• 30. Juni 2019 · 22:37 Uhr

Mercedes abgeschlagen: "Unsere Achillesferse ist die Kühlung"

Mercedes kämpft in Spielberg mit der Kühlung des W10 - Lewis Hamilton und Valtteri Bottas werden von den Temperaturen eingebremst

(Motorsport-Total.com) - "Unsere Achillesferse ist die Kühlung", muss Mercedes-Teamchef Toto Wolff nach dem Grand Prix von Österreich ernüchtert feststellen. Weder Lewis Hamilton noch Valtteri Bottas waren in der Lage, in den Kampf um den Sieg einzugreifen. Der Brite wurde zusätzlich durch einen beschädigten Frontflügel zurückgeworfen. Die Mercedes-Siegesserie ist damit in dieser Saison gerissen.

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Valtteri Bottas & Lewis Hamilton waren chancenlos in Spielberg Zoom Download

"Hier hat es uns doppelt getroffen: die Seehöhe und die Temperatur mit 35 Grad Luft- und 60 Grad Asphalttemperatur. Das war klar, dass das schwierig werden würde für uns. Und genau so ist es auch gekommen", muss der Österreicher feststellen.

Von Rennbeginn an war Mercedes nicht die schnellste Kraft. Am Start setzte sich Charles Leclerc gegen Bottas durch, Hamilton musste sich gar gegen McLaren-Fahrer Lando Norris wehren. Der Ferrari-Pilot konnte sich bereits nach einer Runde aus dem DRS-Fenster von Bottas fahren.

Elf Sekunden kostete der Frontflügel-Tausch

Da beide Fahrer auf dem Medium gestartet waren, wurde ein längerer erster Stint der beiden erwartet. Bottas ging allerdings zugleich mit Sebastian Vettel bereits in Runde 21 an die Box und steckte auf den harten Reifen um. Hamilton wurde in dieser Phase des Rennens aufgefordert, schneller zu fahren, seine berühmte "Hammertime" wollte diesmal jedoch nicht funktionieren.

Nach seinem Boxenstopp in Runde 30 wurde er weit auf Rang fünf noch hinter Vettel zurückgespült, denn beim Stopp musste auch sein Frontflügel gewechselt werden. In Runde 27 in Kurve 10 hatte er sich den linken, vorderen Flap abgefahren.

"Ich habe dann das Auto beschädigt, was ein bisschen frustrierend war, da wir den Flügel wechseln mussten. Dabei haben wir viel Zeit verloren, ich fiel auf den fünften Platz zurück." Elf Sekunden stand er beim Stopp insgesamt. Viel Zeit, die er später nicht mehr aufholen konnte.

Wäre ohne die Beschädigung der Sieg möglich gewesen? "Nein, keine Chance. Wir waren weit zurück. Ich musste 400 Meter pro Runde vom Gas gehen und rollen lassen. Hätte ich das nicht machen müssen, hätten wir Pace gehabt. Aber leider war es so. Ich konnte nicht wirklich an irgendwen nahe ranfahren."

Zwar versuchte Hamilton zu pushen, aber das war nicht möglich. Die heißen Temperaturen haben ihn zurückgehalten. "Ich weiß nicht wirklich, was ich dazu noch sagen soll. Wir hatten Probleme mit den Temperaturen, daher musste ich mehr oder weniger cruisen."

Wolff bestätigt: "Wir konnten uns nicht verteidigen, wir konnten nicht attackieren. Wir mussten 400 Meter cruisen ohne Gas, um das Auto zu kühlen, und damit kannst du nur noch durch die Gegend rollen, aber nicht Rennen fahren."

Mercedes "durch die Gegend gerollt"

Das Kühlungsproblem schleppe man nun bereits seit Saisonbeginn mit. "Es war wirklich grausam, zuschauen zu müssen, wie wir cruisen und nicht verteidigen oder attackieren können." Das Ergebnis, die Ränge drei und fünf seien "totale Schadensbegrenzung".

