F1 Imola 2021: Mercedes gegenüber Red Bull haushoch überlegen
Probleme bei Verstappen und Red Bull, Mercedes in alter Stärke, und kein Erfolgserlebnis für Vettel: Das war der Trainingsauftakt in Imola!
(Motorsport-Total.com) - Valtteri Bottas hat in beiden Freien Trainings zum Grand Prix der Emilia Romagna 2021 in Imola Bestzeit erzielt. Am Nachmittag steigerte sich der Mercedes-Pilot von 1:16.564 auf 1:15.551 Minuten und verwies damit seinen Teamkollegen Lewis Hamilton (+0,010) und Überraschungsmann Pierre Gasly (AlphaTauri/+0,078) auf die Plätze.
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Valtteri Bottas (Mercedes) fuhr Bestzeit im zweiten Freien Training in Imola Zoom Download
"Im Vergleich zu Bahrain fühlt sich das Auto definitiv besser an. Aber ich habe ja gestern schon gesagt, dass wir hier ganz andere Bedingungen haben", sagt Bottas über seine Bestzeit. "Wir gehen trotzdem immer noch nicht davon aus, dass wir das schnellste Auto haben. Das müssen wir am Samstag erst beweisen."
Für Mitfavorit Max Verstappen war das zweite Freie Training schon nach zehn Minuten vorbei. Im Heck sei "etwas gebrochen", meldete er am Boxenfunk. Bitter: Der Red-Bull-Pilot hatte just in dem Moment, als sein Vortrieb abriss, die Boxeneinfahrt passiert, sodass er zu Fuß zum Team zurücktraben musste und das Auto nicht sofort repariert werden konnte.
Die Ursachenforschung schreitet bereits voran: "Sieht danach aus, als hätte die Antriebswelle versagt", erklärt Teamchef Christian Horner. Möglicher Auslöser könnten seiner Meinung nach die hohen Randsteine in Imola sein, die das Auto extrem durchschütteln. Immerhin: Bis zum frühen Aus sei das Auto "in Ordnung" gewesen, meint Verstappen.
"Max wird das mit seiner Erfahrung ausgleichen können. Aber ein bisschen fehlt die Zeit natürlich", analysiert Experte Ralf Schumacher bei 'Sky'. Zumal Mercedes gerade bei den abschließenden Longrun-Simulationen haushoch überlegen war. (ANZEIGE: Alle Formel-1-Rennen live und ohne Werbeunterbrechung, dazu topaktuelle Insights, Stories und Analysen plus Einschätzungen der Experten Ralf Schumacher, Timo Glock & Nico Rosberg - all das und mehr gibt's jetzt ab 17,50 Euro pro Monat. Hier informieren!)
Marko übt scharfe Kritik an Perez
Für Red Bull hatte der Freitag schon unglücklich begonnen. Sergio Perez war im ersten Training, möglicherweise begünstigt durch einen Funkausfall bei allen Teams, mit Esteban Ocon (12./Alpine/+1,266) kollidiert. Der Mexikaner konnte zwar am Nachmittag wieder fahren, verlor aber am Vormittag wichtige Trainingszeit, um Daten zu sammeln und am Set-up zu tüfteln.
Funkausfall hin oder her: "Zwei so erfahrenen Piloten sollte so etwas trotzdem nicht passieren", kritisiert Schumacher. Red-Bull-Motorsportkonsulent Helmut Marko stimmt im 'ORF' zu und ärgert sich: "Ich weiß nicht, wozu sie Rückspiegel haben. Das war ganz klar der Fehler von Perez. Er hat den schnellen Ocon übersehen und dann kam es zu diesem Zwischenfall."
Analyse Freitag: Hat Mercedes Red Bull jetzt schon überholt?
Perez belegte letztendlich den sechsten Platz, mit 0,860 Sekunden Rückstand auf Bottas (und hauchdünn vor Yuki Tsunoda im zweiten AlphaTauri), und lag damit hinter beiden Ferraris, die am Freitag über weite Strecken eine starke Performance zeigten. Carlos Sainz (+0,283) wurde Vierter, Charles Leclerc (+0,820) Fünfter.
