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McLaren: Motoren-Dilemma und Warnung vor zu viel Euphorie
Mit dem starken Frankreich-Wochenende im Rücken kommt McLaren nach Spielberg, bleibt aber auf dem Boden und will Zeitpunkt für Motoren-Update abwägen
(Motorsport-Total.com) - McLaren machte am vergangenen Wochenende zum ersten Mal seit längerer Zeit wieder richtig positive Schlagzeilen.
Beim Grand Prix von Frankreich in Le Castellet fuhren der junge Carlos Sainz und der noch jüngere Lando Norris zunächst geschlossen in die dritte Startreihe. Im Rennen wurden es dann die Plätze sechs und neun, womit man den vierten Rang in der Konstrukteurswertung gefestigt hat.
Der neue McLaren-Teamchef Andreas Seidl bezeichnete das Frankreich-Wochenende anschließend als "das Beste, was einem Rennteam passieren kann, denn so etwas hilft dabei, Tag und Nacht zu pushen".
Teamchef Seidl warnt vor allzu viel Euphorie
Doch bei aller Euphorie über den Aufwärtstrend der vergangenen Wochen, der in Le Castellet einen neuen Höhepunkt erreichte, warnt Seidl vor dem nun anstehenden Grand Prix von Österreich in Spielberg auch, "nicht allzu euphorisch zu werden, denn wir sehen schon seit Saisonbeginn, dass auf bestimmten Strecken Sauber [Alfa Romeo] oder Renault oder Force India [Racing Point] stark waren".
"Wir waren das viertschnellste Team. Das ist ermutigend", meint Seidl nach dem achten Saisonrennen, will aber vor allem auch die Platzierung in der Konstrukteurs-WM im Kontext verstanden wissen: "Andere haben hin und wieder ihre Strategien oder Boxenstopps nicht richtig umgesetzt. Daher sind wir Vierter in der WM. Es ist aber noch früh. Das kann sich von Strecke zu Strecke schnell ändern."
Die drei Topteams sind für McLaren ohnehin außer Reichweite. Der Rückstand auf Red Bull beträgt schon vor Halbzeit der Saison fast 100 Punkte. Im Kampf um Rang hat man in Woking aber nicht nur den direkten Verfolger Renault im Blick. "Wir konzentrieren uns nicht auf Renault. Es ist ein harter Kampf im Mittelfeld. Da sind wir natürlich gern vor den anderen, aber unser Fokus ist nicht Renault", sagt Seidl.
Sainz fühlt sich pudelwohl und freut sich auf mehr
Sainz jedenfalls, der in der aktuellen McLaren-Fahrerpaarung aufgrund seiner deutlich größeren Erfahrung im Vergleich zu Norris die Richtung vorgibt, könnte sich an Wochenenden a la Le Castellet gewöhnen. "Es ist einfach ein angenehmes Gefühl, wenn man spürt, dass es mit dem ganzen Team vorangeht und dass das eigene Feedback gehört wird. Ich genieße das und mein Plan ist, auf diesem Level weiterzumachen", so der Spanier, der in der Fahrer-WM an sechster Stelle liegt.
Dass man bei McLaren nach Jahren des Frusts nun endlich wieder Licht am Ende des Tunnels sieht, führt Sainz nicht zuletzt auch auf Teamchef Seidl zurück: "Gerade in Monaco und Spanien hatten wir eine richtig gute Strategie und haben alles richtig gemacht", spricht er auf seinen sechsten und achten Platz bei diesen beiden Rennen an und stellt heraus: "Andreas Seidl, die Strategen sowie meine Performance-Ingenieure und Renningenieure leisten alle fantastische Arbeit. Ich gratuliere ihnen, denn sie lesen die Rennen wirklich ganz hervorragend."
Und wie fällt Sainz' Blick in die Zukunft aus? "Es kommt noch eine Menge", freut er sich auf geplante Upgrades für den MCL34 und sinniert: "Es wird Strecken geben, auf denen Renault stärker sein wird. Es wird auch Strecken geben, auf denen Haas stark sein wird. Und es wird Strecken geben, auf denen McLaren stark sein wird. Wir müssen sicherstellen, dass wir unsere Möglichkeiten nutzen und dass wir das Auto verbessern. Das Team sorgt dafür und das macht mich stolz."
Dilemma bezüglich des neuen Renault-Motors
Was die Upgrades betrifft, handelt es sich aber nicht nur um das Chassis. Auch seitens der Motoren wird es etwas geben beziehungsweise gibt es schon. Denn die B-Version des Renault-Triebwerks, welche von Werkspilot Daniel Ricciardo beim Frankreich-Grand-Prix bereits gefahren wurde, hat man auch McLaren angeboten. Dort aber entschied man sich bewusst noch gegen den Einsatz.
Grund: Sainz musste aufgrund eines Schadens an der MGU-K direkt beim Saisonauftakt in Australien auf eine neue Antriebseinheit zurückgreifen und würde beim nächsten Wechsel auf eine neue Antriebseinheit eine Rückversetzung in der Startaufstellung abgreifen (Übersicht: Formel-1-Motorenstrafen 2019).
"Das ist etwas, worüber wir noch nachdenken", sagt Teamchef Seidl auf die B-Version von Renault angesprochen, "vor allem vor dem Hintergrund, welche Strafen die unterschiedlichen Szenerien bis zum Saisonende nach sich ziehen würden."
"Wir haben das [neue] Triebwerk von Renault vorliegen. Das ist schon mal gut und ermutigend, denn es zeigt, dass sie die Entwicklung vorantreiben. Für uns war es aber besser, damit noch zu warten, einfach deshalb, um die Anzahl der Grid-Strafen zu reduzieren", so Seidl.
Früher oder später wird McLaren mit Speerspitze Sainz aber in diesen sauren Apfel beißen müssen - möglicherweise schon an diesem Wochenende in Spielberg, wo die Motorleistung ein entscheidendes Kriterium ist.