McLaren-Vormarsch: Topteam-Phalanx erstmals seit 2016 aufgebrochen
Erstmals seit besseren Williams-Zeiten hat ein Nicht-Topteam die Bestzeit einer Qualifying-Session in der Formel 1 markiert - Aber Sorgen um den Wind
(Motorsport-Total.com) - Mehr als drei Jahre hat es gedauert, bis wieder ein anderes Team als Ferrari, Mercedes oder Red Bull eine Qualifying-Session unter komplett trockenen Bedingungen angeführt hat. Lando Norris beendete in Q1 beim Großen Preis der USA 2019 eine Serie, die seit Felipe Massas Q1-Bestzeit beim Belgien-Grand-Prix 2016 angehalten hat.
Natürlich hatte diese Bestzeit einen Preis: Norris zog einen zweiten Satz Reifen auf, der dann in Q3 gefehlt hat. Er war zuvor im Verkehr hängen geblieben.
Bereuen tut er das nicht: "Ich musste es tun. Sonst wäre ich in Q1 rausgeflogen. Es wäre das Risiko nicht wert gewesen, den Extrasatz zu sparen. Auch hat es mich nicht wirklich Positionen gekostet, maximal einen [gegen den Teamkollegen]. Wir haben die Sicherheitsoption gewählt. Das war richtig."
Letztlich wurden es die mittlerweile üblichen Plätze sieben und acht. Sainz schlug seinen Teamkollegen mit einem Reifensatz mehr in Q3 um drei Zehntelsekunden. Diese gilt es im Rennen zu verteidigen, denn hier hatte McLaren zuletzt nicht immer die Nase im Mittelfeld vorn.
Windrichtung soll sich wieder ändern
"Meines Erachtens sieht es so aus, dass wir seit Singapur über eine Runde etwas gefunden haben", sagt der ehemalige Red-Bull-Junior. "Die vergangenen Qualifyings über hatten wir einen Vorteil. Leider ist das im Rennen nicht so, wie wir in Mexiko gesehen haben. Deshalb sind wir vorsichtig, obschon wir einen guten Vorsprung [auf den Rest des Mittelfelds] haben."
Und noch ein Aspekt kommt hinzu: "Die Windrichtung hat sich geändert, was unserem Auto sehr geholfen hat. Am Freitag hatten wir noch Probleme, im Mittelfeld über eine Runde an die Spitze zu gehen wie in den vergangenen Rennen."
"Heute mit den veränderten Bedingungen ist uns die Strecke direkt entgegengekommen. Wir haben ein paar Änderungen vorgenommen und es hat sich angefühlt wie ein komplett anderes Auto. Das hat es uns ermöglicht, das Mittelfeld mit ein bisschen Abstand anzuführen."
Die schlechte Nachricht für McLaren: Der Wind soll am Sonntag wieder drehen und die Bedingungen werden denen am Freitag entsprechen. "Das wird eine große Herausforderung für uns", sagen beide McLaren-Piloten unisono.
Batterie bleibt im Auto
Das Ziel ist daher, die Plätze sieben und acht zu verteidigen. Ein paar Set-up-Änderungen seit Freitag sollen dabei helfen. Im Vergleich zu den Topautos startet McLaren auf den weichen Reifen. Sainz' Schlachtplan: "Der weiche Reifen sollte in den ersten paar Kurven von Vorteil sein und ich werde versuchen, das zu nutzen. Ich gebe mein Bestes."
Illusionen, es mit den Topteams aufzunehmen, gibt er sich nicht hin: "Ich bin glücklich, sie kurzzeitig überholen zu können, aber gleichzeitig ist es frustrierend, dann nur kurz vorn zu bleiben. Das liegt ein bisschen am Reifenmanagement und dem Gefühl fürs Auto. Der Abstand wird dann größer. Wir müssen in diese Richtung arbeiten und das Auto auch im Rennen stärker machen."
Ein Fragezeichen schwebt noch über der Batterie von Sainz. Teamchef Andreas Seidl will sich nicht in die Karten schauen lassen: "Ich werde da nicht allzu tief reingehen. Die Batterie ist für alle gleich und alle gehen ans Limit der Komponenten, die wir im Auto haben. Das Ziel ist, mit den Komponenten nach Abu Dhabi zu gehen, die wir jetzt im Auto haben."
Ein Komponententausch inklusive Gridstrafe hängt ganz von der Situation ab: "Es geht einerseits um den Abnutzungsgrad der Teile, andererseits auch um das Resultat im Qualifying. Wenn man ein schlechtes Quali hat, kann das Möglichkeiten zum Komponententausch eröffnen. Aber momentan wollen wir keine weiteren Strafen auf uns nehmen."
100. Rennen für Sainz
Carlos Sainz wird wie Max Verstappen seinen 100. Formel-1-Grand-Prix in Angriff nehmen - mitten in seiner bisher besten Saison. Die Frage, ob er momentan in seinem besten Karrieremoment ist, antwortet er: "Ja, ich würde es so sagen. Andererseits ist das ganz natürlich, dass man den besten Moment der Karriere zu dem Zeitpunkt hat, wenn man am erfahrensten ist."
"Über die vergangenen Jahre habe ich mich als Fahrer in der Formel 1 entwickelt und bin kompletter gewonnen. Ich freue mich und bin stolz, die Marke von 100 Rennen zu erreichen. Andererseits werde ich in Rennen 150 oder 200 voraussichtlich ein noch besserer Fahrer sein."
Anmerkung: In einer früheren Version des Artikels hieß es, Massas Zeit sei generell die letzte Bestzeit in einer Qualifying-Session vor Norris gewesen. Das war allerdings Fernando Alonso im halb verregneten Qualifying in Silverstone 2017. Wir haben die Stelle korrigiert.