• 13. September 2020 · 21:48 Uhr

Re-Start-Chaos: Mercedes war das Problem vor dem Rennen bewusst

Sebastian Vettel und andere Fahrer üben für den Re-Start in Mugello Kritik an Valtteri Bottas, der sieht sich selbst aber nicht in der Verantwortung

(Motorsport-Total.com) - Die Anschuldigungen beim Toskana-Grand-Prix wogen schwer. Ob man ihn habe umbringen wollen, funkte Romain Grosjean gleich nach einem der größten Unfälle der jüngeren Formel-1-Geschichte. "Wer auch immer da an der Spitze lag, das war total dämlich!" Doch Mercedes-Pilot Valtteri Bottas fühlt sich unschuldig - und bekommt Rückendeckung von seinem Teamkollegen Lewis Hamilton.

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Die vordere Hälfte des Feldes kommt weg, während dahinter das Chaos ausbricht Zoom Download

Das ist jedoch nur die halbe Geschichte. Denn Mercedes war auf mögliche Safety-Car-Re-Starts in Mugello natürlich vorbereitet. Und hat das Thema sogar im teaminternen Strategiemeeting am Sonntagmorgen noch besprochen.

Das Team habe gesagt, dass die Freigabe nach einer Safety-Car-Phase bei Start und Ziel auf dieser Strecke "eine Sorge" sei, räumt Bottas ein. Und: "Sie haben auch gesagt, dass sie (die FIA; Anm. d. Red.) daran festhalten wird, weil es besser für die Show ist. Soweit ich mich erinnere war das die Antwort."

Andrew Shovlin, leitender Renningenieur beim Mercedes-Team, erklärt die Taktik, die er mit seinen Fahrern abgesprochen hat: "Wir haben heute Vormittag viel Zeit damit verbracht, alles genau zu besprechen, und wussten, dass die Lichter des Safety-Cars sehr spät ausgehen würden. Deshalb durfte der Führende nicht zu früh anziehen, ansonsten würden ihn alle aus seinem Windschatten heraus überholen."


Fotostrecke: In Bildern: Der Re-Start-Crash beim Formel-1-Rennen in Mugello

"Valtteri kontrollierte die Pace zu diesem Zeitpunkt und sein Timing war gut, aber hinter ihm sah es so aus, als ob einige Autos ein wenig zu früh beschleunigt haben. Das löste das Chaos aus, das zur roten Flagge führte."

Sind die neuen Regeln gefährlich?

Andere sehen das nicht so. Sebastian Vettel hält das Verhalten von Bottas für "unnötig. Als Spitzenreiter muss man sich über solche Dinge im Klaren sein. Wenn man warten will, sollte man lange warten und dann Gas geben, aber kein Stop-&-Go machen. Es ist wie auf der Autobahn. Fünf bis zehn Fahrzeuge hinter einem gibt es dann höchstwahrscheinlich einen Unfall. Zum Glück sind alle unverletzt geblieben."

Bottas findet hingegen nicht, dass er etwas falsch gemacht habe: "Wir dürfen ab der Kontroll-Linie überholen. Diese Regel besteht schon seit einiger Zeit. Der Unterschied beim Safety-Car ist, dass sie die Lichter neuerdings so spät ausschalten. Sie versuchen, die Show zu verbessern, damit der Führende keinen Abstand [zum Safety-Car] aufbauen kann. Vielleicht sollte man mal darüber nachdenken, ob das so richtig ist."

Hamilton, der direkt hinter Bottas auf Position zwei fuhr, sieht es ähnlich: "Das ist absolut nicht Valtteris Schuld. Er hat nur getan, was alle getan hätten. Es liegt an den Regelmachern. Sie wollen es spannender machen, aber letztlich haben sie Menschen in Gefahr gebracht. Sie sollten das überdenken."

"Sie haben den Punkt, an dem das Safety-Car die Lichter ausschaltet, immer später und noch später und noch später gelegt. Wir kämpfen da draußen mit allen Mitteln, besonders wenn man sich eine Position erkämpft hat wie Valtteri und das Feld anführt."

Unterhaltsame Randanekdote: Bevor Bottas ansprach, dass das Mercedes-Team die Thematik am Sonntagmorgen noch besprochen hatte, wurde Hamilton dieselbe Frage gestellt. Er entgegnete nur: "Nein, ich kann mich nicht erinnern. Haben wir das?"

Falsches Timing im Mittelfeld Schuld?

Bottas ergänzt: "Natürlich versucht man, seine Chancen zu maximieren, wenn man in Führung liegt. Da kann man mir keinen Vorwurf für machen. Ich bin in konstantem Tempo gefahren, bis ich angezogen habe. Ja, ich habe spät Gas gegeben. Aber noch vor der Kontrolllinie. Die Typen, die deswegen in einen Unfall verwickelt wurden, hätten ja auch den Spiegel schauen können. Kein Grund, deshalb rumzuheulen."


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Auch andere Fahrer äußerten sich zu dem Unfall. Red-Bull-Pilot Alexander Albon sieht die Schuld eher im Mittelfeld: "Ich denke, die rechnen sich aus, was Valtteri vorhat, und versuchen, Schwung zu holen. Wenn Valtteri dann nicht dort beschleunigt, wo sie denken, dann kommt es zum Ziehharmonikaeffekt." Nicht weniger als zwölf Fahrer wurden deshalb verwarnt.

Auch Albon übt, wenn auch etwas indirekter als Hamilton und Bottas, Kritik an den neuen Regeln: "Das ist gefährlich, aber auch vorhersehbar. Je später man freigibt, umso weniger Zeit lässt man Valtteri für die Entscheidung, wann er Gas gibt. Und umso weniger Zeit hat er selbst."

"Selbst die Top 5 sind beinahe in zwei Reihen gefahren, weil alle auf den Neustart gewartet haben. Das ist gefährlich. Ich denke, auf Strecken wie dieser wird es immer schwierig sein. Aber hier hätte man definitiv etwas besser machen können."

Williams-Fahrer George Russell glaubt, dass die bisherigen Restarts einen Gewöhnungseffekt ausgelöst haben: "Normalerweise wird schon in der letzten Kurve voll durchgezogen. Wenn das nicht passiert, dann entsteht dieser Ziehharmonikaeffekt."

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