• 20. November 2020 · 13:39 Uhr

Formel-1-Fahrer: Türkei-Umstände dürfen sich nicht wiederholen

Warum die Formel-1-Fahrer wenig begeistert waren vom Türkei-Grand-Prix und weshalb sie sich gegen weitere Rennen dieser Art sträuben

(Motorsport-Total.com) - Es war eine Fahrt ins Ungewisse und für viele Fans ein unterhaltsamer Grand Prix. Doch nicht jeder hatte seinen Spaß am Formel-1-Rennen in der Türkei. Die Fahrer selbst nämlich meinen: Wiederholenswert sei ein Grand Prix unter solchen Umständen nicht.

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"Wenn du Chaos willst und Kleinholz und noch dazu Fahrer, die wie Idioten aussehen, dann gibt es andere Rennserien und Sportarten, die du dir anschauen solltest", sagt etwa Williams-Fahrer George Russell.

Einige seiner Formel-1-Kollegen denken ähnlich. Ferrari-Fahrer Charles Leclerc denkt zum Beispiel, derart rutschige Bedingungen "sollten nicht zum Formel-1-Standard werden", auch wenn es auf der Strecke "ziemlich Spaß gemacht" habe, "mit so wenig Grip zu fahren", wie er hinzufügt.

Für Ricciardo war es eine "Anomalie"

Renault-Fahrer Daniel Ricciardo beschreibt das Rennwochenende in der Türkei schlicht als "Anomalie" und verweist auf die frisch asphaltierte Strecke und das nasskalte Regenwetter: "Wenn wir etwas aus diesem Wochenende mitnehmen, dann, dass wir wahrscheinlich nie wieder solche Umstände antreffen werden."


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Es sein auch nicht Sinn der Sache, wenn sich Formel-1-Fahrer in ihren Autos total verloren vorkommen würden. "Und das, wo die Teams doch so viel Geld für die Entwicklung der Fahrzeuge ausgeben und viel Know-How in das Design der schnellsten Rennwagen der Welt investieren", sagt Ricciardo.

Die Situation in Istanbul sei daher höchst unbefriedigend gewesen. "Es war uns schlichtweg nicht möglich, ein Formel-1-Auto ans Limit zu bringen", erklärt er.

Nur eine Linie, praktisch keine Überholchance

"Natürlich: Es ist schwierig, einen Last-Minute-Kalender auf die Beine zu stellen, deshalb will ich auch nicht zu viel Kritik üben. Ich empfehle aber nicht, Strecken einen Monat vor einem Formel-1-Rennen neu zu asphaltieren."

Es habe "praktisch nur eine Linie" gegeben, sagt Ricciardo weiter. Und nur diese eine Linie habe "ein bisschen Grip" geboten. "Bist du von dieser Linie runter, hattest du noch viel weniger Grip. Es war das Risiko einfach nicht wert."

Russell pflichtet Ricciardo in diesem Punkt bei und meint: "Es wäre wahrscheinlich egal gewesen, welche Reifen Pirelli hierher gebracht hätte. Es wäre so oder so ein Desaster geworden."

Fahren wie auf Eis

Es habe sich angefühlt, als würde man auf Eis fahren, so der Williams-Mann weiter. "Und wenn du von der Strecke und auf den alten Beton gefahren bist, da hattest du sogar mehr Grip! Selbst die Betonfläche in der Boxengasse, die normalerweise unheimlich rutschig ist, bot mehr Grip als die eigentliche Rennstrecke."


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All das habe dazu geführt, dass die Formel-1-Fahrer regelrecht um den Kurs "geeiert" seien. "Außenstehende fragen sich vielleicht: Wie kann man sich nur drehen, wenn man schon so langsam fährt? Nun, diese Autos sind nicht zum Langsamfahren gebaut worden", erklärt Russell.

"Die Reifen mussten in einem Einsatzfenster arbeiten, für das sie nicht entwickelt worden sind. Und eine Safety-Car-Phase oder eine Rotphase haben alles noch verschlimmert, weil dann die Reifentemperatur komplett flöten ging."

Vettel widerspricht den Fahrerkollegen

"Selbst nach Rennende, als ich das Tempo reduziert hatte für die Ehrenrunde, da wäre ich beinahe noch abgeflogen, weil meine Reifen 30 Grad kühler geworden waren."

"Es war schade, dass wir nichts von der fantastischen Strecke hatten. Denn es gab einfach keinen Grip", meint Russell.

Ferrari-Fahrer Sebastian Vettel aber will genau diesen Punkt nicht als negative Kritik verstehen. Im Gegenteil: "Es stimmt halt auch, dass du unter solchen Bedingungen [als Fahrer] mehr den Unterschied ausmachen kannst. Gerade weil es so rutschig ist und man am Limit fährt", so meint Vettel.

Ein zukunftsträchtiges Format?

Er sagt weiter: "Man hängt noch immer von den Reifen und ihrer Temperatur ab und natürlich vom Auto und wie es funktioniert, aber du hast mehr Spielraum, dich in Szene zu setzen."

In seinen Augen täte die Formel 1 gut daran, sich den Türkei-Grand-Prix und dessen besondere Umstände zum Vorbild zu nehmen. "Der Schlüssel zum Erfolg in der Zukunft wird sein, ein Format zu finden, das solche Rennen ganz normal ermöglicht", sagt Vettel. "Dass man auch mal die Möglichkeit hat, [strategisch] was ganz anderes zu machen und das aufgehen kann."

"Einen solchen Kompromiss zu finden, das dürfte aber schwierig werden in der Formel 1, weil hier alle Teams nach Perfektion streben. Das bedeutet: wenige Fehler und nur geringe Unterschiede zwischen Fahrern und Teams. Weil es in Istanbul aber so offen war, gab es mehr Fehler und größere Unterschiede." Zumindest Vettel hat das gefallen.

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