• 11. Oktober 2020 · 09:26 Uhr

Wolff kontert auf Rosberg: "Du siehst diese Trends immer wieder ..."

Toto Wolff relativiert die Analyse von Nico Rosberg, wonach Lewis Hamilton in einem Formtief steckt und das die letzte Chance für Valtteri Bottas sein könnte

(Motorsport-Total.com) - Toto Wolff glaubt nicht, dass sich Lewis Hamilton aktuell in einem nachhaltigen Formtief befindet. Nach dem Qualifying zum Grand Prix der Eifel auf dem Nürburgring (Formel 1 2020 live im Ticker) hat der ehemalige Mercedes-Fahrer Nico Rosberg analysiert: "Manchmal hat Lewis so ein Tief, und das dauert dann meistens gleich ein paar Rennen. In dieser Phase muss Valtteri seine Punkte maximieren. Denn das ist die einzige Chance, die er bekommt."

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Nico Rosberg glaubt, dass Valtteri Bottas gerade seine letzte Chance hat ... Zoom Download

Aber das ist Jammern auf hohem Niveau, denn in den letzten zehn Qualifyings ging Hamilton achtmal als Sieger hervor. Nur beim Jubiläums-Grand-Prix in Silverstone und eben jetzt am Nürburgring wurde er von Bottas geschlagen. Einmal um 0,063, einmal um 0,256 Sekunden.

"Das ist genau die Botschaft, die Valtteri senden musste: 'Schau her Lewis, ich bin noch drin in diesem Titelkampf!' Und das noch dazu unter diesem Druck", applaudiert Rosberg gegenüber 'Sky'.

Dazu muss man allerdings ergänzen: Bottas hat in der Fahrer-WM 44 Punkte Rückstand. Selbst wenn er von jetzt an alle Rennen vor Hamilton gewinnen und jeweils den Bonuspunkt für die schnellste Runde abstauben sollte, würde er erst vor dem Saisonfinale in Abu Dhabi in Führung gehen.

Wolff relativiert "Formtief" von Hamilton

Insofern relativiert Wolff etwaiges Gerede über eine angebliche Formkrise beim sechsmaligen Weltmeister: "Du siehst diese Trends immer wieder, dass über ein paar Rennen jemand richtig gut Leistung abrufen kann. Das sind auch nur Menschen. Da gibt's mal einen Hänger." Nachsatz: "Ob das gerade der Fall ist, kann ich gar nicht sagen."

Anstatt Hamilton schlecht zu reden, streicht der Österreicher lieber die Leistung von Bottas hervor: "Unglaublich. Spitzen Leistung. Hat abgewartet und hat dann in Q3 eine mörder Runde rausgelassen. Freut mich sehr, wie er zurückschlägt. Er lässt sich nicht unterkriegen, ist total resilient. Jedenfalls ist die Pole-Position verdient. Schauen wir mal, wie er das umsetzen kann."

Von außen betrachtet könnte man den Eindruck gewinnen, dass Bottas' Sieg in Sotschi (inklusive erlösendem "Fuck-you"-Funkspruch) beim Finnen einen Knoten gelöst hat. Die Hundertstelsekunden und kleinen Situationen, die er vorher meistens gegen sich hatte, scheinen plötzlich zu seinen Gunsten zu spielen.


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Aber Bottas winkt ab: Er könne nicht sagen, ob Sotschi einen Knoten gelöst hat, "denn hier sind wir das Rennen ja noch nicht gefahren. Ich hatte das Gefühl, dass meine Leistung gepasst hat, und auf Pole zu stehen ist gut. Aber es kommt aufs Rennen an."

"Ich hatte nie Zweifel daran, dass ich Poles holen und Rennen gewinnen kann, aber es ist natürlich schön, wenn's dann auch klappt. Ich sehe das aber nicht als Wendepunkt, denn ich fühle mich schon das ganze Jahr sehr stark und ich war oft so nahe dran. Die Dinge haben einfach nie ganz zusammengepasst."

"Sonntag ist ein neuer Tag. Da muss ich mich auf all die Kleinigkeiten konzentrieren, auf die es ankommen wird. Der erste solche Punkt ist der Rennstart. Insofern kann ich mich über die Pole nicht allzu lange freuen, denn letztendlich kommt's nur auf das Rennen an."

Bottas: Anpassungsfähiger als andere?

Die Theorie, dass Bottas besonders gut darin ist, sich mit wenig Trainingszeit schneller auf Umstände einzustellen als andere, kursiert jetzt ebenfalls im Fahrerlager. "Ich weiß nicht, ob ich das besser kann als andere", sagt der 31-Jährige selbst. "In der Formel 1 ist jeder Fahrer enorm talentiert, sehr reaktionsfreudig und dazu in der Lage, schnell zu lernen und sich auf Neues einzustellen."

Aber: "Es stimmt, dass ich das mag. Ich liebe es, in kurzer Zeit hinter die kleinen Details zu kommen und bei unterschiedlichen Bedingungen zu fahren. War schon als Kind so. Ob Eis und Schnee, ganz egal welche Bedingungen, ich habe das immer schon interessant gefunden, möglichst schnell besser zu werden. Aber wie gesagt: In der Formel 1 sind alle Fahrer sehr talentiert."

Besonders Hamilton, der am Nürburgring den Allzeit-Rekord von Michael Schumacher (91 Grand-Prix-Siege) brechen könnte. Den ersten "Matchball" hatte er schon in Sotschi - aber "Sotschi war mit Sicherheit insgesamt ein schwieriges Rennen für Lewis", räumt Wolff ein. Weniger weil er nicht gewonnen hat, sondern eher wegen der vermeintlich unfairen Zeitstrafe.

Hamilton ist immer dann verwundbar, wenn er sich ungerecht behandelt fühlt. Insider beobachten an ihm dann das Muster, dass er seinen Ärger zunächst für sich behalten möchte - bis er irgendwann doch rausplatzt. Damit geht aber der Fokus aufs Wesentliche verloren. Davon hat Bottas seit Sotschi möglicherweise profitiert.

Dazu kommt, so merkwürdig es klingen mag, das Coronavirus. Wolff erklärt: "Das Abschotten ist glaube ich nicht einfach. Wenn du keine soziale Interaktion hast, nicht mal ins Restaurant gehen kannst oder ins Kaffeehaus, oder ins Gym mit anderen, dann ist das natürlich mühsam. Aber ich sehe da überhaupt keinen Einbruch der Leistungsfähigkeit. Sondern das ist vielleicht eine Phase."

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