Sebastian Vettel: Stallorder zu missachten war "mit Sicherheit falsch"
Sebastian Vettel räumt nach der Kontroverse in Russland ein, dass er sich nicht ganz korrekt verhalten hat - Intern sei die Sache aber schon aus der Welt geschafft
(Motorsport-Total.com) - Nicht nur Charles Leclerc ist vor dem Großen Preis von Japan bemüht, den Ferrari-Ärger in Russland herunterzuspielen. Während der Monegasse von einem "Missverständnis" spricht, versucht auch Sebastian Vettel, den Vorfall aus dem Rampenlicht zu nehmen. "Welche Absprache es nun gab oder nicht, oder wer Recht hat und wer nicht, ist vielleicht nicht so wichtig", zuckt er die Schultern.
Der viermalige Weltmeister hatte im Rennen in Russland in der Anfangsphase mehrfach die Anweisung erhalten, Leclerc vorbei zu lassen - widersetzte sich jedoch. "Natürlich habe ich am Funk den Bescheid bekommen, den Platz zu tauschen, und habe mich nicht daran gehalten. Und das war mit Sicherheit nicht richtig", räumt Vettel auf seiner Medienrunde am Donnerstag in Suzuka ein.
Gleichzeitig betont er aber auch, dass es deswegen intern keine Probleme gebe. "Nein, die Gedanken habe ich gar nicht im Kopf. Ich freue mich auf das Rennen hier, Russland ist passe", stellt er klar und erklärt im Hinblick auf seinen Teamkollegen: "Das Verhältnis ist nach wie vor so, wie es das ganze Jahr war. Wir kommen, denke ich, gut miteinander aus."
"Natürlich schenkt man sich auf der Strecke keinen Zentimeter und möchte den anderen schlagen", räumt Vettel ein. "Aber das ist kein besonderes Verhältnis zwischen mir und ihm. Ich denke, das wäre zwischen mir und jedem anderen genauso. Das ist bei den anderen Teams auch Gang und Gäbe. Ich kenne es nicht anders aus den letzten Jahren, und deswegen ist es dieses Jahr auch nicht anders."
Vettel will "nicht so einen Wind um die Geschichte machen"
"Letzten Endes sind wir auf der Strecke liegengeblieben, und das war mit Sicherheit nicht die Absicht, die wir hatten, als wir das Rennen begonnen haben", so Vettel, der darum bemüht ist, sein Duell mit Leclerc aus dem Fokus zu nehmen. "Es ist generell alles klar", betont er und erklärt, dass es intern auch nicht nötig gewesen sei, die Spielregeln noch einmal klarzustellen.
"Natürlich gibt es wohl gewissen Dinge, die wir rückblickend besser hätten machen können. Letztendlich schauen wir auf dieses und die nächsten Rennen nach vorne. Daher mache ich mir keine zu großen Sorgen", gibt sich Vettel ganz entspannt. Sowohl er als auch Leclerc hatten in der Woche nach Sotschi Gespräche mit Teamchef Mattia Binotto - allerdings getrennt voneinander.
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"Natürlich redet man miteinander. Es gab ein Gespräch, es gab aber auch andere Gespräche. Ich würde da nicht so einen Wind um die ganze Geschichte machen", so Vettel, der von den zahlreichen Nachfragen zu dem Thema sichtlich nicht begeistert ist. "Eigentlich habt ihr es nicht verstanden", wirft er einmal ein, als es um die Absprache zwischen ihm und Leclerc vor dem Rennen geht.
Auf die Frage, ob er es denn erklären könne, antwortet er: "Das möchte ich nicht. Ich glaube, der Zug ist abgefahren. Ich schaue nach vorne und freue mich auf das Rennen hier. Russland ist zwei Wochen her und spielt nicht so eine große Rolle." Er versucht noch einmal, das Thema in eine andere Richtung zu lenken: "Ich denke, was bleibt, ist die Tatsache, dass wir mit einem Auto liegengeblieben sind."
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"Das war in dem Fall mein Auto. Darüber können wir nicht erfreut sein. Ich denke, dass das Rennen in Sotschi insgesamt etwas besser hätte verlaufen können für uns als Team. Ich glaube, es gab aber auch Positives in Russland. Wir hatten zum ersten Mal in diesem Jahr eine sehr, sehr gute Pace im Rennen, um gegen Mercedes gegenzuhalten", hebt er einen positiven Aspekt hervor.
"In den anderen Rennen waren wir vielleicht hier und da davor gelegen, aber unterm Strich doch noch ein bisschen langsamer. Es gibt also Positives und nicht so Positives. Auf meiner Seite kann ich nicht damit zufrieden sein", so Vettel, der sich intern aber "gar nicht" zur Nummer 2 degradiert sieht, nachdem er in Sotschi aufgefordert wurde, Leclerc überholen zu lassen.
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Auch auf die vielen Kommentare, die anschließend von allen Seiten kamen, möchte er nicht eingehen. So hatte unter anderem Helmut Marko erklärt, dass Vettel bei Ferrari keine Zukunft mehr habe. "Ich hoffe, dass er falschliegt", grinst Vettel und erklärt, dass er noch immer "viele Dinge" mit Ferrari erreichen wolle. Das sei ganz unabhängig davon, wer sein Teamkollege ist.
"Natürlich bin ich nicht glücklich, wenn ich langsamer bin - ob im Training, Qualifying oder Rennen", gesteht Vettel. Das sei aber schon immer so gewesen und habe nichts mit Leclerc zu tun. "In diesem Jahr hatte ich hier und da Probleme mit dem Auto. Ich denke, das hat es mir nicht ermöglicht, mein Bestes herauszuholen", erklärt der viermalige Weltmeister.
Russland-Defekt kein Problem für Japan
"Ich denke daher nicht, dass es anders wäre, wenn ein anderer Fahrer im zweiten Auto gesessen hätte", zuckt er die Schultern und erklärt: "Charles macht einen sehr guten Job. Aber generell denke ich, dass man in erster Linie gegen sich selbst und dann gegen die anderen fährt." Außerdem glaubt er, dass einige Dinge von außen häufig "ganz anders" wirken.
"Es gab Rennen, in denen die Dinge nicht gepasst haben, und deshalb sah es von außen nicht gut aus. Aber ich denke, dass wir die richtigen Dinge tun und intern die richtigen Sachen angehen. Daher mache ich mir in der Hinsicht keine Sorgen", gibt er sich auch hier ganz locker. Von einer Motorenstrafe geht er in Suzuka nach seinem MGU-K-Defekt in Sotschi übrigens nicht aus.
"Ich denke, wir haben das Problem gefunden. Für die nächsten fünf Rennen machen wir uns keine Sorgen", erklärt er und ergänzt im Hinblick auf die Ursache: "Ich kann nur sagen, dass es eine Kombination aus verschiedenen Dingen war, die dafür gesorgt hat, dass es ein Problem gab." Vettel hat das erlaubte Motorenmaximum in dieser Saison bereits erreicht.
Sollte er also eine neue Komponente brauchen, wäre eine Strafe unvermeidbar. Danach sieht es aber nicht aus. "Vermutlich ist das Steuergerät für die Leistungselektronik kaputtgegangen, aber davon haben wir noch eine", erklärte Binotto bereits in Russland. Eine spannende Frage vor Suzuka lautet nun, welche Gefahr größer ist: Die eines weiteren Defekts oder die eines weiteren "Missverständnisses".