Reifenstrategie im Rennen: Und was passiert nach dem ersten Stint?
Kaum Erfahrungswerte: Wie sich die Formel-1-Fahrer nach dem ausgefallenen Freitagstraining den Verlauf des Eifel-Grand-Prix auf dem Nürburgring vorstellen
(Motorsport-Total.com) - "Es dürfte ein gutes Rennen werden, mit etwas weniger Perfektion als sonst." So fasst Ferrari-Sportdirektor Laurent Mekies die Ausgangslage vor dem Eifel-Grand-Prix auf dem Nürburgring (Formel 1 2020 im Liveticker verfolgen!) zusammen. Denn weil das Training am Freitag komplett ausgefallen ist, verfügen die Teams vor Ort über deutlich weniger Erfahrungswerte mit ihren Pirelli-Reifen als unter normalen Umständen.
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Welche Reifen beim ersten Boxenstopp mitnehmen? Das ist noch unklar ... Zoom Download
Hinzu kommt: Der Nürburgring war zuletzt in der Saison 2013 Teil des Formel-1-Kalenders, allzu frisch sind die Daten von vor sieben Jahren also nicht und daher für das heutige Rennen (hier live verfolgen!) nicht relevant.
Mekies rechnet daher mit "Überraschungen, weil keiner die Gelegenheit hatte, Long-runs zu fahren", so erklärt er. Für die Teams gehe es daher darum, in der Anfangsphase des Rennens möglichst rasch herauszufinden, wie sich die Strecke entwickle und welche Reifen das erforderlich mache.
Fahrt ins Ungewisse am Nürburgring
Denn Pole-Mann Valtteri Bottas von Mercedes stellt klar: Nach Fahrplan laufen im Eifel-Grand-Prix nur die ersten Meter. "Wenn man [nach dem ersten Stint] im Rennen den Soft-Reifen runternimmt und einen neuen Reifensatz aufzieht, dann weiß man nicht, wie sich diese neuen Reifen verhalten", sagt er.
Eine Nürburgring-Runde am Mercedes-Simulator
Esteban Gutierrez fährt im Simulator des Mercedes-Teams eine Runde auf dem Nürburgring und erklärt die Tücken der berühmten Strecke Weitere Formel-1-Videos
"Weil wir so wenig gefahren sind, gibt es für jedes Team viele Unbekannte. Es gibt nicht viele Daten für das Fahren bei solchen Temperaturen, abgesehen von den Wintertests." Und kühl wird es in jedem Fall: Laut der aktuellen Wetterprognose bleibt es vermutlich bei knapp zehn Grad Celsius, höchstens.
"Die Vorderreifen", meint WM-Spitzenreiter Lewis Hamilton, "leiden meist ein bisschen mehr unter solchen Bedingungen. Da kriegst du leichter Untersteuern. Und wenn es eine Safety-Car-Phase geben sollte, dann dürfte es schwierig werden, die Reifen wieder ins Einsatzfenster zu kriegen. Wenn es kühler ist, kannst du aber etwas länger mit den Reifen fahren."
Pirelli empfiehlt zwei Reifenwechsel
All das gilt es in die Strategieplanung mit einzubeziehen. Und laut Formel-1-Reifenlieferant Pirelli sind die Strategen heute mehr gefordert als sonst: Der Ausrüster glaubt, eine Zweistopp-Taktik wird sich im Rennen als schnellste Variante erweisen.
Wer auf Soft-Reifen losfahre, in Runde 19 auf Medium wechsle und damit 22 Runden bestreite, der könne zum Schluss noch einmal für 19 Runden mit Soft fahren. Das ist die "theoretisch schnellste Strategie", erklärt Pirelli. Alternativ dazu wären auch zwei Stints mit Medium-Reifen möglich, aber etwas langsamer.
Eine Einstopp-Taktik mit erst Medium oder hart und im zweiten Stint jeweils umgekehrt, wäre laut Pirelli deutlich langsamer als die anderen Vorschläge, aber grundsätzlich ebenfalls machbar. Und: "Die Daten deuten darauf hin, dass eine Einstopp-Taktik mit Medium und Soft nicht möglich sein wird."
Pirelli-Sportchef Mario Isola sagt außerdem: "Was nach dem ersten Stint passiert, müssen wir abwarten. Reifen schonen, das wird entscheidend sein. Denn es könnte ein Rennen werden, von dem wir nicht wissen, wie es sich entwickelt, mit unsicherer Wetterlage."