Er hätte sich ein bisschen besseres Ergebnis gewünscht. "Als wir auf Rang zwei und drei lagen nach Max' schlechtem Start, dachte ich, dass wäre das Optimum. Ich habe aber etwas rund um die Ränge zwei bis vier erwartet."

Im Gegensatz zu Hamilton ist Wolff jedoch davon überzeugt, dass Mercedes eine Chance auf den Sieg gehabt hätte, wären die Kühlprobleme nicht so gravierend gewesen. Die hatten folgenden Ursprung: "Man versucht, das Auto so kompakt und so geschlossen wie möglich zu bauen, um aerodynamisch effizient zu sein. Und in diesem Fall haben wir es vielleicht zu sehr geschlossen und konnten es auch nicht mehr öffnen."

Nachsatz: "Der nächste Schritt wäre gewesen, die Verkleidung zu entfernen, da hätten die Sponsoren aber wenig Freude mit gehabt", schmunzelt Wolff. "Ich denke, wir hatten heute eine gute Pace, aber wir konnten einfach nicht Rennfahren. So ist diese Strecke", sieht Hamilton ein.

"Das hat eine Grenze unseres Autos aufgezeigt. Ich denke nicht, dass wir dieses Auto abschreiben müssen", betont der WM-Führende aber auch. Denn immerhin hat Mercedes mit dem W10 in dieser Saison bereits acht Siege gefeiert.

Die glorreiche Serie ist nun gerissen. Das holt Mercedes aber nicht auf den Boden der Tatsachen zurück, denn man sei schließlich nie abgehoben, so Hamilton. "Wir haben das Rennen heute nicht gebraucht, um uns daran zu erinnern. Wir waren bei keinem der vergangenen Rennen selbstgefällig."

"War schmerzvoller als ursprünglich gedacht"

Schließlich wusste Mercedes bereits vor dem Wochenende, dass es schwierig werden könnte. "Es wurde dann ein wenig schmerzvoller als ursprünglich gedacht." Das Rennen in Spielberg habe vor allem die Fans daran erinnert, dass Seriensiege keine Selbstverständlichkeit seien, glaubt der Brite.

Mit Valtteri Bottas stand zumindest ein Silberpfeil auf dem Podium. Der Finne konnte sich gegen Rennende noch gegen Sebastian Vettel wehren. Er berichtet Ähnliches wie Hamilton, denn auch er kämpfte mit Überhitzung. Er habe sich ebenso wenig verteidigen oder attackieren können. "Es war am Ende eine Art Überlebenskampf."

Er spricht von einem Weckruf für Mercedes. "Für mich war das das härteste Rennen was das Management des Motors betrifft." Der Finne erklärt, dass er nicht in der Lage war, "gute" Motormodi zu fahren. "Das hat einen großen Unterschied ausgemacht."

Wie auch Hamilton musste Bottas früher vom Gas gehen: "Sobald man da einen bestimmten Punkt überschritten hat, wird es sehr schwierig, auch die Bremspunkte zu finden, wenn man immer wieder vom Gas gehen und rollen lassen muss. Ich musste immer mehr Meter rollen lassen und dann auch mein Bremsverhalten darauf anpassen."

Besonders schwerwiegend hat sich der Kühlungsnachteil im Zweikampf ausgewirkt, schildert Bottas. Daher konnte er sich kaum gegen Verstappen verteidigen, später wäre er fast noch Opfer von Vettel geworden. "Wenn ein Auto knapp vor mir war, habe ich immer größere Warnsignale auf mein Display bekommen."

Er habe sich das Problem nicht so schlimm vorgestellt. "Wir waren das ganze Rennen über am Limit. Mit diesem Motor müssen wir noch viele Rennen fahren, daher sind wir heute auf Nummer sicher gegangen." Unter diesen Umständen sei er dennoch froh, auf dem Podium gratis Champagner gekostet zu haben.

"Wie heißt es bei uns so schön? An den schlechten Tagen lernen wir am meisten und kommen dadurch nur noch stärker zurück", bilanziert Wolff. "Genau das haben wir uns für das nächste Rennen in Silverstone vorgenommen." Er hofft auf typisch britisches Wetter ...

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