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Daniil Kwjat: Im richtigen Auto kann ich um die WM kämpfen
AlphaTauri-Pilot Daniil Kwjat blickt vor seinem womöglich letzten Formel-1-Rennen auf die Saison 2020 zurück - Besonders auf die letzten Qualifyings ist er stolz
(Motorsport-Total.com) - "Das war wohl die beste Runde, die ich in meiner Formel-1-Karriere gefahren bin." So kommentiert Daniil Kwjat sein vorläufig letztes Qualifying in der Formel 1 mit AlphaTauri. Der Russe konnte sich am Samstag in Abu Dhabi (F1 2020 live im Ticker!) auf Platz sieben einreihen, er war um fast drei Zehntelsekunden schneller als Teamkollege Pierre Gasly.
"Das war wirklich gut, ich bin sehr glücklich. Das ist eine starke Ausgangslage, daher hoffe ich, dass ich ein starkes Rennen fahren kann." Unklar ist weiterhin, ob Kwjat in Abu Dhabi zum letzten Mal ein Formel-1-Rennen bestreiten wird. Alle Anzeichen deuten darauf hin, dass AlphaTauri ihn schon bald gegen Honda-Junior Yuki Tsunoda austauscht.
"Es dauert sehr lange, bis es Neuigkeiten gibt, daher will ich nichts Inoffizielles sagen. Vielleicht sitzt Doktor Marko ja jetzt in seinem Zimmer und überdenkt noch einmal alles", hofft Kwjat. "Helmut weiß natürlich alles über die Zukunft, daher sollte man ihn fragen."
AT01 funktioniert "nun genauo so, wie ich es mag"
Unabhängig davon, ob er eine weitere Chance erhalten werde oder nicht, gibt Kwjat auf der Strecke nicht auf. "Ich pushe immer weiter, ganz egal was passiert. Sollte ich im nächsten Jahr nicht in der Formel 1 sein, dann waren wenigstens meine letzten vier Rennen und Qualifyings sehr stark."
Tatsächlich kam er mit dem AT01 gegen Saisonende immer besser zurecht: In den letzten fünf Zeittrainings schaffte es der Russe viermal ins Q3. In Sachir und nun auch in Abu Dhabi war er um satte zweieinhalb Zehntel schneller als Teamkollege Gasly, er drehte das interne Quali-Duell noch auf 4:13.
"Es geht darum, eine gute Basis dafür zu schaffen, um 2022 zurückzukehren - sollte ich nächstes Jahr nicht fahren. Schon in der Vorwoche habe ich eine perfekte Runde geschafft, diesmal wieder." Wie kam es zur Leistungssteigerung in den letzten Rennen?
"Das war sicherlich eine meiner besten Runden. Sehr sauber, sehr stark. Wir haben ein paar Dinge über das Auto besser verstanden. Es funktioniert nun genau so, wie ich es mag. Das war nicht einfach. Zwar bin ich nach wie vor total am Limit unterwegs und hatte ein paar heikle Momente dabei, aber ich habe es sehr genossen."
Besonders seine letzten beiden Quali-Runden würde er in einem Ranking seiner besten Zeiten ganz vorne sehen. "Es ist recht cool, das sagen zu können. Das bedeutet, dass ich mich als Fahrer weiterentwickelt habe. Damit bin ich zufrieden."
Auch auf seine Runde in Q2 in Barcelona 2019 ist er heute noch stolz, und auch auf seine Qualifying-Zeit in Monaco. "Im Red Bull vielleicht Mexiko 2015, das war auch ziemlich gut." Dass er sich nun vor allem gegen Ende seines zweiten AlphaTauri-Jahres wohler fühlt, hat auch mit dem stärkeren Auto zu tun.
Mehr Vertrauen am Kurveneingang, stabileres Heck
"Ja, das hilft", gibt Kwjat zu. "Ein stärkeres Auto passt besser zu mir. Wenn ich Blut gerochen habe, und ein besseres Ergebnis einfahren könnte, dann tendiere ich auch dazu, besser abzuliefern." Vor allem am Kurveneingang konnte er sich steigern.
"Es geht darum, dass ich Selbstvertrauen habe im Auto, um hart pushen zu können, aber ohne gutes Gefühl auf den Bremsen oder der Lenkung kannst du eine solche Runde nicht fahren. Ansonsten kann das in einem kostspieligen Fehler enden."
"Außerdem setzt das Auto genau das um, was ich davon verlange am Kurveneingang. Das ist wirklich ein guter Fortschritt." Auch das unruhige Heck in der Kurvenmitte konnte AlphaTauri besser in den Griff bekommen. "Das kommt mit der gesamten Verbesserung des Autos."
All diese positiven Effekte führten am Samstag auf Yas Island zu einem relativ geringen Rückstand auf die Spitze: Kwjat lag nur sieben Zehntel hinter der Poleposition von Max Verstappen. "Das ist wirklich cool. Und das ist wirklich nicht viel Rückstand auf so einem langen Kurs. Das zeigt, dass sich das Team in die richtige Richtung weiterentwickelt hat."
Mental konnte sich Kwjat in der Saison 2020 ebenso stärker präsentieren. "Meine Herangehensweise hat sich in diesem Jahr nicht geändert. Ich bin nie wirklich in einen negativen Schneeball-Effekt geraten. Das ist recht einfach, wenn man nach den ersten Rennen realisiert, dass einem das Auto nicht liegt."
Er habe aber nicht aufgegeben. "Ich hätte die Saison aufgeben können, aber habe bis zum letzten Rennen gepusht und mich verbessert. Hätten wir die Saison mit dem Auto, das wir jetzt haben, begonnen, wäre das eine ganz andere Geschichte geworden", ist er überzeugt. "Zu Saisonbeginn war es wohl noch eines jener Autos, dass mir am wenigsten entgegenkam."
Belgien der Wendepunkt: Änderungen am Lenkrad
Tatsächlich meinte Kwjat noch nach dem ersten Triple Header in Ungarn: "Momentan ist es so, als würden das Auto und ich andere Sprachen sprechen." Der Wendepunkt in der Saison war der Belgien-Grand-Prix in Spa. "Das war eine sehr positive Trendumkehr."
"Als ich die Saison begonnen habe, war ich nicht ganz in Einklang mit dem Auto. Ich hatte kein besonders gutes Gefühl mit dem Lenkrad. Von daher mussten wir ein paar Veränderungen in diesem Bereich vornehmen, damit ich wieder so viel Gefühl wie möglich bekomme", schildert er in Spa.
Schon der vierte Platz in Imola bestätigten den Aufwärtstrend. "Nach Imola haben wir ein neues Limit gefunden. Wenn mir das Auto liegt, dann kann ich sehr konkurrenzfähig sein." Nachsatz: "Im richtigen Auto kann ich auch um die Weltmeisterschaft kämpfen, darüber habe ich keine Zweifel."
Der Traum vom WM-Titel rückt für Kwjat aber wohl zunächst in weite Ferne. "Sollte ich nächstes Jahr nicht Formel 1 fahren, dann will ich 2022 zurückkehren, das ist mein oberstes Ziel. Mein Manager Nicolas [Todt] spricht mit vielen Leuten. Alles ist sehr offen."