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Robert Kubica ist zurück: Wie es in Zandvoort zum Formel-1-Comeback kam
Robert Kubica fährt statt Kimi Räikkönen den Grand Prix der Niederlande: Wie es zum Comeback kam, wie er davon erfuhr & wie das Qualifying lief
(Motorsport-Total.com) - Robert Kubica feiert am Grand-Prix-Wochenende in den Niederlanden überraschend sein Comeback in der Formel 1. Der 36-Jährige hätte es selbst nicht für möglich gehalten, dass sein Engagement bei Alfa Romeo ihn tatsächlich noch einmal in eine Startaufstellung bringen würde. Wie es zur unverhofften Rückkehr kam.
Kubica ging davon aus, dass er einen ganz gewöhnlichen Samstag in Zandvoort erleben würde, an dem er als Reservepilot im Debrief und ansonsten in der Hospitality des Schweizer Rennstalls sitzen würde. Doch es kam anders, denn Stammpilot Kimi Räikkönen wurde positiv auf Corona getestet.
Zwei Jahre nach seinem bislang letzten Renneinsatz - damals noch als Williams-Pilot nach einer sehr frustrierenden Saison in Abu Dhabi - wird Kubica im Alter von 36 Jahren seinen 98. Grand-Prix-Start am Sonntag in Holland absolvieren. Ein weiteres Kapitel in einer außergewöhnlichen Karriere.
"Hätte nie gedacht, dass es passieren könnte"
Erst vor wenigen Wochen verlor er in einer herzzerreißenden letzten Rennrunde an der Sarthe den Sieg in der LMP2-Kategorie bei den 24 Stunden von Le Mans. Und wieder nimmt seine Laufbahn eine unvorhersehbare Wendung, wie bereits vor einem Jahrzehnt durch einen schweren Rallye-Unfall in Italien.
"Natürlich weiß man, dass die Chance gegeben ist, dass es passiert. Aber man möchte es eigentlich nicht, denn das würde bedeuten, dass deinen Teamkollegen etwas zugestoßen ist. Aber das ist Teil des Spiels, Teil meiner Rolle im Team", meint er nach dem Qualifying.
Er sei vorbereitet gewesen auf einen potenziellen Einsatz, merkt Kubica an. "Denn es steht in deinem Vertrag geschrieben. Du kennst deine Position sehr gut. Aber ehrlich gesagt, vielleicht bin ich zu alt, aber ich hätte nie gedacht, dass es passieren könnte."
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Nach einem unspektakulären Trainingsfreitag hatte er keine Ahnung, was am nächsten Tag auf ihn zukommen sollte. Wie erfuhr er von Räikkönens Ausfall und seinem Einsatz? "Ehrlich gesagt, wurde ich am Morgen aufgeweckt. Ich habe etwas läuten gehört, es war mein Zimmertelefon, aber ich dachte, das wäre im nächsten Zimmer."
Er wachte daher auf und wusste nicht, was vor sich ging. "Dann sah ich auf mein Smartphone, ein paar verpasste Anrufe von Fred [Vasseur]." Der Alfa-Romeo-Teamchef hatte Kubica nach dem positiven Testergebnis des "Iceman" sofort kontaktiert, zunächst allerdings vergeblich.
"Ich dachte zunächst, ich wäre positiv getestet worden, da ich erst sehr spät hier ankam. Ich war bis Donnerstagabend in Warschau mit unserem Partner Orlen. Dann entsperrte ich mein Telefon und sah, dass ich negativ bin und gleichzeitig rief ich Fred zurück."
"Und dann war der Samstag nicht mehr langweilig!"
Da dämmerte ihm bereits, dass etwas passiert sein muss. "Wenn man so früh am Morgen einen Anruf erhält, dann weiß man, dass etwas vor sich geht. Und dass mich das Team womöglich brauchen könnte." Danach wartete er die Nachtruhe bis 9 Uhr ab, um ins Fahrerlager zu gelangen und seine Arbeit aufzunehmen.
"Und ab diesem Zeitpunkt war der Samstag nicht mehr wirklich langweilig für mich!", merkt der Pole schmunzelnd an. "Es wurde ziemlich hektisch und ein herausfordernder Samstag." Ganz unvorbereitet sprang er nicht in den C41, schließlich absolvierte er bereits mehrere Freie Trainings.
In Spanien, Österreich und erst vor wenigen Wochen in Ungarn bekam Kubica die Chance, den Alfa Romeo im ersten Freien Training zu pilotieren. Er kannte den Wagen also bereits und musste sich daher nicht erst einarbeiten.
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Die Herausforderung war eine ganz andere: Kubica fuhr zuletzt in seiner Formel-3-Zeit 2004 in Zandvoort, und hatte nur eine Stunde Trainingszeit, um sich auf dem kniffligen Kurs auf das Qualifying vorzubereiten. "Ich bin vorbereitet, aber dennoch ist es schwierig, wenn man nur alle drei, vier Monate im Auto sitzt."
Noch dazu habe er in dieser Saison mehr Schwierigkeiten im Auto, gesteht Kubica. "Im Vorjahr hatte ich viel mehr Vertrauen. Ich sprang nach drei Monaten rein und war nach wenigen Runden auf der Pace." In dieser Saison hingegen tat er sich bislang schwer.
"Es ist eine Kombination aus den Reifen, den Autos - und heute war es auch recht windig. Man muss außerdem die Strecke kennenlernen. Der Grip kam und ging. Das ist kein einfacher Kurs", merkt der Routinier an. "Würden wir in Bahrain fahren, wäre alles viel einfacher."
