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"Lebensgefährlich": Ralf Schumacher kritisiert Masepin als "überfordert"
Wofür Formel-1-Neuling Nikita Masepin nach dem Niederlande-Grand-Prix in Zandvoort neuer Kritik ausgesetzt ist und wie Mick Schumacher dazu steht
(Motorsport-Total.com) - "Mit dieser Aktion hat er nichts in der Formel 1 zu suchen", sagt Ralf Schumacher. Was ihn so sehr gestört hat? Ein Manöver von Nikita Masepin gegen dessen Haas-Teamkollegen Mick Schumacher am Ende der ersten Rennrunde. Denn gerade als Schumacher zum Überholen ansetzen wollte, zuckte Masepin in Richtung des Schwesterautos.
© Motorsport Images
Nikita Masepin im Haas VF-21 beim Grand Prix der Niederlande 2021 in Zandvoort Zoom Download
Ralf Schumacher reagiert wütend auf diese Szene. Er meint bei 'Sky': "Solche Aktionen bei Hochgeschwindigkeiten sind lebensgefährlich. Da muss das Team dringend eingreifen."
Der ehemalige Formel-1-Fahrer appelliert an die Verhältnismäßigkeit und erklärt weiter: "Es ging um die letzten Plätze. Nikita muss damit leben, dass wenn Mick so nah an ihm ist, er ihn durchlassen muss."
Schumacher fragt nach beim Team, kriegt keine Antwort
Doch Masepin ließ Schumacher eben nicht einfach durch, sondern versperrte ihm mit seinem Zucken den Weg rechts vorbei. Mehr noch: Schumacher wäre dadurch beinahe in die Boxeneinfahrt gedrückt worden, wo zur Abgrenzung zwischen Rennbahn und Boxengasse noch ein senkrechter Poller in den Asphalt eingelassen ist. Ein zusätzliches Gefahrenelement bei einem Abflug.
Im Auto reagierte Mick Schumacher aber zunächst eher gelassen auf den Zwischenfall. Er fragte lediglich einmal am Funk: "Und was war das, bitte?" Eine Antwort darauf blieb ihm das Team schuldig.
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Nach dem Rennen aber ging Schumacher noch einmal auf die Szene eingangs der Zielgeraden ein und sagte: "Im Endeffekt ist da die Boxenmauer. Wenn man die mitnimmt, schleudert es das Auto in die Luft und es fliegt in die Leute rein oder weiß der Teufel, was da passieren kann." Er stufe die Situation als gefährlich ein.
Wie sich Masepin erklärt
Masepin selbst wiederum ist sich keiner Schuld bewusst. Er verweist zwar auf ein "sehr hartes" Manöver seinerseits, meint aber auch: "So sollte es immer sein." Er sehe dabei "keine Probleme, aber ich möchte vorne sein", so der Rennfahrer aus Russland.
Letzteres hatte sich Mick Schumacher schon gedacht. Ohne Masepins Äußerungen nach dem Grand Prix zu kennen, sagte der Deutsche: "Er hat es sich wohl einfach in den Kopf gesetzt, um jeden Preis vor mir zu sein. Das ist in Ordnung. Ich habe nichts dagegen."
"Wenn es aber an einen Punkt kommt, an dem wir sehr aggressiv gegen den Teamkollegen verteidigen, an dem man aber gar nichts gewinnen kann, dann ist das vielleicht nicht der richtige Weg."
Harte Kritik an Masepin durch Ralf Schumacher
Ralf Schumacher, Micks Onkel, wird bei 'Sky' noch wesentlich deutlicher. Er meint: "Dieses Risiko, welches [Masepin] eingeht, passt nicht zu seinem Talent. Er scheint überfordert und frustriert. Da muss Günther Steiner eingreifen. Auch wenn das Geld [von Vater Masepin] nötig ist, kann das nicht der Preis dafür sein, dass man sein Team gefährdet."
Und gefährlich war die Szene durchaus: Die Situation eingangs der Zielgeraden mündete nämlich in eine leichte Berührung zwischen Masepin und Schumacher. Der vordere Haas VF-21 touchierte den Frontflügel des hinteren Fahrzeugs, der dadurch vorne links Schaden nahm und fortan im Fahrtwind sichtbar wackelte.
Das wusste Mick Schumacher zu diesem Zeitpunkt nicht einmal. Haas aber rief ihn zur vierten Runde an die Box. "Mir hatte viel Grip an der Vorderachse gefehlt. Also kamen wir rein." Er selbst habe den Schaden vorne links aus dem Cockpit nicht wahrgenommen. "Wir mussten aber sichergehen."
Damit war Schumachers Sonntag in Zandvoort gelaufen. Die restliche Distanz sei für ihn auch aufgrund vieler blauer Flaggen "kein Rennen mehr" gewesen, erklärt der Weltmeister-Sohn. Umso schwerer wiegt der Zwischenfall mit dem Teamkollegen am Ende der ersten Rennrunde.
Warum Mick Schumacher nur bedingt Verständnis hat
"Da war ich wieder sehr sauer", räumt Mick Schumacher ein. "Es ist einfach schade. Im Endeffekt hat er mir das Rennen kaputtgemacht, weil dann mein Frontflügel kaputt war und wir reinkommen mussten."
Dass Masepin als Rechtfertigung auf teaminterne Regeln verweise, könne er so nicht stehen lassen: "Ich glaube, wahrscheinlich sind meine Regeln etwas anders, wenn man in die Wand oder in dem Fall die Boxenmauer gedrückt wird."
