• 04. Juli 2021 · 08:55 Uhr

Kritik wegen FIA-Strafe: Was hätte Vettel anders machen sollen?

Fernando Alonso ist stinksauer, weil ihn Sebastian Vettel den vierten Platz im Qualifying gekostet hat, dennoch gibt es Kritik an der Strafe gegen den Deutschen

(Motorsport-Total.com) - Die Strafe gegen Sebastian Vettel nach dem Qualifying zum Grand Prix von Österreich in Spielberg (Rennen ab 14:45 Uhr live im Ticker) sorgt besonders bei deutschen Formel-1-Fans für hitzige Diskussionen. Denn dass Vettel bestraft wurde und um drei Startpositionen nach hinten wandert, alle anderen beteiligten Piloten aber ungestraft davonkommen, das stößt auf Unverständnis.

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Sebastian Vettel hat sich sofort bei Fernando Alonso entschuldigt Zoom Download

Zuallererst bei Vettel selbst: "Ich hab' ihn im Spiegel gesehen, und dann krieg' ich den Funkspruch", beschreibt er die Situation. "Aber ich kann mich nicht in Luft auflösen. Letzten Endes haben alle überholt und dort langsam gemacht, wo wir gestern abgemacht haben, dass wir nicht langsam machen. Also weiß ich nicht, was ich anders hätte machen sollen. Dann müssen alle bestraft werden!"

Was war passiert? Vor dem letzten Q2-Run bildete sich wie so oft eine Schlange auf der Strecke, weil die Fahrer vor ihrer schnellen Runde Abstand auf den jeweiligen Vordermann lassen wollten, um nicht in dessen "dirty Air" fahren zu müssen. Laut Valtteri Bottas sind rund sechs Sekunden auf dem Red-Bull-Ring der perfekte Abstand.

Ganz vorne in der Schlange: Charles Leclerc. Er bremst vor der Jochen-Rindt-Kurve (Kurve 9) ab, um dort dann aufs Gas zu steigen. Das machen hinter ihm Lando Norris, Max Verstappen, Carlos Sainz, Lance Stroll, Daniel Ricciardo, Lewis Hamilton, George Russell, Valtteri Bottas und Sergio Perez ganz genauso.

Ganz hinten in der Schlange: Vettel. Der Aston-Martin-Pilot hält sich genau an die Vorgabe von FIA-Rennleiter Michael Masi, will seinen Abstand schon zwischen Voestalpine- und Rindt-Kurve (Kurve 8/9) nehmen. Vor Vettel bildet sich, ganz im Sinne des Erfinders, ein Abstand zu Ricciardo, sodass er für seine schnelle Runde freie Fahrt haben sollte.

Hamilton war der Erste, der an Vettel vorbeiging

Doch dann wird das Gentlemen's Agreement gebrochen, auf das sich die Fahrer untereinander verständigt haben, nämlich dass vor Beginn der schnellen Runde beim Positionieren nicht mehr überholt wird. Erst ziehen Hamilton, Russell und Bottas an Vettel vorbei; dann merkt auch Perez, dass es mit der Zeit knapp wird, und überholt den Aston Martin ebenfalls.

"Lasst mich wissen, wann sich noch zwei Autos anstellen", funkt Vettel, bevor er überholt wird. Ihm wird gesagt, dass es noch vier seien. In dem Moment schießen Hamilton, Russell und Bottas rechts an ihm vorbei. "Das ist ein Chaos", regt sich Vettel am Boxenfunk auf. Jetzt kommt auch noch Perez. "Und noch einer. Passt schon, und die ganze Scheiße bleibt an mir", ahnt er da schon.

Jetzt ist Vettel Letzter in der Schlange, merkt, dass es durch die Überholmanöver eng damit wird, seine Runde noch beginnen zu können, und steigt in Kurve 9, genau wie abgemacht, aufs Gas. Irritiert von Fernando Alonso im Rückspiegel, der ihm von seinem Renningenieur nicht angekündigt wurde, verliert er sein Auto beinahe außer Kontrolle. Und für die schnelle Runde kommt er zu spät.

Alonso tobt. Der Spanier behauptet, ohne die Situation mit Vettel wäre er "Vierter oder Fünfter" geworden. Stimmt: Im ersten Sektor war er 0,084, im zweiten 0,264 Sekunden schneller als die Runde davor. Rechnet man das auf die ganze Runde hoch, wäre er bei einer vergleichbaren Steigerung auch im dritten Sektor tatsächlich Vierter geworden.

