Horner widerspricht Marko: Fünf Siege nicht das Ziel
Wie es Red Bull gelungen ist, aus dem RB15 auf der Power-Strecke Spielberg ein Siegerauto zu machen und warum Teamchef Christian Horner auf die Bremse steigt
(Motorsport-Total.com) - Geht in dieser WM noch was? Max Verstappen hat mit seinem sensationellen Spielberg-Sieg Sebastian Vettel von Platz drei verdrängt und liegt nun in der WM-Wertung 71 Punkte hinter Leader Lewis Hamilton. Und Red Bulls Motorsportkonsulent Helmut Marko meinte im Freudentaumel, dass er immer noch daran glaube, dass man das Ziel von fünf Saisonsiegen erreichen könne.
Dem widerspricht Teamchef Christian Horner, der klar auf die Bremse steigt, als er auf Markos Ansage angesprochen wird: "Nein, wir schauen von Rennen zu Rennen. Wir haben jetzt mal einen Sieg mit Honda erreicht, was für sie toll ist, denn sie haben in den vergangenen 27 Jahren nur einmal gewonnen. Wir werden das Auto weiter verbessern."
Horners Aussage stimmt nur bedingt, denn Honda feierte auch im Jahr 1999 mit Jordan und Heinz-Harald Frentzen zwei Siege, allerdings mit dem Kundentriebwerk von Mugen. Dennoch fragen sich viele im Fahrerlager, wie es Red Bull gelungen ist, plötzlich so konkurrenzfähig zu sein?
Horner: Verstehen sensationelle Form selbst nicht
"Die Wahrheit ist, dass wir es selbst nicht zur Gänze verstehen", antwortet Horner. "Das Auto war in der zweiten Hälfte des Rennens unglaublich schnell. Klar, die Updates, die wir in den vergangenen Rennen gebracht haben, greifen jetzt endlich, dieser Sieg war also das Ergebnis harter Arbeit."
Auch bei der Konkurrenz erkennt man den Aufwind bei Red Bull. "Es sieht so aus, dass sie die Reifen viel besser als wir im Griff haben", meint Ferrari-Pilot Charles Leclerc, der in den letzten Rennrunden gegen Verstappen mit stumpfen Waffen kämpfte.
Warum der Red Bull die Reifen so sehr schonte
Das Geheimnis scheint der neue Frontflügel zu sein, der in Spielberg debütierte. Die Flügelblätter sind dabei stärker nach oben gezogen, zudem weist der Flügel neue Endplatten auf. Dazu kommt, dass man das Nasenloch des RB15 nun wieder geöffnet hat. Das Update scheint den Boliden berechenbar gemacht zu haben, was die Reifen schont.
"Die neuen Teile funktionieren. Wir haben generell mehr Grip gewonnen", bestätigt Verstappen gegenüber 'auto motor und sport'. Das gilt aber nur für den Niederländer, denn beim Teamkollegen Pierre Gasly, der nicht ansatzweise das Tempo Verstappen mitgehen konnte, waren die Teile nicht am Auto.
Das hat auch mit Verstappens Abflug im Freitag-Training und den Baguette-Randsteinen zu tun, die für Schäden sorgten. "Uns wurden die Flügel knapp", erklärt Marko gegenüber 'auto motor und sport'.
Hitze und Höhenlage halfen Red Bull
Auch wenn Gasly nicht in den Genuss der neuen Teile kam, freut er sich über den Aufwind: "Die neuen Teile scheinen gut zu funktionieren, und Max war sehr schnell. Ich habe viel Arbeit vor mir und werde viel von ihm übernehmen, denn er scheint sich im Auto sehr wohl zu fühlen."
Dass es nun so gut läuft, hat auch mit Honda zu tun. Laut den Kollegen von 'auto motor und sport' funktioniert der dieses Jahr eingesetzte Turbo-Lader der Japaner in dünner Luft besser. Das sollte sich nicht nur in Spielberg auf rund 700 Metern Seehöhe, sondern auch im ähnlich hoch gelegenen Interlagos und vor allem in Mexiko-Stadt (2.200 Meter) auszahlen.
"Motorenseitig haben wir auch noch ein bisschen mehr herausgequetscht", bestätigt Verstappen gegenüber 'Channel 4', dass Honda am Red-Bull-Ring etwas mehr Leistung freigegeben hat. Durch die Kühlungsprobleme der Konkurrenz war man damit im Rennen zumindest auf Augenhöhe.
Red Bull hätte nie mit Sieg gerechnet
Trotz allem war die starke Form selbst intern eine große Überraschung. "Vor dem Wochenende hätte ich das nicht geglaubt", sagt Verstappen. "Der Saisonbeginn war nicht einfach für uns. Dann musst du deine Leute motivieren." Er glaube an seine Mannschaft: "Wir haben definitiv ein paar Schritte vorwärts gemacht. Wir geben nicht auf. Der Sieg dieses Wochenende ist ein toller Schub für uns."
Ein Sieg, der auch für Teamchef Horner aus dem Nichts kam. "Nach Frankreich hätte ich auch einen Podestplatz genommen", sagt der Brite. "Dafür wäre ich dankbar gewesen." Dazu kommt, dass es kein einfaches Wochenende war: "Wir haben an allen Tagen Fortschritte gemacht, aber Max konnte wegen seines Unfalls am Freitag keine Rennsimulation machen. Er hatte also nur Pierres Daten."
Dass man nun vor Ferrari Mercedes besiegt hat, sei "völlig überraschend. Aber Max war durch seinen Mexiko-Sieg auch der letzte Pilot, der Mercedes geschlagen hat. Dass er jetzt der erste ist, ist phänomenal."