0,062 Sekunden im Ziel: So konnte Gasly Hamilton hinter sich halten
Pierre Gasly wollte unbedingt Zweiter werden und verteidigte sich in der letzten Runde mit allen Mitteln gegen Lewis Hamilton - Sein Kampfgeist wurde belohnt
(Motorsport-Total.com) - Pierre Gasly feierte in Brasilien mit Platz zwei sein bislang bestes Formel-1-Ergebnis. Der Franzose profitierte vom Chaos in der Schlussphase und schaffte es im Zielsprint sogar, Weltmeister Lewis Hamilton hinter sich zu lassen. "Du hast dein erstes Podium vor Augen, und dann kommt der Weltmeister von hinten", berichtet Gasly nach dem Rennen. Der Kampf mit Hamilton sei "intensiv" gewesen.
"Als ich hinter Lewis Vierter war, dachte ich schon, dass ich etwas probiere. Dann hat er was [gegen Albon] probiert, und sie sind kollidiert", berichtet Gasly, der dadurch unverhofft auf Platz zwei kam. Eine Runde musste er Hamilton anschließend noch hinter sich halten - was er auch schaffte. Im Ziel waren die beiden Autos fast nebeneinander, Gasly wurde nur 0,062 Sekunden früher abgewunken.
"Ich habe versucht, mich bestmöglich zu verteidigen. Ich kam aus der letzten Kurve und gab einfach Vollgas und hoffte, dass der Motor jedes einzelne PS herausholt", berichtet er und ergänzt mit einem Lachen: "Ich habe den Überholknopf gedrückt und versucht, mich im Cockpit klein zu machen. Ich konnte seinen Frontflügel sehen und dachte nur: 'Bitte überhol mich nicht vor der Ampel!'"
"Ich wäre so angepisst gewesen, wenn das passiert wäre! Ich wollte den zweiten Platz unbedingt halten", verrät er und fügt hinzu: "Ich weiß noch, wie es Lance [Stroll] in Aserbaidschan gegangen ist. Das Gefühl danach ist einfach nicht das Gleiche, wenn du auf den letzten Metern noch einen Platz verlierst. Daher wollte ich den zweiten Platz unbedingt verteidigen."
Platz zwei vor allem dank Honda-Power
2017 wurde Stroll in Baku Dritter, nachdem er den zweiten Platz auf den letzten Metern noch an Valtteri Bottas verloren hatte. Dieses Schicksal ereilte Gasly nicht. "Wir müssen uns bei Honda wirklich bedanken. Ohne Honda wären wir Dritter geworden", lobt er den Toro-Rosso-Motorenpartner und erklärt: "Honda hat sich in den vergangenen Monaten sehr verbessert."
"Ohne diesen Fortschritt wäre es unmöglich gewesen, den zweiten Platz gegen einen Mercedes zu halten", ist er sich sicher. Lob für ihn selbst gibt es derweil von Hamilton: "Er hat einen fantastischen Job gemacht. Er hat das Auto in jedem Streckenabschnitt richtig platziert, war sehr fair und hat keine Fehler gemacht", so der Weltmeister, der in der Schlussrunde nicht mehr vorbeikam.
"Honda hat offensichtlich einige große Schritte gemacht, und es ist großartig, dass jetzt noch ein Hersteller so stark ist. Das bedeutet, dass wir im kommenden Jahr hoffentlich einen ernsthaften Drei- oder Vierkampf haben werden. Das ist toll für die Formel 1", so Hamilton, dessen Mercedes nach der Kollision mit Albon zuvor einen beschädigten Frontflügel hatte.
Nachgeben für Teamchef Tost keine Option
Das nimmt der Weltmeister aber nicht als Ausrede: "Es war schon schlimmer. Es war in Ordnung. Ich hatte nicht den Eindruck, dass ich etwas verliere", gesteht er. Und so machte letztendlich wohl tatsächlich die Honda-Power den Unterschied. Laut Franz Tost war es übrigens keine Option, Hamilton einfach vorbeizulassen, um so den dritten Platz und damit das Podium abzusichern.
"Nein, auf keinen Fall. Wenn es eine Möglichkeit zu kämpfen gibt, dann kämpft man bis zum Ende", betont er Toro-Rosso-Teamchef. Zwar hatte Hamilton zu dem Zeitpunkt die frischeren Reifen, doch Tost stellt klar: "Das spielt keine Rolle. Sein Frontflügel war ja auch kaputt. Ehrlich gesagt stört man den Fahrer zu so einem Zeitpunkt nicht. Man funkt ihn nicht an und sagt, dass er ihn vorbeilassen soll oder was auch immer."
Daher sei man das Risiko eingegangen und habe Gasly einfach kämpfen lassen. "Das hat er auch gemacht. Und das war der Schlüssel für das gute Ergebnis", so Tost.
Für Gasly war es der erste Podiumsplatz in seiner Formel-1-Karriere überhaupt. Den Kampf mit Hamilton hätte er sich übrigens sparen können: Weil der Weltmeister nachträglich eine Fünf-Sekunden-Strafe bekam, wäre er sowieso Zweiter geworden.