Daniel Ricciardos Dreher: Doch kein Fahrfehler?
So erklärt Renault-Fahrer Daniel Ricciardo seinen Dreher im Qualifying in Portimao und wie er sein aktuelles Auftreten in der Formel 1 einschätzt
(Motorsport-Total.com) - Es hätte mehr sein können als P10 in der Startaufstellung zum Portugal-Grand-Prix in Portimao (alle Formel-1-Rennen 2020 im kostenlosen Liveticker verfolgen!) für Daniel Ricciardo. Doch ein Moment der Unachtsamkeit raubte dem Renault-Fahrer die Chance auf mehr im Qualifying. Oder war es gar kein Fahrfehler, der zum Dreher in Q2 geführt hatte?
© Motorsport Images
Daniel Ricciardo flog im Q2-Qualifying in Portimao ab, vermutlich nach Windstoß Zoom Download
Ricciardo selbst sagt über die Szene in Kurve 11, es seien zwar Fahrzeuge abseits der Ideallinie unterwegs gewesen, aber mehr als das habe ihn der Wind gestört. "Und unsere Autos reagieren ziemlich sensibel darauf", erklärt er. "Beim Lenken und beim Bremsen, da kommt es schon darauf an, wo der Wind herkommt."
In Kurve 11 trat offenbar ein für Ricciardo ungünstiger Windstoß auf. "Ich habe praktisch sofort beim Kurveneingang das Heck verloren", sagt Ricciardo.
Teamkollege stützt "Windtheorie"
Eine Theorie, die durch die Aussagen seines Renault-Teamkollegen Esteban Ocon gestützt wird. Auch dieser meint: Der Wind hat eine Rolle gespielt im Qualifying.
O-Ton Ocon: "Ich hatte mein Auto eine Runde zuvor an genau der gleichen Stelle verloren. Da hatte der Wind zugelegt, und mir war ein Windstoß in die Quere gekommen."
Außerdem gibt Ocon an, der Renault R.S.20 liege in Portimao "definitiv" nicht gut. "Das Heck fühlt sich schon das gesamte Wochenende über leicht an, war instabil. Das war bisher unser Hauptproblem", so erklärt Ocon.
Ricciardo dachte erst, er könnte es noch retten
"Es ist uns zwar gelungen, die Sache zu verbessern, aber nicht in dem Ausmaß, wie wir uns das gewünscht hatten." Auch das könnte zum Ricciardo-Dreher beigetragen haben.
Apropos: Ricciardo glaubte im ersten Moment, es sei nur halb so wild. "Im Drehen dachte ich noch: Okay, dann drehe ich das Auto halt wieder hin und fahre weiter, aber dann rutschte ich immer weiter, bis ich die Banden traf und den Heckflügel beschädigte." Und das hatte Folgen für das weitere Qualifying.
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Weil der Heckflügel Schaden genommen hatte und sich die Reparatur in der Renault-Box hinzog, fuhr Ricciardo in Q3 keine Runde. "Das Team hätte es beinahe geschafft, mich in Q3 noch einmal rauszuschicken", sagt Ricciardo.
Jetzt erst recht: Ricciardo will nach vorne
"Ich glaube, am Ende fehlte eine Minute. Und das ist schade. Denn in den Rückspiegeln habe ich gesehen, wie hart die Mannschaft gearbeitet hat, damit es noch reicht für mich."
Den Ärger über das verpasste Q3 und den Frust darüber, das Team "im Stich gelassen" zu haben, will Ricciardo im Rennen "wieder wettmachen" und von P10 aus noch einige Positionen nach vorne fahren.
Denn im Rennen, davon ist der Australier überzeugt, kann Renault etwas gegen die direkte Konkurrenz von McLaren und Racing Point ausrichten. "Wenn wir erst einmal einen Rhythmus gefunden haben, dann verhält sich das Auto ein bisschen besser", meint er.
Die große Schwäche von Renault
"Über eine Runde hatten wir an diesem Wochenende etwas zu kämpfen. Weil die Strecke so rutschig ist, fährt jeder mit maximalem Abtrieb. Wir haben uns da zwar schon gesteigert, aber es ist immer noch unsere große Schwäche."
"Einige Autos haben weiterhin bessere Pakete für viel Abtrieb. Damit kriegen sie uns auf einer Runde, weil uns ein, zwei Zehntel fehlen. Im Rennen, wenn wir in einen Rhythmus kommen und die Reifen arbeiten, dann sollte es okay sein."
Für "in Ordnung" befindet derweil auch Ocon seine Leistung an der Seite von Ricciardo, obwohl der Renault-interne Vergleich nicht zu seinen Gunsten ausfällt. Ocon sagt dennoch: "Ich bin definitiv zufrieden mit der Pace, die wir in letzter Zeit gefunden haben."
Ocon: Wirklich näher dran an Ricciardo?
Erst einmal hat Ocon Ricciardo im Qualifying besiegt und war sonst meist einige Zehntel langsamer als sein Teamkollege, zuletzt aber in der Tat etwas näher dran. Und es ärgert Ocon, dass im Zweifel trotzdem immer Ricciardo vorne ist. Das sei "schon ein bisschen frustrierend", räumt er ein.
"Bei 13 Hundertstel am Nürburgring und einem Zehntel hier, das kann so oder so ausgehen", erklärt Ocon. "Insgesamt läuft es seit einigen Rennen aber viel besser. So wollen wir weitermachen."
Doch auch Ricciardo gibt an, noch Verbesserungspotenzial zu haben. "Das Streben nach Perfektion hört ja nie auf", meint er. "Mit meiner Leistung und mit meiner Konstanz bin ich zufrieden, und ich habe Freude am Fahren und daran, das Auto dieses Jahr weiter nach vorne zu bringen. Das ist wirklich zufriedenstellend."
Er habe schon einige "gute Jahre" in der Formel 1 gehabt. "Habe ich meinen Zenit schon erreicht? Ich glaube nicht. Ich steigere mich weiter", sagt Ricciardo. "Ich glaube zwar nicht, dass da noch eine Sekunde in mir schlummert, aber wir werden sehen."