Vettel als Leclerc-Helfer auf P4: "Hatte in den Kurven Probleme"
Sebastian Vettel verpasst beim ersten Sieg seines Ferrari-Teamkollegen Charles Leclerc einen Podestplatz: Erklärung für großen Rückstand - Lob vom Teamchef
(Motorsport-Total.com) - Sebastian Vettel ist in der Formel 1 nun genau ein Jahr lang sieglos. Auf dem Circuit Spa-Francorchamps, wo er in der Saison 2018 seinen bislang letzten Sieg eingefahren hatte, kam der Ferrari-Pilot am Sonntag beim Grand Prix von Belgien 2019 auf dem vierten Platz ins Ziel.
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Sebastian Vettel stellte sich in Spa in den Dienst von Ferrari und Charles Leclerc Zoom Download
Losgefahren war Vettel vom zweiten Startplatz. Im Gegensatz zu seinem Teamkollegen Charles Leclerc, der von der Pole-Position einen emotionalen ersten Sieg einfuhr, und auch im Gegensatz zu den beiden Mercedes-Piloten Lewis Hamilton und Valtteri Bottas, war Vettel auf einer Zweistoppstrategie unterwegs.
Vettel begann das Rennen wie Leclerc, Hamilton und Bottas auf den Soft-Reifen aus Q2. Beim ersten Boxenstopp wechselten alle vier Piloten auf die Medium-Mischung. Vettel aber legte noch einen zweiten Stopp für einen Wechsel auf frische Softs ein. Am Ende verpasste er nicht nur den Sieg, sondern auch einen Podestplatz deutlich.
Nachdem die Top 4 allesamt für ihren ersten und überwiegend einzigen Reifenwechsel an der Box gewesen waren, hatte Vettel das Rennen für kurze Zeit angeführt. Dann aber gab es von der Ferrari-Box die Anweisung, Leclerc passieren zu lassen, weil Vettels zweiter Stopp noch anstand. In Runde 27 kam es es somit auf der Start/Ziel-Gerade zum unspektakulären Führungswechsel. Vettel ließ Leclerc auf Ansage passieren.
"Zu dem Zeitpunkt war es ja klar, dass wir ein bisschen anders unterwegs waren", sagt Vettel und erklärt: "Ich habe mich heute einfach ein bisschen schwergetan. Ich nicht das richtige Gefühl für das Auto. Ich habe heute nicht den Grip gefunden, den Charles und die anderen gefunden haben."
Reifenprobleme: Keine Chance im Duell gegen Hamilton, aber ...
"Ich habe die Reifen einfach nicht richtig zum Arbeiten gebracht", unterstreicht Vettel und erklärt: "Somit war für mich schon im ersten Stint klar, dass ich heute nicht viel ausrichten kann. Alles, was ich ab diesem Zeitpunkt noch tun konnte war, mich in den Dienst des Teams zu stellen."
Fünf Runden nachdem er Leclerc vorbeigelassen hatte, verlor Vettel im direkten Duell gegen Hamilton die zweite Position. Mit seinem zweiten Boxenstopp in der 33. von 44 Runden fiel er schließlich noch hinter Bottas zurück und hatte damit keine Chance mehr auf einen Podestplatz.
Am Ende fehlten Vettel fast 14 Sekunden auf den drittplatzierten Bottas. "Ich hatte hinten raus keinen Puffer mehr mit den Reifen und wurde einfach überholt und kassiert", so seine ebenso nüchterne wie enttäuschte Analyse. Vom erstmals siegreichen Teamkollegen Leclerc trennten ihn unterm Strich mehr als 26 Sekunden.
"Für das Team ist es toll, mit meinem eigenen Rennen bin ich aber nicht zufrieden", sagt Vettel und spricht zusammenfassend von einem "schwierigen Rennen". Im direkten Duell gegen Hamilton waren ihm kurz vor seinem zweiten Boxenstopp die Hände gebunden.
"In den Kurven hatte ich Probleme. Deshalb konnte er aufschließen", erklärt Vettel mit Verweis auf Hamilton und gesteht: "Lange konnte ich ihn nicht aufhalten, aber natürlich habe ich versucht, dass er ein bisschen Zeit verliert, um Charles ein Polster zu geben. Am Ende hat das gerade so gereicht. Also würde ich sagen, Job erfüllt."
"Es war heute klar, dass ich mehr in der Helferrolle bin und weniger mein eigenes Rennen fahren konnte", so Vettel, der in diesem Zusammenhang einen Punkt als den entscheidenden erachtet: "Der Speed war heute einfach nicht da."
Ferrari-Teamchef lobt Vettel: "Eine Hilfe für Charles"
Dass man bei Vettel als einzigem Fahrer aus den Top 4 der Startaufstellung (und letztlich auch dem Rennergebnis) auf zwei statt einen Boxenstopp setzte, erklärt Ferrari-Teamchef Mattia Binotto gegenüber 'Sky Sports F1' so: "Wir mussten Sebastian an die Box holen, um uns selbst [als Team] gegen die Mercedes zu schützen. Eine andere Wahl hatten wir gar nicht."
Vettel bestätigt dies: "Im ersten Stint mussten wir reagieren, um Lewis abzufangen und damit in gewisser Weise auch für Charles herzuhalten. Der zweite Stopp war dann, um die Mannschaft dahinter aufzuhalten und auch wieder ein bisschen Puffer für Charles herauszufahren." Rückblickend gesteht Vettel aber, dass "unser erster Stopp zu früh kam".
Dennoch: "Sebastian war heute eine Hilfe für Charles. Er hat sich als Teamkollege sehr gut verhalten", lobt Ferrari-Teamchef Binotto und stellt heraus: "Das ist wichtig im Sinne des Teamgeistes. Ich bin mir sicher, dass auch er in Zukunft noch Gelegenheiten bekommen wird."
Hilfe für Leclerc war "geradezu eine Notwendigkeit"
In der WM-Gesamtwertung hat Vettel als Tabellenvierter jetzt noch zwölf Punkte Vorsprung auf Leclerc. Es wären eigentlich sogar nur elf Punkte gewesen. Weil er aber in der 36. Runde kurz nach seinem zweiten Boxenstopp die schnellste Runde des Rennens hinlegte, hat sich Vettel den dafür seit Beginn der Saison 2019 vergebenen Bonuspunkt geholt.
Auf die Frage, ob die beiden Ferrari-Piloten mit nur zwölf Punkten Unterschied künftig frei fahren dürfen, weicht Binotto aus und stellt stattdessen den Teamgeist am Spa-Sonntag in den Vordergrund.
"Ich sage es schon seit Saisonbeginn: Die Punkte für das Team sind das Wichtigste für uns. Ich denke, das haben wir heute unter Beweis gestellt. Wir haben Charles geholfen, weil er der Schnellere war. Er war am gesamten Wochenende richtig stark. Somit war es geradezu eine Notwendigkeit, ihn zu unterstützen", so der Ferrari-Teamchef.