F1-Quali Imola 2020: Hamiltons "hundsmiserable" Runde reicht nur zu P2
Analyse des Qualifyings zum Grand Prix der Emilia-Romagna: Wo Bottas die Pole geholt hat, was Verstappens Problem war und wie schlecht es für Vettel lief
(Motorsport-Total.com) - Valtteri Bottas hat im Qualifying-Duell 2020 gegen Lewis Hamilton auf 4:9 gestellt und sich damit die Pole-Position zum Grand Prix der Emilia-Romagna (Formel 1 2020 live im Ticker!) gesichert. Der Mercedes-Pilot erzielte im Qualifying in Imola eine Bestzeit von 1:13.609 Minuten und verwies Hamilton (+0,097) und Max Verstappen im Red Bull (+0,567) auf die Plätze.
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Valtteri Bottas zeigte seinen Gegnern im Imola-Qualifying den Auspuff Zoom Download
Das Überraschungsteam war AlphaTauri mit den Positionen vier (Pierre Gasly) und acht (Daniil Kwjat). Sebastian Vettel (Ferrari) verlor sein Stallduell gegen Charles Leclerc (7.) in Q2 um 0,368 Sekunden und wurde 14.
Es war übrigens das erste Formel-1-Qualifying in Imola seit 2006 (Grand Prix von San Marino). Damals sicherte sich Michael Schumacher auf Ferrari mit einer Q3-Zeit von 1:22.795 Minuten die Pole-Position. In Q2 hatte Schumacher vor 14 Jahren sogar 1:22.579 Minuten erzielt.
Seither ist die Formel 1 um rund neun Sekunden schneller geworden. Wenn der Vergleich auch hinkt, weil es in Imola damals noch eine Schikane vor Start und Ziel gab.
Wie lief der Kampf um die Pole in Q3?
Bottas hatte schon in Q1 und Q2 Bestzeit erzielt. In der ersten Q3-Runde lag er nach 23 Fahrsekunden eine halbe Sekunde vor Hamilton! Am Ende der Runde hatte er trotzdem 0,031 Sekunden Rückstand - und das, obwohl Hamilton in Kurve 18 ein Rad neben der Fahrbahn hatte. Alles deutete auf Hamilton hin.
"Meine zweite Runde in Q3 war besser als meine erste", sagt Bottas. Am Ende hatte er die Nase um 0,097 Sekunden vor Hamilton. Der war mit seiner Performance nicht zufrieden: "Man kann's nicht immer perfekt hinbekommen. Meine zweite Runde war hundsmiserabel." Bottas habe aber trotzdem einen "guten Job" gemacht, findet er.
Von hinten hatte das Mercedes-Duo diesmal keine Konkurrenz. Verstappen steigerte sich zwar auf seiner zweiten Runde; doch gefährlich wurde er nicht.
Welches Problem hatte Verstappen in Q2?
Mercedes, Red Bull und Ferrari versuchten zunächst, sich auf Medium zu qualifizieren. Verstappen musste aber seinen ersten Run abbrechen. "No power", meldete er am Boxenfunk - und wirkte dabei fast ein bisschen verzweifelt.
"Ich hatte Leistung, dann wieder nicht. Dann wieder Leistung, dann wieder nicht. Sie sagten mir, dass ich weiterfahren soll, aber ich sagte ihnen: 'Das ergibt keinen Sinn, ich komme an die Box!' Ich verlor zu viel Zeit auf den Geraden", schildert er.
Verstappen fuhr an die Box, wo seine Crew schnell eine Zündkerze tauschte. In der modernen Formel 1 ein selten gewordener Defekt. "Unsere Mechaniker haben wieder einen super Job gemacht und diese Zündkerze in Rekordzeit gewechselt", lobt Red-Bull-Motorsportkonsulent Helmut Marko im 'ORF'.
Anschließend ging Verstappen nochmal mit Medium auf die Strecke (anders als die beiden Ferraris und Teamkollege Alexander Albon) und zog locker ins Q3 ein.
Dort war er dann kein Gegner für Mercedes. Nach der ersten Runde hatte er nur eine Zehntelsekunde Vorsprung auf Gasly. Seine zweite Runde war besser. Die technischen Probleme, gibt er zu, haben seinen Rhythmus gebrochen und seien "nicht ideal" gewesen.
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Warum musste Bottas schon in Q1 zittern?
Beinahe wäre der spätere Polesetter bereits im ersten Segment ausgeschieden. Seine erste Runde musste er abbrechen, weil er von einem Racing Point aufgehalten wurde. Er fuhr dann eine Zeit von 1:14.626 Minuten, die für Q2 gereich hätte. Die wurde ihm aber aberkannt (Track-Limits). Erst 2:32 Minuten vor Ablauf der Zeit löste er sein Ticket für die nächste Runde.
Wie stehen Bottas' Chancen auf den Sieg?
Zuletzt war er auf eine schnelle Runde öfter mal an Hamilton dran. Im Renntrimm sah es dann meistens anders aus. Mercedes-Teamchef Toto Wolff weiß: "Auf eine Runde ist er unheimlich schnell. Das sieht man jetzt auch wieder."
"Im Rennen geht es auch ums Reifenverstehen und Reifeneinschätzen. Und ich glaube, da hat Lewis einfach immer noch einen Vorsprung. Aber die Formkurve und die Entwicklungskurve von Valtteri zeigen jedenfalls in die richtige Richtung."
