• 08. September 2020 · 16:58 Uhr

Pierre Gasly über "Wendepunkt" im Monza-Rennen: "Ist das ein Scherz?"

AlphaTauri-Pilot Pierre Gasly schildert seine wilde Fahrt in Monza: Was er nach dem Boxenstopp dachte und wie er dem Druck von Carlos Sainz standhalten konnte

(Motorsport-Total.com) - Pierre Gasly hat in Monza Formel-1-Geschichte geschrieben. Der Franzose profitierte von einem glücklichen Boxenstopp und fuhr fehlerlos seinen ersten Sieg in der Königsklasse ein. Er schildert, wie er sich in den letzten Rennrunden gefühlt hat und was ihm kurz nach dem Boxenstopp vor der Safety-Car-Phase durch den Kopf gegangen ist.

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Pierre Gasly konnte Carlos Sainz 20 Runden hinter sich halten Zoom Download

"Als ich aus der Boxengasse gefahren kam, habe ich die Safety-Car-Anzeige gesehen und meinte am Teamfunk: 'Ist das ein Scherz? Wir sind zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt reingefahren.'" Gasly stoppte in Runde 19, kurz bevor Kevin Magnussen seinen Haas vor der Boxengassen-Einfahrt abstellen musste.

Er war durch seinen Boxenstopp zunächst auf den 15. Platz zurückgeworfen worden. Doch innerhalb von drei Runden war er plötzlich Dritter, da die Einfahrt der Boxengasse zunächst gesperrt war und erst danach alle anderen Fahrer ihre Reifen wechseln konnten.

"Das hat mich an meine Formel-2-Zeit erinnert"

"Es hat sich am Ende herausgestellt, dass wir mit dem Stopp sehr viel Glück hatten. Wir hatten gar keine Chance, das so zu planen. Da hat ein kleiner Engel heute gut auf uns aufgepasst, wir hatten sehr viel Glück." Nach dem Restart musste der AlphaTauri-Pilot allerdings noch 27 Runden überstehen.

Gasly erwischte einen sauberen Start und konnte bereits in der ersten Kurve an Lance Stroll vorbeigehen. Damit erkämpfte er sich den zweiten Platz hinter Lewis Hamilton - und der musste noch eine 10-Sekunden-Stop-and-Go-Strafe absitzen.

"Lewis ist an die Box abgebogen und dann war ich auf mich allein gestellt. Das hat mich an meine Formel-2-Zeit erinnert, als ich Rennen angeführt habe und mich auf das Fahren konzentrieren konnte, Kurve für Kurve. Ich habe am Start so sehr gepusht, weil ich den anderen keinen Windschatten geben wollte."


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Geholfen hat Gasly auch die Tatsache, dass zunächst die beiden Alfa-Romeo-Piloten Kimi Räikkönen und Antonio Giovinazzi hinter ihm lagen. Der Italiener musste wenig später ebenso wie Hamilton seine Strafe absitzen, und der Finne hielt das Feld hinter sich auf.

Als Carlos Sainz in Runde 34 am Ex-Weltmeister vorbeifahren konnte, lag er bereits vier Sekunden hinter Gasly. "Ich wusste, dass ich die Zeit in den Kurven rausfahren muss. Die letzten fünf Runden waren wirklich hart und meine Reifen waren total hinüber. Ich bin in jeder Kurve quergestanden und konnte sehen, wie Carlos den Abstand langsam zufährt."

Der Spanier holte sukzessive auf, bis er schließlich eine Runde vor Rennende knapp das DRS-Fenster verpasste. "Je näher Carlos kam, desto mehr Windschatten habe ich ihm gegeben. Er hatte zunächst rund vier Sekunden Rückstand, dann drei. Das war wohl der ideale Abstand für den Windschatten."

Brawn: "Er ist perfekt gefahren"

Gasly wusste: Er muss die Zeit in den Kurven herausholen. "Dadurch haben die Reifen auch stärker abgebaut, aber das war die einzige Chance, noch ordentliche Rundenzeiten zu fahren. In den letzten paar Runden hatte ich in den Lesmo-Kurven und in Ascari ein paar heikle Momente, weil ich alles gegeben habe."

Im Rückspiegel wurde der McLaren immer größer. Besonders nach Kurve 1 war Gasly verwundbar, da er Traktionsprobleme hatte. "Mit DRS hätte er es also in der ersten oder zweiten Schikane versuchen können. Aber er kam nicht nah genug ran, der Abstand blieb bei 1,5 Sekunden, bis auf die letzte Runde."

Erst in der 53. Rennrunde bekamt Sainz die DRS-Chance, war jedoch nicht nahe genug am Franzosen dran, um eine Attacke zu wagen. Gasly hatte sich dennoch bereits vorbereitet: "Ich konnte meine Energie sparen, um mich im Falle eines Angriffs verteidigen zu können. Schließlich konnte ich ihn hinter mir halten."

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Sainz lag im Ziel eine halbe Sekunde hinter dem AT01. "Zum Glück ging das Rennen nicht länger, denn ich hatte am Ende auf dem Medium-Reifen keinen Gummi mehr drauf. Das Rennen haben wir also genau zum richtigen Zeitpunkt beendet."

Gasly rettete den Vorsprung ins Ziel und fuhr ohne Fehler bei hohem Druck von Sainz seinen ersten Sieg ein. "Und ich kenne mich, ich wäre so angefressen gewesen, hätten ich diesen Sieg in den letzten Runden weggeworfen. Ich habe deshalb einfach alles gegeben."

Seine souveräne Führungsarbeit an der Spitze des Feldes beeindruckte gar Formel-1-Sportchef Ross Brawn. "Pierre hat keinen Fehler gemacht am Sonntag, auch nicht als Carlos immer näher ranfuhr", schreibt er in seiner Kolumne auf 'Formula1.com'. "Er ist perfekt gefahren."

Monza-Sieg Belohnung für Gaslys Widerstandsfähigkeit

Der Brite erinnert an die bislang durchwachsene Karriere des Franzosen - von seiner Degradierung zu Toro Rosso bis hin zu seinem ersten Podium in Brasilien 2019. Sein erster Sieg sei die Belohnung für seine Widerstandsfähigkeit.

"Er ist ein starker Charakter. Es ist außergewöhnlich, dass jemand so zurückschlägt, wenn er so einen Rückschlag erlebt hat." Gasly habe die Lehren aus seinen früheren Erfahrungen gezogen und sei dadurch ein besserer Fahrer geworden, glaubt Brawn.

"Ein Fahrer, der so einen Rückschlag erlebt, der kann entweder versagen oder innere Stärke finden und zurückschlagen. Und Pierre hat genau das gemacht. Phänomenal!"

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