Ferrari nur dritte Kraft in Suzuka? "Das war heute unser Optimum"
Sebastian Vettel findet kaum Positives zu berichten, Charles Leclerc wird negativ überrascht: Kein guter Auftakt für Ferrari am Freitag in Japan
(Motorsport-Total.com) - Ferrari wird am Trainingstag in Japan negativ überrascht. Sebastian Vettel und Charles Leclerc schaffen es im Endklassement nur auf die Ränge vier und fünf. Knapp eine halbe Sekunde fehlt auf die Mercedes-Spitze. Viel Positives kann der Deutsche den Freien Trainings (Formel 1 2019 live im Ticker!) nicht abgewinnen. "Heute waren wir nicht so schnell, wie wir gerne sein möchten", fasst Vettel zusammen.
"Das war heute unser Optimum", gesteht der Heppenheimer. Ihm gelingt eine Rundenzeit von 1:28.376 Minuten (+0,591 Sekunden). Damit ist er um mehr als zwei Zehntelsekunden langsamer als Teamkollege Leclerc. Keine gute Ausgangslage also für Ferrari, wenn schon am Freitag alle "die Hosen runtergelassen" haben.
Davon geht Vettel aus, denn das zweite Freie Training wurde als Mini-Qualifying angesehen. Aufgrund der Verschiebung auf Sonntag könnte das FT2-Ergebnis als Startaufstellung herhalten, wenn am Sonntagmorgen kein Zeittraining gefahren werden kann.
Vettel: "Haben noch Luft nach oben"
Die Ferrari würden demnach aus den Reihen zwei und drei ins Rennen gehen. Nach den Pole-Positionen in den vergangenen vier Rennen wäre das ein Rückschlag. "Wir können die Tatsache nicht vernachlässigen, dass wir vier Pole-Positionen in den vergangenen vier Rennen eingefahren haben. Aber unsere Mitbewerber haben hier einige Upgrades am Start", weiß Teamchef Mattia Binotto.
Mercedes und Red Bull haben für Suzuka aufgerüstet, das scheint sich bezahlt zu machen. "Man hat gleich gesehen, dass Mercedes den Rhythmus gefunden hat und gut zurechtkam. Red Bull scheint den Anschluss wieder gefunden zu haben", analysiert Vettel das Kräfteverhältnis nach dem ersten Tag.
Ist Ferrari also nur dritte Kraft? "Wir haben wohl noch Luft nach oben." Aktuell sei man nur zweite oder gar dritte Kraft, schätzt der Deutsche. Binotto stimmt ihm zu: "Weiterhin sind jene Autos, die in der Weltmeisterschaft ganz vorn sind, auch die Benchmark. Wir sind immer noch die Jäger."
Leclerc zeigt sich nach den Trainings überrascht: "Es scheint, dass uns ein wenig Pace fehlt an diesem Wochenende, was ein bisschen eine Überraschung ist. Wir waren schließlich sehr stark in den vergangenen vier Rennen, daher haben wir auch erwartet, hier recht stark zu sein."
Zumindest hat Ferrari am freien Samstag genügend Zeit, die Daten zu analysieren. "Natürlich wollen wir uns noch steigern. Ich denke, heute war nicht so schlecht, aber uns fehlt noch etwas." Ob das allerdings für ganz vorne reicht? "Das wird eng", kommentiert Vettel.
Wo liegt das Problem? Wirft man einen Blick auf die Sektorzeiten dann vor allem im ersten kurvigen Teil der Strecke. Auf die beste Sektorzeit in Abschnitt 1 fehlen Vettel knapp drei Zehntelsekunden, aber auch im letzten Abschnitt auf den langen Geraden verliert er rund zwei Zehntel.
Nach Sotschi-Ausfall: MGU-K aus Melbourne im Einsatz
"Auf eine Runde ist es immer schön, wenn man den Grip durch die ganze Passage hat, aber was dann mit mehr Benzin im Tank angeht, dann wird es ungemütlich und deutlich langsamer, weil das Auto anfängt zu rutschen und zu schmieren", erklärt er das Fahrverhalten des SF90.
Das Auto sei zwar gut ausbalanciert gewesen, dennoch hatte er teilweise mit Über- und Untersteuern zu kämpfen. "Wir hoffen, dass wir am Sonntagnachmittag die goldene Mitte treffen." In diesem Zusammenspiel sind auch die Reifen ein limitierender Faktor für Ferrari. Der rote Renner beansprucht die Pneus stärker als die Konkurrenz.
Die einzig positive Erkenntnis am Freitag: "Dass noch ein bisschen Luft nach oben da ist." Man werde keineswegs in einem Tag das Rad neu erfinden, aber an gewissen Schrauben drehen. "Vielleicht waren unsere Runs nicht perfekt, ich habe zum Schluss keinen klaren Schuss gehabt", merkt der 32-Jährige an.
Die Strecke habe sich gegen Ende hin außerdem nicht mehr gesteigert, als Vettel noch einmal auf einem weichen Reifen einen Versuch fahren wollte. Eine Kombination aus vielen Faktoren bescherte Ferrari am Freitag das enttäuschende Ergebnis.
Zumindest eine gute Nachricht gibt es für den Deutschen: Nach dem MGU-K-Defekt in Russland wird er keine Motorenstrafe in Japan erhalten. Stattdessen hat man die erste MGU-K im Spec-3-Motor wieder eingebaut, die bereits zu Saisonbeginn neun Rennen lang eingesetzt wurde.
Leclerc übt erneut Selbstkritik - Schwacher Longrun
Leclerc war ein wenig näher an der Spitze dran, musste aber ebenso zugeben, dass er sich mehr erhofft hatte. "Die Balance war nicht so schlecht. Uns fehlt einfach Speed. Auch beim Fahren selbst kann ich noch ein wenig herausholen. Ich bin nicht allzu gut gefahren heute", gibt er zu.
"Ich erwarte trotzdem, dass es hart wird, Mercedes noch an der Spitze abzufangen." Er sieht Ferrari aktuell im Hintertreffen, denn auch Red Bull "scheint stark zu sein". Er lag eineinhalb Zehntel hinter der Verstappen-Zeit. Doch erst mit einem späten Versuch in FT2 schob er sich auf Rang vier.
Aufgrund der potenziellen Absage des Qualifyings wollte er sich absichern. "Ja, definitiv. Jeder hat noch versucht, eine schnelle Runde zu fahren. Das wollten wir gegen Ende hin machen. Aber die Strecke hat sich nicht sonderlich weiterentwickelt", bestätigt er Vettels Einschätzung.
Leclerc kommt zu dem Schluss: "Bis jetzt sind wir nicht schnell genug, um Mercedes herauszufordern." Seine Pole-Serie könnte in Japan nach vier Treffern in Folge zu Ende gehen. Auch der Longrun, den die meisten Teams auf Soft und Medium gedreht haben, sei im Vergleich zur Konkurrenz "nicht großartig" gewesen.
Während Ferrari im Bereich zwischen 1:35.5 bis 1:37.0 Minute unterwegs war (gegen Ende hin im Verkehr), konnte sich Mercedes im niedrigen 1:34er-Bereich einsortieren. "Wir lagen eher auf Augenhöhe mit Red Bull." Realistisch betrachtet sieht er noch viel Arbeit auf sich zukommen.
"Ich muss zuerst an meinem Fahrstil arbeiten, dann müssen wir ein paar Set-up-Änderungen am Auto vornehmen. Hoffentlich können wir einen Schritt machen, wenn wir alles zusammenbringen."