Erklärt: Warum Daniel Ricciardo die zweite Startreihe verpasst hat
Renault-Fahrer Daniel Ricciardo war stark im Qualifying in Sotschi, aber warum im entscheidenden Moment in Q3 eigentlich nicht mehr stark genug?
(Motorsport-Total.com) - 1:32.218 Minuten in Q2 waren ein kleines Ausrufezeichen. Zumal von einem Renault-Fahrer und an der Spitze der Zeitenliste. Verantwortlich dafür zeichnete Daniel Ricciardo mit der "fast perfekten Runde", wie er sagt. Dass es am Ende "nur" Platz fünf in der Startaufstellung zum Russland-Grand-Prix 2020 in Sotschi (hier im Formel-1-Liveticker verfolgen!) wurde, ist daher fast eine Enttäuschung. Oder doch nicht?
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Daniel Ricciardo wurde im Qualifying in Sotschi solider Fünfter für Renault Zoom Download
Ricciardo selbst kann sich mit seiner Platzierung arrangieren. Er sagt: "Es fühlt sich gut an. Wir hatten jetzt ein paar starke Samstage." Sotschi habe diesen Trend bestätigt.
Und mehr: Ricciardo schaffte zum dritten Mal in den vergangenen fünf Qualifyings den Sprung unter die Top 5. Sein Renault-Teamkollege Esteban Ocon erzielte P7. "Das ist in Ordnung", meint Renault-Technikchef Alan Permane. "Sieht gut aus für morgen."
Mit Q2 war man bei Renault schon zufrieden
Sein Team habe sich "mit zwei Autos mittendrin" platziert, und "vor McLaren und im Durchschnitt auch vor Racing Point". Damit könne er leben, wenngleich Q2 Lust auf mehr gemacht habe.
Man sei bei Renault aber auch realistisch, sagt Permane weiter. "Ich habe nach Q2 schon zu Cyril [Abiteboul] gesagt: 'Wenn er die Rundenzeit wiederholt, passt das.' Denn das war eine mega Runde."
Und dann nur 1:32.364 Minuten in Q3, sogar um mehr als eine Zehntelsekunde langsamer. Erste Diagnose von Ricciardo: "Es lag an der Vorbereitung der Reifen."
Warum Ricciardo nicht nachlegen konnte
"Unterm Strich war meine Q2-Runde so gut wie die perfekte Runde. Mir war schon klar, dass eine Wiederholung schwierig werden würde. Normalerweise kannst du in Q3 immer noch etwas mehr herauskitzeln. In Q2 aber fühlte sich alles prima an, die Reifen funktionierten ideal. Alles hat gepasst."
In Q3 sei er dann allerdings ins Hintertreffen geraten, auch aufgrund der Umstände, meint Ricciardo. "Ich hatte in Q2 nur einen Versuch absolviert. Dann kam Rot. Und ich saß für knapp 20 oder 25 Minuten in der Box, bis ich wieder fuhr. Da hat sich die Strecke etwas abgekühlt, glaube ich. Und das haben wir verpasst."
Vor seinen fliegenden Runden im letzten Abschnitt des Qualifyings hätte er mehr Temperatur in die Reifen bringen sollen. Das hätte geholfen, glaubt Ricciardo, aber nicht viel. "Ein Zehntel oder so hätten wir noch drin gehabt, aber keine 1:31er-Zeit, nie."
Vielleicht P4, aber mehr auch nicht
Permane bestätigt diesen Eindruck: "Ich glaube, hätten wir alles auf die Reihe bekommen, wäre der vierte Platz drin gewesen. Mehr nicht." Die 0,047 Sekunden auf Racing-Point-Mann Sergio Perez hätten sich noch irgendwo finden lassen, die drei Zehntel auf Mercedes-Fahrer Valtteri Bottas nicht.
"Die Top 3", sagt Permane, "die können wir nicht herausfordern. Aber hey, kein Problem. Es ist doch schön, nach einem Qualifying mit P5 und P7 nicht ganz zufrieden zu sein."
Zumal Ricciardo betont pessimistisch nach Sotschi gereist war, an eine Strecke, auf der er seit 2015 gerade mal ein Punkteergebnis erzielt hat und nie wirklich gut zurechtgekommen war.
Ricciardos Hausaufgaben vor Sotschi
Was also ist anders in diesem Jahr? "Ich scheine meine Hausaufgaben gemacht zu haben", meint Ricciardo, der angibt, vorab "ziemlich viele Daten und Onboard-Aufnahmen" gesichtet zu haben.
"Wenn man sich die Bilder aus dem Vorjahr ansieht: Das Auto schien sich ein bisschen zu gut fahren zu lassen. Unterm Strich war es langsam. Deshalb habe ich versucht, den Wohlfühlfaktor im Unwohlsein zu finden."
Was er damit meint: "Mal quer denken und das Auto so einstellen, wie es dich auf anderen Strecken schocken würde. Einfach ein aggressiveres Set-up hernehmen, mehr Risiko gehen." Und diese Taktik ging auf.
Q2-Spitzenleistung ist schon für Witze gut
Ricciardo und Renault hatten bereits im Freitagstraining überzeugt. "Das haben wir heute noch einmal bestätigt. Also so weit, so gut."
Ein bisschen aber ärgert ihn, erneut in Q3 nicht schneller gewesen zu sein. "In Mugello habe ich einfach keine saubere Runde hingekriegt. Das nehme ich auf meine Kappe", sagt Ricciardo.
Und Permane witzelt: "Wird zur Gewohnheit, dass er in Q2 solche Runden auspackt!" Den Transfer hinüber auf Q3 wird sich Ricciardo dann als nächste Hausaufgabe vornehmen.