• 27. September 2020 · 17:32 Uhr

Lewis Hamilton reagiert auf Strafen: "Interessante Entscheidung ..."

Nach zwei Zeitstrafen für Übungsstart-Vergehen: Was Mercedes-Fahrer Lewis Hamilton vom Urteil der Formel-1-Sportkommissare in Sotschi hält

(Motorsport-Total.com) - "Spielt keine Rolle mehr", hatte Lewis Hamilton gesagt, als er direkt nach dem Formel-1-Rennen in Sotschi zu seinen beiden Zeitstrafen befragt worden war. Er wollte eigentlich gar nichts mehr dazu sagen. In der Pressekonferenz nach der Podestzeremonie aber ging Mercedes-Fahrer Hamilton sehr wohl noch einmal darauf ein, und er fand deutliche Worte.

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Mercedes-Fahrer Lewis Hamilton hält die Strafen gegen ihn für "lächerlich" Zoom Download

"Ich bin mir sicher: Für so etwas Lächerliches hat noch niemand zwei Fünf-Sekunden-Strafen gekriegt", meint der WM-Spitzenreiter. "Ich muss mir [aber] erst einmal anschauen, was die Regeln sagen, oder was ich falsch gemacht habe."

Das ist schnell erklärt: Hamilton hatte vor dem Rennstart bei der Fahrt in die Startaufstellung am Ende der Boxengasse angehalten und einen Übungsstart absolviert - zwei Mal, auf identische Art und Weise. Und zwar nicht an dem dafür eigentlich vorgesehenen Platz, der vorab in den sogenannten Event-Notes von Formel-1-Rennleiter Michael Masi festgehalten worden war.

Was in den "Event-Notes" steht

Wörtlich steht dort in Abschnitt 19.1: "Übungsstarts dürfen nur auf der rechten Fahrbahnseite nach der Ampel am Boxenausgang durchgeführt werden. [...] Fahrer müssen zu ihrer Linken ausreichend Raum lassen, damit ein anderer Fahrer vorbeifahren kann."

Und unter Punkt 19.2 folgt: "Aus Sicherheitsgründen und der sportlichen Gerechtigkeit wegen dürfen Autos ohne gerechtfertigten Grund nicht in der Fast-Lane stehenbleiben, wann immer die Boxengasse geöffnet ist."

Hamilton aber blieb in der Fast-Lane stehen, nämlich im weiteren Verlauf der Boxengasse, auf der Höhe der Einmündung zurück in die Rennstrecke.

Hamilton erkennt keinen Regelverstoß

Er selbst ist sich aber keiner Schuld bewusst: "Über die Jahre habe ich das auf einer Million Rennstrecken gemacht, und nie ist es in Frage gestellt worden. Da kann man sich jedes meiner Rennen anschauen, zumindest in diesem Jahr."

Bei Übungsstarts fahre er generell "immer etwas weiter vorne los", und "bisher ohne Probleme", sagt Hamilton.

"Oftmals will ich nicht auf dem Gummiabrieb stehen. Das ist der Bereich, in dem jeder seine Starts übt. Das ist aber nicht repräsentativ für die Startgerade. Deshalb versuche ich immer, auf eine Stelle zu fahren, auf der eben kein Gummiabrieb liegt."

Keine Solo-Entscheidung, sondern Beratung mit dem Team

In Sotschi sei er erstmals so weit vorgefahren wie dieses Mal. Die Regeln, die angesprochenen Event-Notes, hätten das ja nicht verboten. Hamilton: "Es heißt, man soll sich nach der Ampel auf die rechte Seite stellen, aber nicht, wie weit vorne man sein darf."


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Hamilton bejaht die Frage, ob er sich mit dem Team über den Übungsstart und den Ort der Ausführung ausgetauscht habe. "Unserer Meinung nach schien es okay zu sein. Es ist ja nicht anders als in Brasilien: Man fährt ans Ende der Boxengasse und macht seinen Start."

