• 29. September 2019 · 17:02 Uhr

Neuer Teamzoff um Vettel: "Habe meinen Teil der Absprache eingehalten"

Auch in Russland kam es zwischen Sebastian Vettel und Charles Leclerc zum Zoff: Welche Absprache es gab und warum Vettel den Rücktausch zunächst verweigerte

(Motorsport-Total.com) - Erst der Windschatten-Zoff von Monza, dann der Undercut in Singapur und jetzt das nächste Drama in Russland: Die Luft zwischen Sebastian Vettel und Charles Leclerc bei Ferrari wird immer dicker. Im Rennen von Sotschi stritten sich die beiden Fahrer über eine Absprache, die von Vettel zu Beginn des Grand Prix nicht befolgt wurde.

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Sebastian Vettel sollte Charles Leclerc eigentlich vorbeilassen Zoom Download

Mehrfach forderte das Team den Deutschen auf, seinen Teamkollegen passieren zu lassen. Doch dieser Bitte kam Vettel nicht nach. Stattdessen legte er eine schnelle Runde nach der anderen hin und ließ Leclerc sauer und verständnislos zurück.

Der Monegasse hatte seinen Teil der Abmachung eingehalten. Ferrari hatte vorher besprochen, dass Pole-Mann Leclerc seinem Teamkollegen bei der langen Anfahrt zur ersten Bremszone Windschatten geben würde, um ihn so an Lewis Hamilton (Mercedes) vorbeizubekommen. "Das hat geklappt. Was dann passiert ist, weiß ich nicht", meint Leclerc vielsagend.

Den Rücktausch wollte Vettel dann nicht praktizieren. Sein Argument war, dass Leclerc nicht nah genug dran war und er sicherheitshalber erst einen Vorsprung herausfahren wollte, bevor man die Positionen tauscht.

Vettel: "Möchte das intern regeln"

Experten glauben jedoch, dass der Deutsche gehofft hat, dass hinter ihm etwas passieren würde, was den Tausch hinfällig macht. "Davon kannst du ausgehen. Da würde ich jetzt mehr als einen Fünfer drauf wetten", meint etwa ORF-Experte Alexander Wurz. Doch dazu kam es nicht, sodass die Position bei den Boxenstopps zu Leclerc wanderte.

"Ich denke, ich habe meinen Teil der Absprache eigentlich eingehalten", erklärt Vettel nach dem Rennen, möchte zu den Hintergründen seiner Entscheidung aber nicht mehr sagen: "Ehrlich gesagt möchte ich das intern regeln", wiegelt er mehrfache Nachfragen ab, betont aber, dass es sich um "keine große Sache" handle.

"Ich möchte das Team im Nachhinein nicht in eine schlechte Position bringen, weil irgendjemand hier oder da was gesagt hat", so sein Argument für die Verschwiegenheit.

Guter Start schuld an Streit?

Auch bei Ferrari versucht man gelassen mit dem Thema umzugehen: "Seb hatte durch den Windschatten einen Vorteil und wir wollten zurücktauschen. Aber Seb war sehr schnell", übt sich Teamchef Mattia Binotto in Erklärungsversuchen. "Wir haben ihn gebeten zu tauschen, aber Charles war nicht nah genug an ihm dran."

Das Problem von Vettel dürfte auch gewesen sein, dass er sich mit dieser Absprache in eine schlechte Position gebracht haben könnte. Denn möglicherweise hätte er auch aus eigener Kraft nach vorne kommen können - ohne erzwungenen Rücktausch. Denn Hamilton hatte er schon weit vor der Anfahrt auf Kurve 2 überholt.

"Seiner Meinung nach - und vermutlich hat er da Recht - hat ihm Charles nicht den Windschatten gegeben, sondern er hat ihn sich genommen, weil er in der Position war", meint Binotto. Aus Sicht Vettels könnte der Tausch damit hinfällig gewesen sein.

Später Boxenstopp aus Sicht von Ferrari richtig

"Natürlich ist ihm ein toller Start gelungen", gibt Leclerc zu, doch ihm habe man andere Informationen gegeben: "Am Funk wurde gesagt, dass die Startperformance exakt gleich war", sagt er. "Danach bin ich einfach links geblieben, um ihm Windschatten zu geben." Für ihn also ein klarer Fall von eingehaltener Absprache.

Der Sicht stimmt auch der Teamchef zu: "Normalerweise wäre Charles nach rechts gefahren und hätte Hamilton somit den Windschatten gegeben", sagt Binotto. Daher war man sich bei Ferrari sicher, dass es notwendig ist, die Absprache zu erlassen.

Die Position bekam Leclerc am Ende von Vettel wieder. Ob dies freiwillig für den Deutschen geschehen ist, ist jedoch nicht zweifelsfrei zu sagen. Ferrari regelte es dann über den Boxenstopp, als man Vettel vier Runden länger draußen ließ als Leclerc, der nach 22 Runden zum Stopp kam. "Ich weiß nicht, was da genau passiert ist", deutet Vettel an, dass er über den Zeitpunkt des Stopps verwundert war.

Leclerc vertraut dem Team

Doch aus Teamsicht sei der Zeitpunkt logisch gewesen, wie Binotto betont. Weil Mercedes auf den härteren Reifen losgefahren war, wusste Ferrari, dass man im Falle eines Safety-Cars verwundbar sein würde. "Von daher wollten wir Seb vorn lassen, weil das für uns die beste Situation war", sagt der Italiener. "Wir haben ihn reingeholt, als die Reifen zu abgefahren waren. Das war der richtige Moment."

Ironischerweise war es kurze Zeit später Vettel selbst, der mit einem technischen Defekt das Virtuelle Safety-Car notwendig machte und Mercedes so den Sieg schenkte. Allerdings lag er zu dem Zeitpunkt wider knapp hinter Leclerc, der auf frischeren Reifen die notwendige Zeit aufholen konnte.

Das letzte Wort dürfte in dieser Angelegenheit aber trotzdem nicht gesprochen sein. "Mit Sicherheit werden wir noch darüber reden", kündigt Vettel an. Und Leclerc? Der betont nach dem Rennen offenkundig, dass er seinem Team immer vertrauen wird - von Vettel keine Rede.

Nach außen gibt er sich betont ruhig: "Es ist keine große Sache. Am Ende haben alle ihre eigenen Dinge respektiert", sagt er. Wie die Gefühlslage in ihm drin aussieht, das ist jedoch eine andere Frage.

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