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Dennoch zeigt er sich glücklich. "Die Realität ist, dass ich zum dritten Mal zurückkomme auf den Formel-1-Grid", freut sich Kubica.
Im dritten Freien Training absolvierte er insgesamt 28 Runden, er konnte sich auf Rang 19 einsortieren und lag rund 0,9 Sekunden hinter Teamkollegen Antonio Giovinazzi. Nach der Session analysierte er in wenigen Stunden die gesammelten Daten.
"Wir haben einen recht sicheren Ansatz gewählt", gibt er zu. "Wie ich schon sagte, geht es vor allem ums Selbstvertrauen. Im Vorjahr konnte ich schon nach wenigen Runden überraschend schnell sein. In diesem Jahr ist es wohl auch eine Kombination aus den unterschiedlichen Autos, die ich in den Serien fahre."
Außerdem gibt er zu bedenken, dass er in diesem Jahr noch kein einziges Qualifying absolviert habe. "Das letzte Qualifying, das ich gefahren bin, war im letzten Rennen der DTM im Vorjahr." Insofern sollte es eine große Herausforderung werden, eine starke Pace aus dem Alfa herauszukriegen.
Wie die Williams-Piloten im Zeittraining bewiesen haben, war es umso einfacher, einen folgenschweren Fehler auf der engen Piste in Zandvoort einzubauen. Doch Kubica lieferte solide ab, was von ihm verlangt wurde. Er stellte den C41 auf Startplatz 18 vor beide Haas.
Mit seinem letzten Versuch in Q1 ist er allerdings nicht zufrieden. "Ich hatte wirklich das Gefühl, dass ich mich stark verbessern kann, und ich habe mich gefreut. Aber dann hatte ich auf der letzten Outlap viel Verkehr." Er kämpfte außerdem mit blockierenden Vorderrädern und Übersteuern.
"Hinkten dem Plan immer ein wenig hinterher"
"Dann sagte ich mir: 'Jetzt weiß ich nicht, was in die erste Kurve rein passieren wird'." Daher sei er die Runde auf Nummer sicher gefahren. "Tatsächlich hatte ich keinen Grip."
Er weiß aus Erfahrung: "Wenn man das Auto [um den Kurs] zwingt, dann wärmen sich die Reifen schneller auf. Wenn man defensiv fährt, brauchen sie vier oder fünf Kurven. Ich wusste auch nicht, wie schnell und wie gut sie funktionieren würden."
Nachsatz: "Wir hinkten dem Plan also immer ein wenig hinterher, um ehrlich zu sein."
Solche Erkenntnisse, wie etwa über die Reifen, könne man nicht aus einem Buch lernen oder "im Supermarkt finden - sonst hätte ich heute Morgen recht viel Wissen eingekauft!", scherzt Kubica. Er spricht trotz allem von einem "reibungslosen Samstag", was in seiner Rolle das Wichtigste gewesen sei.
Die größte Herausforderung für den erfahrenen Piloten stellten aber nicht die Pirelli-Reifen dar, sondern die Bremsen. "In Kurve 1 war ich ehrlich ziemlich beeindruckt." Im Freien Training habe er in seiner letzten Runde versucht, so spät wie möglich zu bremsen. "Dennoch habe ich zu früh gebremst", merkt er an.
"Dann im Qualifying muss man die erste Kurve richtig hinkriegen. Aber man weiß nicht, wie viel Grip dort sein wird." Auch die Bremsen müsse man auf Temperatur bringen, denn "du [den Wagen] nicht ins Kiesbett stellen."
"Selbst Kimi hatte in den Kurven 2 und 3 Probleme"
Auch Kurve 3 sei eine "große Herausforderung" gewesen. In der umgebauten Steilkurve habe er am Vormittag viel Zeit verloren. "Aber im Qualifying konnte ich mich ein bisschen verbessern. Man hat nicht oft die Chance, durch solch überhöhte Kurven zu fahren. Selbst Kimi hatte in den Kurven 2 und 3 Probleme."
Kubica betont, er hätte "viel besser" abschneiden können im Zeittraining, davon ist er überzeugt. "Aber bei dem Risiko, das man mit diesen Autos im Qualifying eingehen muss, und auch heute Morgen haben einige Fahrer Fehler gemacht - ich bin ja nicht dumm und weiß, wo mein Platz ist."
Er gibt zu bedenken: "In allen Sessions seit Barcelona habe ich normalerweise mit gebrauchten Reifen an der Rennpace und am Set-up mit viel Sprit gearbeitet." Der Umstieg von der Langstrecke zurück in ein Formel-1-Auto sei außerdem gar nicht so einfach gewesen, gibt er zu.
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"Es ist so anders, vielleicht ist es daher besser, würde ich das Rennen gar nicht fahren! Denn man ist anderes gewohnt. Da spielen sich viele Dinge im Kopf ab." Etwa wo der optimale Bremspunkt liegt, erklärt Kubica.
Er wird am Sonntag in der Startaufstellung von Rückversetzungen für Sergio Perez und Nicholas Latifi profitieren - beide starten aus der Boxengasse. Dennoch wird es nicht einfach werden, vom Ende des Feldes nach vorne zu kommen. Was erwartet er selbst?
"Das Leben bringt gute und schlecht Tage. Ich denke, ich bin dafür leider ein gutes Beispiel, was in meinem Leben passiert ist. Ein gutes Beispiel, da ich zum dritten Mal als Newcomer sozusagen in die Formel 1 komme. Zuerst 2006, dann 2019 und nun jetzt. Die Umstände sind nicht dieselben, weil wir wissen, warum ich hier bin, aber so ist das eben."