• 05. Juli 2021 · 09:24 Uhr

Seidl versteht Strafe nicht: Lando Norris "hat nichts falsch gemacht"

Die Strafe gegen Lando Norris erhitzte die Gemüter beim Formel-1-Rennen in Spielberg, McLaren-Teamchef Andreas Seidl versteht die Welt nicht mehr

(Motorsport-Total.com) - Der Österreich-Grand-Prix der Formel 1 2021 wurde geprägt von einer regelrechten Strafenflut. Für die größten Diskussionen sorgte im Nachgang jedoch gleich die erste Sanktion, die die Rennkommissare in Spielberg verhängten. Die Beteiligten waren McLaren-Pilot Lando Norris und Red-Bull-Fahrer Sergio Perez.

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Andreas Seidl (l.) hatte für die Strafe gegen Lando Norris (m.) kein Verständnins Zoom Download

Nach der frühen Safety-Car-Phase infolge des Ausfalls von Esteban Ocon war es zwischen Norris und Perez zu einem Positionsduell gekommen. Bei der Einfahrt in Kurve 4, der abfallenden Rechtskurve am Ende der kurzen DRS-Zone, hatte Perez auf der Außenlinie versucht, Norris zu überholen.

Der Brite verteidigte sich und nutzte seine Rennlinie ohne Kompromisse aus. Perez, der direkt auf Augenhöhe mit Norris lag, ging die Straße aus, er musste ins Kiesbett ausweichen und verlor mehrere Plätze. Eine Berührung zwischen beiden gab es allerdings nicht.

Seidl: Das ist Racing, das wir alle sehen wollen

Nach einer erst spät angekündigten Untersuchung belegten die Stewards Norris mit einer Fünf-Sekunden-Zeitstrafe, die dem 21-Jährigen mutmaßlich den zweiten Platz gekostet haben dürfte. Denn erst durch diese beim Boxenstopp abgesessene Strafe musste Norris den Platz an Valtteri Bottas abgeben, der nach Lewis Hamiltons Schaden Platz zwei übernahm.


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Norris hatte sich nach dem Rennen bereits deutlich über die Strafe beschwert. "Vielleicht hat Sergio nicht gewusst, dass da ein Kiesbett am Kurvenausgang ist. Es geht bergab und man kommt da sehr leicht raus. Und das ist passiert", sagte Norris und bezeichnete Perez' Aktion als "einfach ein bisschen dumm".

Und auch McLaren-Teamchef Andreas Seidl war - wenig überraschend - überhaupt nicht einverstanden mit der Strafe gegen seinen Fahrer. "Ehrlich gesagt verstehe ich nicht, weshalb er dort eine Strafe bekommen hat. Das ist für mich Racing, Racing, das wir alle sehen wollen. Und ich glaube nicht, dass Lando etwas falsch gemacht hat", sagt Seidl.

Stewards verweisen auf Sportcode der FIA

Zudem verweist Seidl darauf, dass es am Anfang des Rennens - oder wie in diesem Fall nach einem Restart - immer etwas härter zur Sache gehe und jeder versuche, sich erst einmal zu sortieren. "Er ist einfach auf seiner Rennlinie gefahren. Er hat nichts Dummes gemacht", verteidigt Seidl seinen Schützling Norris.

Der offizielle Tatbestand, den die vier Rennkommissare Norris zur Last legten, lautet im Original: "Forcing another driver off the track." Norris wurde also vorgeworfen, Perez von der Strecke gedrückt zu haben. Die Stewards verweisen in ihrer Urteilsbegründung auf Anhang L, Kapitel IV, Artikel 2 des Internationalen Sportcodes des Automobil-Weltverbandes FIA.


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Dort heißt es unter Punkt b): "Jeder Fahrer, der sich zurück zur Rennlinie bewegt, nachdem er zuvor seine Position außerhalb der Linie verteidigt hat, sollte bei der Annäherung an die Kurve mindestens eine Fahrzeugbreite zwischen seinem eigenen Fahrzeug und dem Rand der Strecke lassen."

Keine Wagenbreite Platz zwischen Norris und Perez

Und weiter: "Manöver, die geeignet sind, andere Fahrer zu behindern, wie zum Beispiel das absichtliche Abdrängen eines Fahrzeugs über den Streckenrand hinaus oder jede andere abnormale Richtungsänderung, sind jedoch strengstens verboten."

Norris hatte sich vor Kurve 4 innen gegen Perez gewehrt, der Mexikaner wollte dann mutmaßlich die bessere Außenlinie nutzen, um Norris, der nun einen deutlich schlechteren Winkel in Kurve 4 hatte, entweder direkt auszubeschleunigen oder sich für die folgende doppelte Linkskurve 6 und 7 in Position zu bringen.

Bei Betrachtung der Bilder der Aktion wird deutlich, dass sich Norris in Kurve 4 nach außen treiben lässt, wie es die normale Rennlinie vorsieht. Er folgt also der Ideallinie. Da Perez jedoch quasi auf gleicher Höhe war, hätte Norris dem Mexikaner laut Sportcode die Wagenbreite Platz lassen sollen. Diese war jedoch nicht gegeben.

Seidl: Was hat eigentlich Warwick gesagt?

Sowohl Seidl als auch Norris sahen jedoch ein zu hohes Risiko bei Perez, der demnach hätte wissen müssen, dass so etwas passieren kann. "Ich würde sagen, um mit Michaels (Masi; Anm. d. Red.) Worten zu sprechen, jeder Go-Kart-Fahrer weiß, dass man im Kiesbett landet, wenn man dort in der ersten Rennrunde nach außen fährt. Aber man kann sich nicht über den Kerl beschweren, der auf der Rennlinie war", argumentiert Seidl.

Der Bayer hätte sich zudem gewünscht, dass Ex-Pilot Derek Warwick deutlicher macht, wie es auf der Strecke aussieht. Der 66-Jährige ging zwischen 1981 und 1993 selbst bei 147 Rennen in der Formel 1 an den Start und war in Spielberg der Fahrervertreter im Quartett der Rennkommissare. "Ich weiß nicht, wie sein Input war", sagt Seidl, für den die Strafe gegen Norris "einfach frustrierend" war.


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Neben der Strafe an sich wurden auch die zwei Strafpunkte diskutiert, die Norris für die Aktion bekam. Damit wächst sein Konto innerhalb der vergangenen zwölf Monate bereits auf zehn an, bei zwölf wird ein Fahrer für ein Rennen gesperrt. Glück für den WM-Vierten: vor seinem Heimrennen in Silverstone werden zwei Punkte gelöscht, er geht also mit acht Zählern in das nächste Rennwochenende.

Strafpunkte: Überprüfung des Systems gefordert

Dennoch schüttelte Norris nach dem Rennen den Kopf und verwies darauf, dass er in vielen Situationen Strafpunkte erhalten habe, obwohl er niemanden gefährdet habe. Etwa in Baku, als er trotz roter Flagge auf der Strecke blieb, oder auch in Spielberg. "Ich bekomme Strafpunkte, weil ein anderer Fahrer ins Kies fährt", klagte er und stellte klar: "So sollte die Formel 1 nicht funktionieren."

Und auch Seidl fordert eine "Überprüfung des gesamten Systems oder Prozesses". Seidl weiter: "Denn ich denke, wir sind uns alle einig, dass es nicht richtig sein kann, für einen Vorfall wie heute ein Rennverbot als Konsequenz zu bekommen." Auch Max Verstappen rechnete in der Pressekonferenz vor, dass es nur sechs solcher Vorfälle für eine Rennsperre braucht.

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