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Formel Langeweile: Mistral-Gerade könnte verlängert werden
Warum das Überholen in Le Castellet 2019 schwieriger war als 2018 und was die Formel 1 für den Frankreich-Grand-Prix 2020 unternehmen könnte
(Motorsport-Total.com) - "Zzzzzzzzzzz": Das ist nicht etwa ein Schüler, der beim Üben endlich auch den letzten Buchstaben des Alphabets beherrscht, sondern der Titel der französischen Motorsport-Bibel 'AUTO hebdo' nach dem Grand Prix von Frankreich. Unser Experte Marc Surer meinte, es sei ihm "schwer gefallen wach zu bleiben". Und im britischen 'Telegraph' schrieb ein Kolumnist: "Der Grand Prix von Frankreich war das schlechteste Rennen, das ich je gesehen habe. Die Formel 1 muss sich ändern, oder der Sport wird sterben."
Tatsächlich war Le Castellet 2019 kein Sportevent, das einen vom Hocker gerissen hat. 52 Runden lang mussten auch einige unserer Redakteure kämpfen, sich wach zu halten. Doch immerhin entschädigte die letzte Runde für vieles: der Tausendstel-Thriller zwischen Sebastian Vettel und Lewis Hamilton um den Bonuspunkt, der sensationelle Vierkampf um den siebten Platz.
Und auch in Sachen Überholmanöver hat es in der Geschichte der Formel 1 sicher schon langweiligere Rennen gegeben. George Russells (zweite) Attacke gegen Robert Kubica war vom Feinsten. Man konnte sie nur im TV nicht sehen. Und auch die beiden Toro Rossos lieferten sich Racing auf höchstem Niveau.
Insgesamt gab es gut zwei Dutzend Überholmanöver. Aber gefightet wurde meist abseits des TV-Weltsignals. Dazu kommt: "Paul Ricard hat viele langgezogene, mittelschnelle Kurven. In denen ist es schwierig, einem anderen Auto zu folgen", erklärt Daniel Ricciardo. Er war einer derjenigen, die es auch weiter vorne im Feld probierten. Er kassierte dafür zweimal fünf Sekunden Strafe.
Problem: In der "dirty Air" gehen die Reifen kaputt
"In den ersten paar Runden, als ich hinter den Jungs mit dem Soft fuhr, habe ich damit komplett meine Reifen gekillt", weist der Renault-Pilot auf die Folgen der sogenannten "dirty Air" hin. "Es war mein eigener Fehler, dass ich am Start Positionen verloren habe. Aber, ja, das macht das Rennfahren sicher nicht leichter."
Sein Vorschlag: "Sie haben doch so viele Streckenvarianten hier. Vielleicht können sie sich mal eine andere anschauen." Bereits 2018 haben Fahrer und Fans gleichermaßen gefordert, die legendäre Mistral-Gerade nicht durch eine Schikane mittendrin zu entmannen, sondern voll auszufahren. Ein Ruf, der jetzt wieder lauter wird.
"Paul Ricard", sagt Mercedes-Teamchef Toto Wolff, "hat eigentlich alle Zutaten, die es braucht: Südfrankreich, glamourös, eine fantastische Anlage. Vielleicht brauchen wir nur eine lange Gerade statt der Schikane mittendrin, damit mehr Windschattenfahren stattfindet. Das würde der Show sicher guttun."
Eine Idee, der FIA-Rennleiter Michael Masi aufgeschlossen gegenübersteht: Man habe sich damit zwar noch nicht beschäftigt, "aber wir schauen uns das gern an", sagt er. Mit einer Einschränkung: "Es mag nach einer tollen Idee klingen, aber wenn man nochmal 500 Meter dranhängt, kann das alle möglichen Auswirkungen haben, an die wir jetzt vielleicht noch nicht denken."
Baku und Montreal als Vorbild?
Für eine verlängerte Mistral-Gerade spricht: "Wir hatten in Montreal tolles Racing, wir hatten in Baku tolles Racing", wirft Wolff ein. Und: Eine lange Gerade würde den DRS-Effekt verstärken. Was mit den neuen Autos, die 2017 eingeführt wurden, wohl nötig ist: "Die Autos sind schnell und spektakulär. Aber das Problem ist, dass du nicht nach ranfahren kannst", sagt Nico Hülkenberg.
Etwas, was in der Aufarbeitung des Rennens untergegangen ist, ist der Faktor Wind. 2018 herrschte in Le Castellet Gegenwind auf der Mistral-Geraden. Das hilft beim Überholen, weil der Vordermann voll im Wind steht - während sich der Hintermann von Windschatten und DRS schleppen lassen kann.
"Das hätte schon geholfen, eine Attacke zu reiten", stimmt Hülkenberg zu. Zumal sich der Wind nicht nur auf den Geraden ausgewirkt hat: "Er kam von der Seite. Zum Beispiel in Kurve 9, da ist ständig das Heck ausgebrochen. Es war schwierig heute."