• 25. Juni 2019 · 17:00 Uhr

Österreich: Drei Gründe, die gegen Mercedes sprechen

Wann endet die Siegesserie von Mercedes in der Formel 1? Toto Wolff ist vor seinem Heimrennen skeptischer als die meisten Beobachter von außen ...

(Motorsport-Total.com) - Es fällt einem aktuell schwer, Gründe zu finden, warum Mercedes das jeweils nächste Rennen nicht gewinnen sollte. Aber wenn einem wirklich gar nichts mehr einfällt, ist auf Toto Wolff Verlass. Der Silberpfeil-Teamchef lässt sich auch nach zehn Siegen hintereinander nicht dazu verleiten, sich zurückzulehnen. Sondern fokussiert sich mit seinen Mitarbeitern stets auf die (wenigen) verbliebenen Schwachstellen. Wahrscheinlich ein Geheimnis seines Erfolgs.

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2018 verzeichnete Mercedes in Österreich einen Doppelausfall (Bild: Valtteri Bottas) Zoom Download

"Österreich", sagt Wolff vor seinem Heimrennen auf dem Red-Bull-Ring in Spielberg (Formel 1 2019 live im Ticker), "ist für uns auf dem Papier nicht so gut wie Frankreich. Weil es steil den Berg hinaufgeht und heiß werden soll. Das sind unsere beiden Schwachstellen gegenüber Ferrari. Die haben richtig Power auf den Geraden und auch keine Sorgen mit der Kühlung. Das ist unsere Achillesferse."

Schwachstelle Nummer 2: "In diesem Jahr war unsere Zielankunftsquote bislang gut. Aber es wäre selbstgefällig, die Tatsache zu ignorieren, dass unsere Mechaniker nun an zwei Rennwochenenden hintereinander das Pendant zu einer Operation am offenen Herzen an unseren Autos durchführen mussten", sagt Wolff.

Was er damit meint: Beim Grand Prix von Kanada hatte die Mercedes-Crew nach dem Qualifying ein Hydraulikleck am Wagen von Lewis Hamilton entdeckt. Wegen der Parc-ferme-Regeln konnte das erst am Sonntagmorgen beseitigt werden. Und auch in Frankreich wurde bis kurz vor der Vorstartphase an Hamiltons Auto gearbeitet.

Jüngste Problemchen verunsichern Mercedes

Dazu kommt: Schon in Kanada trat bei Lance Stroll (Mercedes-Kundenteam Racing Point) ein Problem am neuen Spec-2-Motor auf. "Wir hatten eine Reihe verschiedener Schwierigkeiten an unterschiedlichen Komponenten, von denen jede leicht einen Ausfall hätte verursachen können", sagt Wolff. Das müsse man "so schnell wie möglich lösen".

Schwachstelle Nummer 3: 2018 hat Mercedes am Red-Bull-Ring den "Tiefpunkt der vergangenen Saison" erlitten, erinnert sich Wolff an den Doppelausfall und sagt: "Das Rennen war eine grausame Erinnerung daran, wie schnell die Dinge in unserem Sport falsch laufen können und dass Zuverlässigkeit sowie Performance in der Formel 1 Hand in Hand gehen."

"Wenn man dann noch die kurze Streckenlänge und die engen Abstände auf diesem Kurs in Betracht zieht, ist unsere Richtung klar: Wir müssen weiter sorgfältig arbeiten, ruhig bleiben und alles geben, um diesmal bessere Arbeit abzuliefern als vor zwölf Monaten."


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Nicht nur im Hinblick auf Österreich, sondern auch im Hinblick auf die WM ist Wolff übrigens skeptisch. Die einen sehen 76 Punkte Vorsprung von Hamilton auf Sebastian Vettel als beruhigenden Polster an. So einen Rückstand hat in der Geschichte der Formel-1-WM noch nie ein Fahrer aufgeholt.

Bei den Konstrukteuren ist es sogar noch deutlicher: Da führt Mercedes mit 338 zu 198 Punkten vor Ferrari. Aber man kann es auch anders sehen - so wie Wolff: "13 Rennen noch mit 44 Punkten, das macht 576 Punkte!" 140 Punkte Vorsprung seien "nicht genug", hält er fest.

Le Castellet: So sehr dominiert Mercedes

Doch bei aller Skepsis, die in Wolffs Position elementar wichtig sein mag: Von außen betrachtet ist die Mercedes-Dominanz derzeit erdrückend. Das beste Beispiel dafür war die letzte Runde beim Grand Prix von Frankreich, als sowohl Hamilton als auch Vettel auf die Idee kamen, sich den Bonuspunkt für die schnellste Runde zu sichern.

Vettel begann die Runde auf den weichsten Pirellis, brandneu, vorbelastet mit nur einer Out-Lap. Bei Hamilton hatten die härtesten Pirellis schon 28 Runden auf dem Buckel. Der Unterschied zwischen Soft und Hard lag in Le Castellet laut Pirelli-Auskunft bei 1,2 Sekunden. Am Ende war Vettel aber nur um 0,024 Sekunden schneller als Hamilton.


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Das hat selbst die Mercedes-Ingenieure überrascht. Sie hätten Vettel nicht bei 1:32.740 Minuten erwartet, sondern unter 1:32. Es stimmt zwar, dass am Ferrari das Batteriemanagement im Finish nicht mehr optimal funktionierte. Aber das hat vielleicht zwei, drei Zehntelsekunden gekostet - und nicht eine Sekunde.

Mercedes ist in der komfortablen Position, in Sachen Weiterentwicklung nichts mehr riskieren zu müssen. Selbst wenn Ferrari technisch gesehen aufschließen sollte, hat man genug Punktevorsprung, um davon ein Weilchen zu zehren. Und Ferrari ist weit davon entfernt, Mercedes einzuholen. Noch verstehen die Italiener nicht einmal, warum sie so langsam sind.

Hamilton: "Machen nur Feintuning"

Währenddessen kann sich Mercedes darauf konzentrieren, das zu optimieren, was man hat, ohne Risiko - und mit fast garantierten (wenn auch nur kleinen) Fortschritten: "Wir hatten hier keine Upgrades, sondern machen nur Feintuning", räumt Hamilton ein. "Mein Gefühl wird immer besser, je länger die Saison dauert. Besonders im Qualifying, aber auch im Rennen."

Von außen hat man den Eindruck, dass sich Hamilton fast danach sehnt, seinen Lieblingsrivalen Vettel mit gleichen Mitteln zu bekämpfen. So wie in Kanada: "Ich würde mir mehr solche Rennen wünschen", nickt er. "Und ich hoffe, dass Ferrari mehr Downforce bringt und nicht nur auf den Geraden schnell bleibt. Damit wir richtig fighten können."

Österreich könnte seiner Meinung nach eng werden, denn: "Es wird dort brütend heiß. Jeder wird ein bisschen runterdrehen müssen, weil es so heiß wird. Das ist mit diesen schweren Autos eine gewaltige Herausforderung für die Bremsen. Und im Vorjahr sind wir beide ausgeschieden. Da haben wir jetzt nicht gerade das allergrößte Selbstvertrauen."

Und trotzdem ist die Vorfreude beim Teamchef groß. Schließlich hat Wolff einen besonderen Bezug zum Red-Bull-Ring: "Es freut mich natürlich, nach Österreich zu kommen. Ich habe lange am alten Österreichring gelebt und mit 18, 19 als Instruktor dort gearbeitet. Insofern ist es für mich ein bisschen so, als würde ich nach Hause kommen."

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