Red Bull so.
Im Rennen wären es fünf oder zehn Sekunden gewesen
Die Kommissare hatten beim Strafmaß keinen großen Spielraum: "Wir haben uns mit den Teams darauf verständigt, dass es für so etwas fünf bis zehn Sekunden gibt. Das wäre, wären sie weitergefahren, die Zeitstrafe im Rennen gewesen. Wenn jemand nicht weiterfahren kann, dann gibt's eine entsprechende Gridstrafe", erklärt FIA-Rennleiter Michael Masi.
Er kann die Entscheidung der Kommissare nachvollziehen: "Ein Element war, dass Lewis vorn war und ihm die Kurve gehörte. Das zweite Element war, dass wir davor schon ein paar Mal gesehen hatten, dass Fahrer die Kurve abgeschnitten haben und danach auf die Strecke zurückgekehrt sind." Sprich: Verstappen hätte die von ihm selbst provozierte brenzlige Situation selbst entschärfen können.
Weil er das aber nicht tat, sei er "predominantly to blame" gewesen, also überwiegend schuldig am Crash. Wichtig: "Überwiegend" bedeutet nicht, dass Hamilton dabei gar keine Rolle gespielt hat. Aber aus Sicht der FIA war es keine 50:50-Situation, und wenn einer von beiden Fahrern "predominantly to blame" ist, dann muss es auch zwangsläufig eine Strafe geben.
Den von einigen strapazierten Vergleich mit Silverstone hält Masi für nicht zulässig: "In Monza wurden beide Autos in einem Zwischenfall eliminiert. In Silverstone war es nur eins." Und damit, dass Hamilton danach noch rückwärtsfahren wollte, hat er kein Problem: "Ich habe das nicht gestoppt. Die Teams würden so etwas bestimmt nur tun, wenn es sicher ist."
Masi hat durchaus Verständnis dafür, dass es zwischen Hamilton und Verstappen in dieser Saison vermehrt zu angespannten Situationen gekommen ist - nicht nur neben, sondern auch auf der Rennstrecke: "Uns muss klar sein, dass das zwei fantastische Fahrer sind, die sich mitten im WM-Kampf befinden, und in diesem WM-Kampf geht's halt ziemlich eng zu."
"In so einer Situation nimmt man früher oder später mal mehr Risiko, und das ist jetzt passiert. Aber die Kommissare bewerten solche Unfälle dann genau wie jeden anderen Unfall auch und lassen das nicht in ihre Bewertung einfließen. Für sie ist nur wichtig, ob ein Fahrer überwiegend schuldig ist oder nicht", erklärt der Rennleiter.