Doch drei Minuten vor Ende des Freitagstrainings eine Schrecksekunde für Ferrari, als Leclerc sein Auto ausgangs der Rivazza-Zielkurve versenkte. "Tut mir leid, Jungs. Ich bin ziemlich auf Attacke gegangen", nahm er den Abflug auf seine Kappe. Ralf Schumacher schließt daraus: "Das stützt die These, dass man bei denen schon ein bisschen ans Qualifying denkt."
Noch schlechter lief's für die beiden Deutschen im Starterfeld. Sebastian Vettel (Aston Martin) konnte zwar ein von außen betrachtet problemloses Trainingsprogramm absolvieren. Trotzdem kam er nicht über Rang 15 (+1,541) hinaus, 0,355 Sekunden hinter seinem Teamkollegen Lance Stroll (10.).
Es sei "soweit ganz gut" gelaufen, findet Vettel: "Wir haben ein paar neue Teile am Auto und konnten einen kleinen Schritt nach vorne machen. Wir wissen aber noch nicht genau, wo wir stehen." Auch aufgrund der sehr kühlen Temperaturen habe er seine schnellen Runden nicht perfekt getroffen. "Insgesamt habe ich mich aber ein bisschen wohler gefühlt."
Masepin "glänzt" wieder durch Dreher und einen Crash
Mick Schumacher (Haas) wurde eine halbe Sekunde vor Teamkollege Nikita Masepin Vorletzter. Masepin fiel am Freitag negativ auf. Gleich dreimal drehte er sich von der Strecke, einmal endete das in der Mauer. "Irgendwann muss er die Dreher reduzieren", ermahnt Haas-Teamchef Günther Steiner. "Ich schätze, er will einfach ein bisschen zu viel."
Auch am Boxenfunk war Masepin auffällig. Einmal, als er seinen Renningenieur selbstbewusst zusammenstutzte, er möge ihm seinen Input doch bitte erst später durchgeben. Und ein anderes Mal, als er ganz im Stile von Romain Grosjean jammerte: "Das Auto fährt sich wie auf Eis, Mann!" Was Ralf Schumacher kritisiert: "Vielleicht muss er ein bisschen mehr Geduld haben."
In Sachen Rennstrategie interessant: Mercedes fuhr die Bestzeiten nicht auf Soft, sondern auf Medium. "Im Moment, zumindest bei diesen Temperaturen heute, sieht es so aus, als wäre der Unterschied zwischen Soft und Medium nicht groß", analysiert McLaren-Teamchef Andreas Seidl und ergänzt: "Mit Soft kann man sogar zwei schnelle Runden fahren."
Für sein eigenes Team war es kein optimaler Freitag. Lando Norris (+0,934) belegte den achten, Daniel Ricciardo (+1,730) den 18. Platz. "Auf eine Runde sind wir nicht zufrieden, ganz klar. Beide Fahrer sind nicht ganz zufrieden mit der Balance über die ganze Runde", sagt Seidl und identifiziert insbesondere "die mittelschnellen Kurven" als Schwachstelle.
"AlphaTauri verdammt stark, Ferrari verdammt stark. Von daher haben wir da heute Abend noch ein paar Hausaufgaben zu erledigen", ergänzt der Deutsche. Norris bestätigt den Eindruck seines Chefs: "Wenn es ein Team gibt, das stark verbessert ist, dann Ferrari. Sie sind ein bisschen schneller, als wir erwartet hatten."
Das bedeutet Hausaufgaben für McLaren. Und für alle anderen, die am Freitag Rückstand hatten. Denn die Poleposition ist in Imola aufgrund der überholfeindlichen Streckencharakteristik die halbe Miete. Dazu kommt: "Es wird locker möglich sein, eine Einstoppstrategie zu fahren", prognostiziert Pirelli-Sportchef Mario Isola.