Mercedes: Ohne Perez hätten wir es mit zwei Stopps probiert
Mercedes verzichtete beim Frankreich-GP auf eine Zweistoppstrategie und verlor das Rennen - Großen Anteil daran hatte Sergio Perez
(Motorsport-Total.com) - Im Schatten von Rennsieger Max Verstappen war Teamkollege Sergio Perez beim Frankreich-GP der heimliche Held bei Red Bull. Nicht nur, dass er kurz vor Rennende selbst noch an Valtteri Bottas vorbeikam und dem Team wertvolle Punkte in der Konstrukteurs-WM bescherte. Der Mexikaner verhinderte zudem mit seiner guten Vorstellung, dass Mercedes die Strategien aufsplitten kann.
Perez konnte das Tempo der Spitze zwar zu Beginn des Rennens nicht halten, doch er war stets nah genug dran, damit die Strategieabteilung bei Mercedes Kopfschmerzen bekommt. "Wenn Perez nicht in dem Fenster gewesen wäre, hätten wir zumindest bei einem Auto eine Zweistoppstrategie versucht und hätten damit Red Bull in eine schwierige Situation gebracht", sagt Mercedes-Teamchef Toto Wolff.
Perez schonte zu Beginn des Rennens offensichtlich die Reifen, um den ersten Stint ausdehnen zu können. Sieben Runden nach Bottas kam Perez in die Box, die am Ende des Rennes dadurch frischeren Reifen brachten den Baku-Sieger noch am Finnen vorbei.
Wolff: Vier Autos, die gegeneinander kämpfen
Anders als etwa in Barcelona war Perez stets so nah dran, dass bei Mercedes jeder weitere Stopp mit dem Verlust von Track Position einhergegangen wäre. In Spanien hatte Hamilton nach seinem Stopp nur Bottas vor sich, Perez war zu weit weg. "An diesem Punkt haben wir vier Autos, die gegeneinander kämpfen", stellt Wolff daher fest.
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Charles Leclerc (4): Das war gar nichts. Nur P7 im Qualifying, noch dazu hinter Teamkollege Carlos Sainz, der den deutlich besseren Eindruck hinterlassen hat. Im Rennen hat Leclerc die Reifen regelrecht "aufgefressen" und brauchte einen Extrastopp. P16 ist eine Enttäuschung im Ferrari. Fotostrecke
Mercedes sei es stets klar gewesen, dass Red Bulls Plan mit Perez gewesen sei, eine mögliche Zweistoppstrategie bei Mercedes zu blocken. "Wir wussten es immer. Er war immer in dem Fenster, er war nie weit weg. Anfangs war er natürlich nicht im Kampf um das Podium, aber sie konnten länger fahren und sie haben bewiesen, dass es die richtige Strategie war, um aufs Podium zu kommen", so Wolff.
Bei Mercedes selbst war man ebenfalls von einer Einstoppstrategie überzeugt, doch der frühe Stopp von Bottas aufgrund seines Bremsplattens löste eine frühzeitige Kettenreaktion aus. Red Bull reagierte eine Runde später, um einen Undercut des Finnen gegen Verstappen abzuwehren. Das wiederum zwang Mercedes einen Umlauf danach, Hamilton reinzuholen. Doch Verstappen genügte eine fantastische Outlap, um Hamilton zu überholen.
Undercut überraschte Verstappen
"Wir hatten eine gute Outlap auf den harten Reifen und ich kam völlig unerwartet an Lewis vorbei", schildert Verstappen: "Ich hätte nicht gedacht, dass der Undercut so mächtig sein würde." Auch Mercedes selbst konnte sich nicht erklären, wo die Zeit geblieben ist, die der Computer eigentlich als Sicherheit ausgerechnet hatte.
Strategisch nahm das Rennen in den folgenden Runden Fahrt auf. Hamilton machte enormen Druck auf Verstappen, auch Bottas war direkt dahinter. Dies führte dazu, dass bei Verstappen schnell der Eindruck entstand, dass die Reifen wohl nicht bis zum Rennende halten würden und daher wohl ein weiterer Boxenstopp nötig sein werde.
"Mercedes gab ihren Fahrern die Anweisung, Druck zu machen, weshalb wir annahmen, dass sie selbst eine Zweistoppstrategie fahren", sagt Teamchef Christian Horner. Doch das hatte Mercedes nie vor - zumindest nicht, wenn dadurch ein Platz an Perez verloren worden wäre. Zu stark war Red Bull auf den Geraden.
Hamilton: Zwei Stopps hätten Job wohl erledigt
Nicht nur Bottas beschwerte sich lautstark über Funk, dass er doch gesagt hätte, das Rennen sei für zwei Stopps ausgerichtet. Auch Hamilton haderte nach dem Rennen mit der Strategie. "Zwei Stopps hätten den Job wohl erledigt", glaubt der Weltmeister.
Stattdessen entschied sich Red Bull selbst aus der Position der Führung heraus zu dem riskanten Strategiewechsel und holte Verstappen rein. Der Plan ging auf, wenngleich es quasi eine Punktlandung war. "Ich sagte: 'Okay, lasst uns schauen, ob es funktioniert'", sagt Verstappen.
Die Aufholjagd habe sich auch aufgrund der Überrundungen jedoch schwierig gestaltet. Fünf Runden vor Schluss sah es so aus, als sollte es keine Revanche für Barcelona geben, sondern ein bitteres Deja-vu von Bahrain, als Verstappen gegen Rennende ebenfalls die viel besseren Reifen hatte, aber nicht mehr an Hamilton vorbeikam - zumindest nicht regelkonform.
"Aber als ich dann näherkam, konnte ich sehen, dass Lewis' Reifen sehr abgenutzt waren. Als ich dann im DRS-Fenster war, war es mit unserer Flügelabstimmung ein ziemlich einfaches Manöver. Ich hatte aber auch die deutlich frischeren Reifen. Es ging sich aus, aber es war knapp", sagt Verstappen.