Carlos Sainz opfert sich: Lando Norris ins Q3 gezogen
Der McLaren-Aufwärtstrend geht weiter: Lando Norris kam im Qualifying auf den fünften Platz - Carlos Sainz musste hingegen Wasserträger spielen
(Motorsport-Total.com) - Das nächste Kapitel der erstaunlichen Wiederauferstehung des McLaren-Teams in der Formel 1 wurde im Qualifying zum Großen Preis von Österreich geschrieben: Lando Norris erreichte in 1:04.099 Minuten die sechstschnellste Zeit in Q3 und rückt aufgrund der Strafe gegen Kevin Magnussen noch auf Startplatz fünf vor.
Wäre Lewis Hamilton nach Magnussen bestraft worden, hätte es sogar Rang vier für den britischen Rookie werden können, doch der komplizierte Strafenschlüssel der FIA platzierte Hamilton letztlich vor dem McLaren. Man gewöhnt sich schnell an solche Ergebnisse, obwohl es noch nicht allzu lange her ist, dass das britische Traditionsteam um den Einzug ins Q2 bangen musste. (Formel 1 2019 im Live-Ticker!)
In jenes zweite Segment kamen beide Fahrer diesmal mit Leichtigkeit. Carlos Sainz allerdings unternahm keinen ernsthaften Anlauf mehr. Da er aufgrund des Tauschs aller Motorkomponenten von ganz hinten losfahren musste, spielte er in Q2 Lokomotive für Norris und zog ihn mittels Windschatten die langen Geraden herunter.
Windschatten geben langweilt Sainz
Nicht, dass ihm das großen Spaß bereitet hätte: "Das war langweilig. Wir hatten nicht einmal den Quali-Modus drin und ich habe einfach versucht, Lando einen Windschatten zu geben. Ein schmerzhafter Tag für mich, aber hoffentlich zahlt sich das morgen aus. Denn wir haben das Auto komplett auf das Rennen hin abgestimmt."
"Morgen ist morgen, aber für einen Kämpfer wie mich ist so etwas einfach schmerzhaft", fügt er hinzu. "Ich fühle mich gerade mies, aber morgen werde ich mich hoffentlich besser fühlen. Sehr frustrierend das Ganze."
Doch warum hat sich McLaren überhaupt dazu entschlossen, die Motorkomponenten auf einer Strecke zu tauschen, auf der der MCL34 augenscheinlich gut funktioniert? Teamchef Andreas Seidl erklärt: "Wir wollten die höhere Leistung so schnell wie möglich im Auto haben, mussten aber auch das Timing im Kopf haben, wann wir die Strafen in Kauf nehmen."
"Unser Gedankengang war, dass das hier eine gute Strecke zum Überholen ist. Und bei der Performance, die wir am Freitag und auch heute gesehen haben, denke ich schon, dass da noch immer eine reelle Chance auf Punkte für Carlos ist. Selbst wenn er von ganz hinten starten muss. Das sind die Hintergründe der Entscheidung rund um Carlos."
Norris ärgert sich über verpasste Magnussen-Zeit
Norris musste in Q3 ohne die Hilfe von Sainz ran und verpasste die Zeit von Kevin Magnussen um 0,027 Sekunden. Damit war er zunächst überhaupt nicht glücklich. Augenscheinlich hatte er ganz vergessen, dass der Däne wegen eines Getriebewechsels fünf Plätze nach hinten musste. Erst im Interview machte ihn ein Journalist darauf aufmerksam, dass er den Haas im Rennen gar nicht mehr überholen muss.
"Was mich glücklich macht, ist die Tatsache, dass wir alles erreicht haben, was wir erreichen konnten", so der 19-Jährige. "Und das Team hat mir ein gutes Auto parat gestellt. Damit bin ich zufrieden. Aber was noch besser gewesen wäre, wäre Magnussen auch ohne seine Strafe zu schlagen. Das waren zwei Hundertstelsekunden, die an mir lagen. Ich bin manchmal sehr selbstkritisch. Aber ich glaube, dass das keine schlechte Sache ist."
Für Norris wird es hart, die Position zu verteidigen, denn früher oder später dürfte Sebastian Vettel bei ihm vorstellig werden. Trotzdem: Sein bestes Resultat bislang ist ein sechster Platz in Bahrain. Wiederholung möglich? "Ich werde alles geben, aber Platz fünf ist schon ein Traumresultat."
Wie in den vergangenen Rennen auch hat er sich zum Ziel gesetzt, zu Beginn des Rennens nicht zu aggressiv zu Werke zu gehen, sondern in erster Linie ins Ziel zu kommen: "Ich will mich einfach wie am vergangenen Wochenende aus allem raushalten, saubere erste Runden absolvieren und aus dieser Position heraus Druck machen. Unsere Rennpace ist sehr stark. Da können wir zuversichtlich sein."
Letztlich bleibt noch die Frage, ob Norris eines Tages, etwa in Monza, sich bei Sainz revanchieren muss. Seidl will sich hier nicht festlegen: "Natürlich sind wir nicht glücklich damit, über solche Dinge nachdenken zu müssen. Ich denke, heute hatte es ohnehin keinen großen Einfluss, weil wir es aus eigener Kraft ins Q2 hätten schaffen können."
"Wichtig ist mir aber, dass wir als Team zusammenarbeiten, auch die beiden Fahrer", so der 43-Jährige, der seine Team-Philosophie aus dem Langstreckensport in die Formel 1 gebracht hat. "Ich bin eher ein Fan davon, die Dinge simpel zu halten. Also schauen wir mal, ob sich im Laufe der Saison noch eine Gelegenheit ergibt."