"Tsunoda", ärgert sich Alonso, "hat vor einer Woche auch drei Plätze bekommen, und es hat ihn wahrscheinlich den einen oder anderen Punkt gekostet. Aber für mich macht es den Unterschied zwischen P4 und P14. Das kann man nicht mehr reparieren. Unser Wochenende ist damit wahrscheinlich gelaufen."

Was Vettel zum Verhängnis wurde

Und genau da liegt das Problem: Während alle anderen offenbar spätestens am Scheitelpunkt von Kurve 9 aufs Gas gestiegen sind, konnte Vettel das nur zaghaft tun, weil Perez, der sich kurz zuvor vorgedrängelt hatte, unmittelbar vor ihm im Weg stand. Gleichzeitig lief die Zeit davon. Und von hinten kam Alonso, was Vettel nicht einmal mitgeteilt wurde. Eine verzwickte Situation.

Für Alonso ein klarer Fall: "Ich finde, es sollte für alle elf oder zwölf Autos eine Strafe geben. Auch für Seb, weil er mich nicht durchgelassen hat. Aber was ist mit allen anderen? In den Regeln steht doch klipp und klar, dass wir zwischen Kurve 9 und Kurve 10 nicht langsam fahren dürfen."


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'Motorsport-Total.com' fragt nach: Was hätte Vettel anders machen müssen, um keine Strafe zu bekommen? "Er hätte wahrscheinlich nichts anders machen können", räumt Alonso ein. "Er kann sich ja nicht in Luft auflösen. Aber im ersten Run in Q2 war ich Letzter in der Schlange. Vor Kurve 9 und zwischen Kurve 9 und 10 musste ich Hamilton und Verstappen durchlassen."

"Das Team hat mich darüber informiert, dass die von hinten sehr schnell kommen. Also ging ich aus dem Weg. Und ich glaube, Seb hatte so eine Anweisung nicht. Okay, er kann sich nicht in Luft auflösen, aber er hätte eine Kurve früher Platz machen können. Aber bei freier Straße vor ihm bremst er natürlich nie so weit ab. Das wird immer das Problem bleiben", erklärt Alonso.

"Ich glaube nicht, dass es Sebs Fehler war", sagt der Alpine-Fahrer. "Wenn wir da bei Kurve 9, Kurve 10 ankommen, verlassen wir uns komplett auf die Ingenieure. Ich glaube, dass auch die FIA lernen muss, das besser zu managen. Denn es kann nicht sein, dass in der Königsklasse des Motorsports elf Autos mit fünf km/h durch Kurve 9 und 10 bummeln. Das muss besser gehen."

Alonso fordert härtere Strafen

"Und wir sollten ganz harte Strafen austeilen", fordert der Weltmeister von 2005 und 2006. "Meiner Meinung nach ist das alles eine Folge davon, dass mit Strafen zu weichlich umgegangen wird. Ich hatte gestern mit Räikkönen und einem Toro Rosso die gleiche Situation, und es gab keine Strafe. Das ist ja auch in den Freien Trainings oft problematisch, und da schaut keiner hin. Das ist traurig."


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Härtere Strafen seien die "einzige Möglichkeit", das Thema in den Griff zu bekommen, glaubt Alonso. "Oder größere Rückspiegel für ein paar Kollegen. Oder jemanden von außen, der am Funk hilft, zum Beispiel von der FIA. Denn die Teams konzentrieren sich auf die Reifen, auf die Batterie, auf alles, was Performance betrifft. Aber um die Sicherheit kümmert sich keiner."

Den Teams könne man das auch nicht zumuten, weil es in der Natur der Sache liege, dass die immer auf die Performance schauen. Also ein zusätzlicher FIA-Mann am Boxenfunk eines jeden Fahrers? Alonso hat auch einen weniger radikalen Vorschlag: "In Baku hatten wir eine Mindestzeit für die Aufwärmrunden. Das könnte helfen."

Für Aston-Martin-Teamchef Otmar Szafnauer hat Vettel jedenfalls alles richtig gemacht. "Andere nicht", seufzt er. "Und weil er sich als einziger Fahrer an die Regeln gehalten hat, ist er jetzt der einzige Fahrer, der eine Strafe bekommt. Das finde ich unfair. Natürlich ist es auch für Fernando unfair. Er war auf einer schnellen Runde. Aber Seb hätte nichts anders machen können."

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