"Im Vergleich zu Brasilien ist die Stelle, wo ich heute war, wahrscheinlich sogar sicherer, denn da gab es viel mehr Platz auf der linken Seite. Also: interessante Entscheidung."

Hamilton unterstellt der Rennleitung Vorsatz

Was Hamilton dabei aber übersieht: In Brasilien erfolgen die Startübungen aus praktischen Gründen immer am Ende der Boxengasse, weil deren Ausfahrt zunächst zu eng gehalten ist, sodass gefahrlose Trainingsstarts dort unmöglich wären.

Was Hamilton aber erkennt, ist ein zu hohes Maß an Aufmerksamkeit durch die Formel-1-Sportkommissare. "Aber damit muss man ja rechnen", meint Hamilton bei 'Sky' und wirft den Offiziellen einen Eingriff in das sportliche Geschehen vor: "Sie versuchen halt, mich aufzuhalten, oder nicht?"

Auf die Nachfrage, ob er das wirklich ernst meine, antwortet Hamilton noch einmal: "Natürlich."

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Später, in der Pressekonferenz, schwächte er diese Aussage etwas ab und gab an, "nicht notwendigerweise" so zu denken. "Es ist aber schon so, dass man bei den Spitzenteams ganz genau hinschaut."

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"Alles, was wir am Auto haben, das wird überprüft, und nochmals, und wieder. Man ändert die Regeln, wie jetzt beim Antrieb. Viele Dinge, um Hürden in den Weg zu stellen, damit die Rennen spannend sind, vermute ich. Ich weiß nicht, ob die Regeln, die heute zum Tragen gekommen sind, etwas damit zu tun haben, aber es fühlt sich so an."

Er müsse deshalb einen "schweren Kampf" führen, sagt Hamilton. "Es ist ja nicht so, als hätte ich bisher noch keine Widerstände zu überwinden gehabt. Wir bleiben konzentriert und kämpfen weiter, werden versuchen, bessere Arbeit zu leisten und sauberer zu agieren. Dann sehen wir, was passiert."

Mercedes akzeptiert die Strafen ohne Protest

Ob er ein klärendes Gespräch mit den Sportkommissaren oder Rennleiter Masi anstrebe, das wisse er noch nicht zu sagen. "Ich habe noch keine Entscheidung getroffen", erklärt Hamilton. "Im Augenblick freue ich mich darauf, nach Hause zu fahren."

Er habe nicht den Eindruck, dass alle Beteiligten mit gleichem Verständnis darüber, was erlaubt sei und was nicht, vorgehen würden. Auf die Frage "Are we all on the same page?" antwortete Hamilton: "Ich glaube nicht." Und er lacht. Weiter sagt Hamilton: "Vielleicht befinden wir uns auf unterschiedlichen Seiten, aber ich habe offenbar ein paar Seiten ausgelassen."

Mercedes-Sportchef Toto Wolff indes gibt an, die Formel-1-Sportkommissare und deren Entscheidung zu respektieren. Aber: "In dem Fall stimme ich ihnen nicht zu. Die Event-Notes besagen, wenn ich richtig informiert bin, dass du die Übungsstarts nach der Ampel auf der rechten Seite der Boxengasse machen musst. Wo genau, das ist nicht spezifiziert."

Hamiltons Mercedes-Team werde aber keinen Protest einlegen, versichert Wolff. Damit bleibt es bei den beiden Fünf-Sekunden-Zeitstrafen gegen Hamilton und bei zwei Strafpunkten auf seine Formel-1-Superlizenz - und bei Platz drei im Russland-Grand-Prix hinter Valtteri Bottas und Max Verstappen.

Besagte Strafpunkte wurden im Nachklapp von den Sportkommissaren annulliert. Begründung: "Die Sportkommissare haben erfahren, dass der Fahrer vom Team dazu instruiert worden ist, die Startübung an einer falschen Stelle durchzuführen." Deshalb setzte es eine Geldstrafe von zwei Mal 25.000 Euro gegen Mercedes.

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