• 06. September 2021 · 08:52 Uhr

Valtteri Bottas und die schnellste Runde: Die Aufregung war umsonst

Viele User hatten den Eindruck, dass Valtteri Bottas in Zandvoort nicht gehorchen und den Bonuspunkt abstauben wollte, aber dieser Eindruck ist falsch

(Motorsport-Total.com) - Es war die finale Phase des Grand Prix der Niederlande, und die Entscheidung darüber, wer gewinnen würde (nämlich Max Verstappen), die war schon gefallen. Aber den Bonuspunkt für die schnellste Runde, den gab's noch zu gewinnen. Und für Mercedes war klar: Wenn wir das Rennen schon nicht gewinnen können, dann holen wir uns wenigstens diesen einen Zähler!

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Valtteri Bottas vor Lewis Hamilton beim Grand Prix der Niederlande in Zandvoort Zoom Download

Klar war auch, dass Lewis Hamilton derjenige sein sollte, der die schnellste Runde fährt, schließlich geht es für ihn (anders als für Valtteri Bottas) 2021 noch um die WM. Und so sorgte es bei vielen Zuschauern für Verwirrung, als Bottas sich vermeintlich anschickte, die schnellste Runde zu fahren.

Am Ende der 67. Runde (von 72) wurde Bottas von seinem Renningenieur Riccardo Musconi an die Box beordert. Nach vorne hatte er 28,2 Sekunden Rückstand auf Hamilton, nach hinten 45,3 Sekunden Puffer auf Pierre Gasly. Der dritte Platz war also einbetoniert - und für Außenstehende sah es so aus, als würde ihn Mercedes auf die schnellste Runde schicken.

Das erschien unlogisch, denn drei Runden nach Bottas sollte auch Hamilton noch auf den Soft wechseln, um sein Glück zu versuchen. Und dann Bottas erstmal eine Topzeit vorlegen zu lassen, weswegen sich Hamilton später noch mehr würde anstrengen müssen, das ergab von außen betrachtet keinen Sinn.

Kommando eindeutig: "Gehen nicht auf die schnellste Runde"

Als Bottas am Ende der 67. Runde in seiner Box stand, wurde ihm aber bereits mitgeteilt: "Wir gehen nicht auf die schnellste Runde." Was den Finnen natürlich wunderte: "Warum nicht?" Worauf er als Antwort erhielt: "Sicherheitsmaßnahme. Vibrationen." Am 'ServusTV'-Mikrofon kommentierte Nico Hülkenberg: "Das weiß Valtteri, dass das nicht die Wahrheit ist."

Aber Toto Wolff widerspricht nach dem Rennen: "Nico liegt hier falsch. Valtteri war 35 oder 36 Runden auf dem Medium, und wir wollten die Punkte machen. Obwohl nur noch vier oder fünf Runden zu fahren waren, war dann doch die Sorge, dass der Reifen kaputtgeht. Es war tatsächlich ein Sicherheitsstopp."

Eine Aussage, die vom Boxenfunkverlauf gestützt wird. Vier Runden sind noch zu fahren, Bottas hat seine Out-Lap mit den neuen Reifen hinter sich und wird zu Beginn seiner ersten gezeiteten Runde bei Start und Ziel vom McLaren von Daniel Ricciardo hervorragend im Windschatten gezogen. Das gibt gleich mal Bestzeit in Sektor 1.


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Im zweiten Sektor lässt der Finne nicht locker. Mit dem Vorteil der frischen Reifen legt er noch eine beste Sektorenzeit hin. Vielen TV-Zuschauern dämmert: Bottas, der 2022 nicht mehr für Mercedes fahren wird, pfeift sich jetzt nichts mehr - und geht ohne Rücksicht auf sein Team auf den Bonuspunkt los.

Doch das entspricht nicht den Tatsachen. "Valtteri, hier ist James", meldet sich Chefstratege James Vowles nach der zweiten violetten Zwischenzeit auf dem Zeitenmonitor. "Bitte brich den Schnellste-Runde-Versuch am Ende der Runde ab." Was Bottas verwundert beantwortet: "Ich spiele doch nur rum!" Vowles: "Ich weiß. Es ist eine starke Runde. Danke, Junge."

Dann geht Bottas im letzten Sektor vom Gas, stellt aber in 1:12.549 trotzdem eine neue Bestzeit auf. Am Mercedes-Kommandostand ist man keineswegs sauer, sondern ganz im Gegenteil: "Danke dir", wird Bottas durchgefunkt.

Sektorenzeiten zeigen: Bottas war nicht am Limit

Als Hamilton dann dran ist, wird auch klar warum. Der 36-Jährige kann zwar im ersten Sektor den Vorteil, den Bottas durch Ricciardos Windschatten hatte, nicht ganz kompensieren, fährt dort 24,776 Sekunden (Bottas: 24,714). Im zweiten Sektor sieht's dann aber schon anders aus: Hamilton 24,328, Bottas 24,792 Sekunden. Das zeigt: Bottas war nicht am Limit.

Und im dritten ist dann sowieso alles klar: Hamilton 21,993, Bottas 23,043 Sekunden. Letztendlich liegen zwischen den beiden 1,452 Sekunden - und die ganze Aufregung, wonach "Rebell" Bottas Hamilton und sein Team kurz vor seinem Abschied nicht mehr unterstützen möchte, löst sich in Luft auf.


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Hamilton hatte von dem, was rund um Bottas los war, übrigens "keine Ahnung. Ist aber auch egal. Wenn Valtteri den Punkt geholt hätte, wäre das auch okay gewesen. Unterm Strich brauchen wir den Punkt als Team. Ob Valtteri den holt oder ich, macht keinen großen Unterschied. Aber ich wusste gar nicht, dass Valtteri noch einmal gestoppt hatte. Das war mir nicht klar."

Bottas, glaubt Wolff, "wollte einfach zeigen, dass er die Pace hatte". Das Bottas in der Situation "ein bisschen keck" gewesen ist, sei "okay", findet der Mercedes-Teamchef: "Wir hatten die Marge nach hinten, und es war nicht geplant, auf die schnellste Runde zu gehen. Aber dann hast du halt den Instinkt des Fahrers, der da manchmal durchschlägt."

Bottas den Punkt holen zu lassen, wäre "nicht richtig" gewesen, findet er, weil Hamilton die schnellste Runde vor den Boxenstopps im Finish bereits innehatte. "Man muss aber auch verstehen", sagt Wolff, "dass da ein bisschen Frust ist bei Valtteri. Am Ende war ja alles gut. Die Jungs sind halt auch keine Roboter. Ich kann mich gut in die Situation reinversetzen."

Zumal Bottas keineswegs aufmüpfig ist und die Linie des Teams nachvollziehen kann: "Lewis braucht diesen Punkt mehr als ich. Er kämpft um die Fahrer-WM, und als Team brauchen wir dafür maximale Punkte. So ist es halt." Und: "Ich wusste, dass Lewis auch noch stoppen würde. Darum bin ich im letzten Sektor vom Gas. Alles kein Drama."

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