Warum waren die AlphaTauris so stark?
Womöglich auch, weil sie Ende Juni als einziges Team in Imola getestet haben. Zwar nicht mit dem aktuellen Auto, aber die dabei gesammelten Daten waren angesichts der verkürzten Trainingszeit mutmaßlich wertvoll. Gasly und Daniil Kwjat hatten jedenfalls schon im Freien Training in den Top 10 mitgemischt.
"Der ganze Tag war gut", sagt Gasly. "Ich habe nach dem Training ein paar Kleinigkeiten umgestellt. Im Quali waren meine Runden durch die Bank gut. Ich bin zufrieden damit, mein bisher bestes Qualifying-Ergebnis eingestellt zu haben. Wir sind hier 15 Kilometer von unserer Fabrik entfernt. Es ist ein wichtiges Rennen für uns. Scheint, dass Italien dieses Jahr aus irgendeinem Grund besonders freundlich zu uns ist!"
Warum ist Vettel schon wieder vor Q3 ausgeschieden?
Das Qualifying-Duell (2:11 gegen Leclerc) sieht für Vettel 2020 nicht gut aus. Erst dreimal hat er es an einem Samstag in die Top 10 geschafft. Einmal ist er in Q1 ausgeschieden, zehnmal in Q2. Auf den Cut fehlten in Imola 0,334 Sekunden. Auf den Teamkollegen 0,368 Sekunden.
Dabei hatte er "ein gutes Gefühl", wie der Ferrari-Fahrer zugibt: "Ich war relativ zufrieden mit den Runden, die ich hatte. Aber egal. Letztes Mal hatte ich kein gutes Gefühl, heute ein besseres Gefühl - aber die Performance war mehr oder weniger gleich."
Seine letzte Runde war nicht perfekt: "Zum Schluss habe ich probiert, alles in die Waagschale zu werfen, und habe dann das Auto ein wenig verloren. Mir war dann auch klar, dass ich ein bisschen weit rausgekommen bin. Aber ich dachte, wenn ich es nicht probiere, werfe ich es mir später vor."
Konsequenz: Seine Bestzeit von 1:15.274 Minuten wurde wegen Track-Limits gestrichen. Einen großen Unterschied machte das aber nicht. Sonst wäre er nicht 14. geworden, sondern 13. Williams-Pilot George Russell freut sich drüber.
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Wie lief es für Albon?
Red Bulls Nummer 2 steht dieses Wochenende unter Druck. Wenn die Leistungen nicht bald besser werden, kommt entweder Nico Hülkenberg oder Sergio Perez. Und tatsächlich: Albons Leistung war zwar weit weg von überzeugend - aber 0,396 Sekunden Rückstand auf Verstappen (der mit seiner Leistung sehr unzufrieden war) sind für ihn eine Steigerung.
Albon geht in Imola somit vom sechsten Startplatz ins Rennen. Daniel Ricciardo (Renault) steht nur 0,052 Sekunden vor ihm. Nach hinten hatte er 0,044 Sekunden Vorsprung auf Leclerc.
Allerdings wäre es beinahe schon davor eng geworden für Albon. In Q1 lag er bis 1:32 Minuten vor Schluss auf dem letzten Platz. Seine erste Runde hatte man ihm wegen Track-Limits gestrichen. Ein Malheur, das ihm in Q3 noch einmal passierte, da aber ohne Folgen blieb.
In Q2 wurde es noch einmal hektisch um den Thailänder. Seine erste Runde auf Medium endete mit einem Dreher in Kurve 15. Als er zurück an die Box fuhr, musste er noch einen Zwischenstopp auf der FIA-Waage einlegen. Mit dem Soft schaffte er dann aber doch noch sicher den Sprung ins Q3.
Warum ist Räikkönen schon in Q1 ausgeschieden?
Der einzige Fahrer, der in Imola schon Qualifyings bestritten hatte, schied als 18. aus. Bitter, denn seine Bestzeit von 1:15.758 Minuten hätte in Q1 eigentlich für den 14. Platz gereicht, vor dem Russell-Williams. Grund für die Streichung: Track-Limits.
Bereits Räikkönens erste Runde in Q1 war gestrichen worden. Als man ihm dann auch die zweite wegnahm, konnte er das zunächst nicht glauben: "Niemals! Ich war doch auf dem Randstein." Später sah er ein, dass es keinen Sinn macht, sich auf Diskussionen mit den FIA-Kommissaren einzulassen: "Die ändern ihre Meinung sowieso nicht mehr."
Noch schlechter erging es seinem Teamkollegen Antonio Giovinazzi. Der wurde ausgerechnet beim Heimrennen von Alfa Romeo 20. und Letzter.
Wie viele Zeiten wurden wegen Track-Limits gestrichen?
Insgesamt acht. Davon fünf in Q1, zwei in Q2 und eine in Q3.
Kann man in Imola überholen?
Nein, wenn es nach Hamilton geht: "Die Strecke ist wunderschön zu fahren, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass wir ein ziemlich langweiliges Rennen erleben werden. Bei Start und Ziel kann man vielleicht überholen, aber es ist überall so eng und man kann schlecht folgen. Sobald alle durch Kurve 1 sind, wird sich ein Zug bilden, ohne ein einziges Überholmanöver. Das wird eine echte Herausforderung." Nur mit DRS könne man vielleicht vor Kurve 1 etwas probieren, glaubt er.
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