Stunk bei Haas nach Zandvoort-Qualifying
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Er habe grundsätzlich Verständnis dafür, dass sich ein Fahrer in einem Hinterbänkler-Team gegen den einzigen echten Gegner, den Teamkollegen, profilieren wolle. "Das rechtfertigt aber nicht, dass er mich in die Mauer drückt, sodass ich praktisch in der Boxengasse lande", sagt Schumacher. "Das ist nicht richtig, finde ich."
Haas-Teamchef Steiner sieht keinen Alleinschuldigen
Haas-Teamchef Günther Steiner lässt sich in diesem Fall nicht auf einen klaren Standpunkt ein, von einer Schuldzuweisung sieht er ebenfalls ab. Steiner meint nur: "Das sollte nicht passieren." Und: "Es ist passiert, also werden wir daran arbeiten, eine Lösung zu finden."
Das ist in Schumachers Sinn. O-Ton: "Wahrscheinlich müssen wir als Team noch darüber sprechen." Zwischenfälle wie dieser seien "für uns als Team nicht förderlich", meint er.
Wiederholt ist es zwischen Masepin und Schumacher zu strittigen Situationen gekommen. Bekannt ist vor allem die Szene bei der Zieldurchfahrt in Baku, als Masepin sich rustikal gegen ein Schumacher-Überholmanöver wehren wollte, ebenfalls mit einem späten Zucken hinein in die Linie des Gegners.
Oder eben Zandvoort im Qualifying: Masepin und Schumacher wurden sich nicht über die Reihenfolge auf der Strecke einig, was beinahe eine Kollision mit Sebastian Vettel ausgelöst hätte. Anschließend flogen die Wortfetzen hin und her.
Neues klärendes Gespräch zwischen Masepin und Schumacher
Und jetzt der nächste Zwischenfall. Den will Steiner noch vor Monza mit beiden Fahrern besprechen. Er wolle "überlegen, wie wir sowas in Zukunft vermeiden können", sagt der Teamchef. "Denn das hilft Niemandem. Und das wird so weitergehen, wenn wir keine Lösung finden."
Schumacher signalisiert Gesprächsbereitschaft: "An mir soll es nicht liegen." Er sehe nur geringe Erfolgsaussichten, wenn er selbst das Wort an Masepin richte. O-Ton: "Auf mich hört er nicht." Womit Schumacher indirekt Steiner ins Spiel bringt, der als Teamchef in der Gesamtverantwortung steht.
Und Steiner sagt, das sei bei internen Unterhaltungen bereits Thema gewesen. Weiter meint er: "Es ist nicht so einfach, ihnen die Köpfe aneinander zu hauen. Wir müssen aber zu einer Lösung kommen. Ansonsten müssen wir Regeln ausgeben."
Was Steiner an der Situation positiv findet
Wenn es etwas Positives an der Situation gäbe, dann, dass sie sich schon 2021 einstelle und nicht erst 2022, wenn Haas mit einem dann vielleicht besseren Auto weiter vorne mitmische, so Steiner weiter. "Dann lieber jetzt. Wir haben noch etwas Zeit, das zu lösen. Wir müssen das hinkriegen. Und wir kriegen das hin. Das ist jetzt die große Aufgabe."
An eben dieser, so gibt Steiner zu, sei er nach dem Qualifying in Zandvoort offenbar gescheitert. Man habe sich im Anschluss an das Treffen mit den Ingenieuren noch im kleinen Kreis unterhalten. "Wir fanden da keine Lösung", sagt der Teamchef. Daher und aufgrund des erneuten Vorfalls ein weiteres Treffen vor dem Italien-Grand-Prix in Monza.
Steiner bleibt aber bei seinem Standpunkt, dass nicht ein Fahrer der Schuldige sei. Masepin habe im konkreten Fall in seinen Augen "kein heimtückisches Manöver" geritten. "Man kann immer sagen, es sei gefährlich", meint Steiner. "Man kann Gefahr aus dem Weg gehen. Ich sehe mir die Szene an und denke: Es braucht immer zwei für einen Tango."
Schumacher: Zweifel, dass ein Einsehen erfolgen wird
Ob es da zu einem Konsens kommen kann? Mick Schumacher hat Zweifel, die er bei 'ServusTV' in Worte fasst. Dort sagte er: "[Masepin und ich] sind einfach sehr vierschiedene Menschen. Eben auch, wie wir Sachen händeln. Aber das ist auch okay. Von daher: Er soll sein Ding machen, ich mach meins."
"Es ist halt nur schade, wenn solche Sachen dann auf der Strecke ausgetragen werden und entsprechend auch gefährliche Sachen passieren, wo ich nicht ganz dahinterstehe."
Er selbst habe eine solche Situation bisher noch mit keinem Teamkollegen erlebt, sagt Schumacher weiter. Er vermisse auch einen "gewissen Respekt" bei Masepin und könne sich all das "eigentlich nicht" erklären. Er sehe nur "Verbesserungspotenzial" bei seiner Beziehung zu Masepin.
Und klar ist für Schumacher eines: Solche Themen sollen teamintern besprochen werden, nicht in der Öffentlichkeit. Für den Fall, dass Masepin aber weiter auffällig fahre, könnte dergleichen jedoch Interesse von anderer Stelle erfahren, meint Schumacher.
Er sagt: "Dadurch, dass wir Teamkollegen sind, mischen sich die Sportkommissare eigentlich wenig ein. Nach dem, was ich mitbekommen habe, ist das auch mit anderen Fahrern passiert. Ich glaube, dass das in Zukunft Konsequenzen haben wird."