F1 Belgien 2020: Ferrari auf den letzten Platz aller zehn Teams abgerutscht
Lewis Hamilton fährt Bestzeit im dritten Freien Training in Spa, doch im ersten Sektor dominiert Renault, im dritten AlphaTauri - Ferrari tief in der Krise
(Motorsport-Total.com) - Die Formel 1 könnte beim Grand Prix von Belgien möglicherweise ihr bisher spannendstes Qualifying der Saison 2020 erleben (Formel 1 2020 live im Ticker!). Das ist die Erkenntnis des dritten Freien Trainings in Spa-Francorchamps, in dem vier verschiedene Teams auf den ersten vier Positionen landeten und auf der längsten Strecke des Kalenders (7,004 Kilometer) durch weniger als eine halbe Sekunde getrennt waren.
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Ferrari-Fahrer Sebastian Vettel wurde im dritten Training abgeschlagen Letzter Zoom Download
Bestzeit fuhr Lewis Hamilton (Mercedes) in 1:43.255 Minuten. Den Grundstein dafür legte der Weltmeister mit einem überragenden Mittelsektor, in dem er seinem Teamkollegen Valtteri Bottas (5./+0,558) 0,389 Sekunden abnahm und dem ersten Verfolger eines anderen Teams (Max Verstappen auf P6) 0,739 Sekunden.
Das zeigt, dass unterschiedliche Set-up-Konzepte im Einsatz sind und Mercedes dank der überragenden PS-Leistung auf mehr Anpressdruck setzt als einige Verfolgerteams. Am extremsten abgestimmt haben Esteban Ocon (2./Renault/+0,230), der Hamilton im ersten Sektor 0,504 Sekunden abnimmt, und Daniil Kwjat (12./AlphaTauri/+1,288), im dritten Sektor um 0,376 Sekunden schneller als Hamilton.
Ocon als Zweiter und Lando Norris (McLaren) als Dritter waren die großen Überraschungen in FT3. "Wir gehen davon aus, dass wir ins Q3 kommen können", sagt McLaren-Teamchef Andreas Seidl. "Und dann wollen wir im Rennen Punkte aufholen auf Ferrari, die hier Probleme zu gaben scheinen. Dass sie so schwach sind, ist schon überraschend. Gleichzeitig sollte man Ferrari nie unterschätzen."
Ferrari: Schlechtestes Team von allen
Ferrari fährt der Konkurrenz hinterher. Nicht einmal zwölf Monate, nachdem Charles Leclerc die beiden Highspeed-Grands-Prix in Spa und Monza nach Belieben dominiert hat, zählt die Scuderia nicht zu den heißesten Anwärtern auf einen Platz im Top-15-Qualifying. Im Abschlusstraining belegten Leclerc und Sebastian Vettel die Positionen 17 und 20.
"Das ist schon bitter. Ein richtiger Tiefschlag für das Team", analysiert 'Sky'-Experte Ralf Schumacher. Dabei hat Ferrari nach dem desaströsen Freitag reagiert und mehr Downforce ans Auto gebaut. Doch: "Ferrari muss Flügel wegnehmen, um auf den Geraden nicht zu viel zu verlieren", glaubt Schumacher. Am Ergebnis ändert das nichts.
Vettel verliert 2,165 Sekunden auf die Bestzeit von Hamilton, davon 1,965 Sekunden im kurvenreichen Mittelsektor. Im ersten (Eau Rouge) und dritten Sektor (Blanchimont) ist er fast auf Mercedes-Niveau. Heißt: Ferrari muss mit flach eingestellten Flügeln kompensieren, was an Motorleistung fehlt. Etwas, was Vettel weniger liegt als Leclerc.
Dass die beiden beim entscheidenden FT3-Versuch mit frischen Pirelli-Softs und wenig Sprit an Bord auch noch Verkehr hatten (Leclerc) beziehungsweise einen Fehler einbauten (Vettel), mag das Ergebnis etwas zuspitzen. Aber die Realität ist: Für Ferrari ist es diesmal kein Selbstläufer, die Top-15-Hürde zu nehmen und ins Q2 einzuziehen.
Racing Point: Noch nicht alles gezeigt
Der Stau in der Bus-Stop-Schikane, als es in den finalen Showdown ging, zerstörte bei einigen die schnellste Runde. Verstappen zum Beispiel ist als Sechster sicher unterbewertet. Alexander Albon setzte dafür als Vierter mit 0,476 Sekunden Rückstand seinen Aufwärtstrend fort. Anders als die Racing Points, die mit P8 (Lance Stroll) und P10 (Sergio Perez) unter den Erwartungen blieben.
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Daraus eine Hackordnung für das Qualifying abzuleiten, wäre aber verkehrt. Durch immer wieder einsetzenden Regen war das Abschlusstraining nicht repräsentativ. Letztendlich gehen sehr wohl die beiden Mercedes, Verstappen und die beiden Racing-Point-Fahrer als Favoriten auf die ersten fünf Startplätze ins Zeitfahren. Mit Außenseiterchancen für Renault.
Die Meinung, dass Mercedes erstmals in dieser Saison nicht Pole-Kandidat ist, teilt 'Sky'-Experte Schumacher "überhaupt nicht. Wir kennen Mercedes. Die sind immer sehr selbstkritisch. Ich glaube, dass Racing Point sehr stark sein wird. Und dass sich Red Bull schwertun könnte. Zumindest im Vergleich zu Racing Point."