Racing Point über Perez' Mexiko-Reise: "Im Nachhinein ist man immer schlauer"
Racing-Point-Teamchef Otmar Szafnauer verteidigt das Verhalten von Sergio Perez - Er vergleicht die Heimreise des Piloten mit jener von Ferrari nach Italien
(Motorsport-Total.com) - "Im Nachhinein ist man immer schlauer", kommentiert Otmar Szafnauer die Heimreise von Sergio Perez nach Mexiko. Der Racing-Point-Pilot hat sich in der Pause zwischen dem Ungarn- und dem Großbritannien-Rennen mit dem Sars-CoV-2-Virus infiziert. Das Team nimmt Perez dennoch in Schutz.
"Ich habe gestern mit ihm gesprochen, er hat keine Symptome", berichtet Szafnauer über den Gesundheitszustand von Perez. Der Stammpilot sei über das positive Testergebnis "überrascht" gewesen. "Er konnte es nicht glauben. Er hatte keine Symptome und fühlte sich gut."
Perez ist nach Ungarn per Privatjet in seine Heimat geflogen, um dort seine Mutter nach einem Unfall zu besuchen. "Er hat alle Vorkehrungen getroffen, ist nicht per Linie geflogen. Daher war er sehr überrascht." Nun befindet sich der Routinier in einem Apartment nahe Silverstone in Selbstisolation.
Racing Point wusste nichts von der Heimreise
Dort wird er täglich von einem Arzt medizinisch betreut. Wie lange Perez in Quarantäne bleiben muss, ist noch unklar. Zuletzt hat die britische Regierung die Richtlinie von sieben auf zehn Tage für infizierte Personen erhöht. "Hoffentlich verschwindet der Virus bald aus seinem Körper und er kann wieder Rennen fahren."
Nun stellt sich allerdings die Frage, wo sich Perez anstecken und wie es überhaupt dazu kommen konnte - und ob sein Trip nach Hause das Risiko einer Infektion erhöht hat? Mexiko liegt aktuell auf Platz fünf der am stärksten vom Coronavirus betroffenen Länder weltweit. 416.179 Fälle wurden bislang registriert, bereits 46.000 Menschen sind an COVID-19 gestorben.
"Es gibt viele Menschen, die sich aktuell auf der ganzen Welt in Hotspots befinden. Viele Mitarbeiter unserer Fabrik leben in Northampton, auch dort war alles abgeriegelt", versucht Szafnauer Perez' Entscheidung zu verteidigen.
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Racing Point habe eine klare Philosophie im Umgang mit dem Coronavirus etabliert, betont der Teamchef. "Wir treffen alle Vorsichtsmaßnahmen, die angesichts des Ortes, an den wir reisen, notwendig sind. Und wenn wir diese Vorsichtsmaßnahmen treffen, bin ich zuversichtlich, dass wir das Virus nicht bekommen werden."
Dennoch scheint das Prozedere nicht lückenlos zu funktionieren, wie Perez nun bewiesen hat. Daher möchte das Team den Fall nun "forensisch untersuchen und versuchen, herauszufinden, wie Checo infiziert wurde, und sicherstellen, dass das in Zukunft nicht mehr passiert".
Pikant: Racing Point wusste nichts über die Heimreise von Perez. Szafnauer versucht zu beruhigen. Er betont, dass die Fahrer im Gegensatz zu jener Zeit zwischen den drei ersten Rennen sehr wohl in ihre Heimatländer zurückreisen durften. "Nur zwischen den Österreich-Rennen und Ungarn hätten wir die Blase nicht verlassen dürfen."
Auch ein paar Teammitglieder sind betroffen
Daran haben sich Perez und Lance Stroll auch gehalten, ebenso das Teampersonal. "Aber nach Ungarn am freien Wochenende wollte jeder zur Familie, die italienischen Teams reisten zurück nach Italien, die Schweizer zurück in die Schweiz. Auch Pirelli ging zurück nach Italien und die Fahrer in ihre Heimatländer."
Aber Szafnauer merkt auch an: "Im Nachhinein ist man eben immer schlauer." Er ist bereit, diese Verhaltensregeln zu überdenken. "Wir sollten uns das wohl anschauen und den Kodex überdenken. Wir könnten auch sagen, dass alle während der gesamten Saison in der jeweiligen Blase bleiben müssen."
Er bittet die FIA, sich dieser Thematik anzunehmen. Schon vor dem Silverstone-Rennen gab es Aufregung, weil Charles Leclerc und Valtteri Bottas zwischen den Österreich-Grands-Prix nach Monaco gereist waren. Der Finne blieb in seiner Blase, der Monegasse hingegen war mit Fans abgelichtet worden - er wurde verwarnt.
"Ich habe mir den Verhaltenskodex nun schon öfter durchgelesen, das ist lebendige Materie. Wenn wir dazulernen, werden wir die Vorschriften abändern." Ihm ist aber auch wichtig zu betonen, dass Perez nicht falsch gehandelt hat. "Er wollte seine Familie sehen und hat alle Sicherheitsvorkehrungen eingehalten."
Streng genommen hat der Mexikaner nicht gegen die Vorschriften der FIA verstoßen. Dennoch wirft der positive Test negatives Licht auf das Team und dessen Stammfahrer. Auch einige wenige Teammitglieder sind von dem Fall betroffen, da sie mit Perez in Kontakt waren.
"Sein Assistent und sein Trainer sind mit Checo gereist. Beide wurden negativ getestet, dennoch befinden sie sich in Isolation." Auch drei Teammitglieder, die mit Perez eine Session im Simulator abgehalten haben, wurden getestet und isoliert - obwohl sie sich nicht im selben Raum befunden haben.
"Er war im Simulator, sie waren im Kontrollraum nebenan. Wir haben also die Distanzregeln eingehalten. Außerdem haben alle Masken und Schutzkleidung getragen." Auch jene Racing-Point-Mitarbeiter wurden negativ getestet.
"Wir haben sie heute Früh noch einmal getestet, alle drei sind negativ, daher arbeiten sie nun wieder in der Fabrik. Sie waren nicht im Fahrerlager." Sollte ein weiterer Test negativ ausfallen, kann sich Szafnauer vorstellen, dass jene Mitarbeiter auch wieder an die Rennstrecke gelassen werden.