• 23. Juni 2019 · 13:04 Uhr

Temperaturmanagement: Warum Mercedes Sektor 3 dominiert

Der Vorsprung von Mercedes ist seit Barcelona noch größer geworden, doch es gibt auch eine Parallele: Die Dominanz im kurvenreichen dritten Sektor

(Motorsport-Total.com) - "Gemeinsam mit Barcelona war das unsere bisher stärkste Leistung", sagt Mercedes-Teamchef Toto Wolff nach der Doppel-Pole im Qualifying zum Grand Prix von Frankreich (Formel 1 2019 live im Ticker). In Barcelona betrug der Vorsprung 0,9, am Samstag in Le Castellet "nur" 0,6 Sekunden. Aber es gibt zwischen den beiden Events eine auffällige Parallele.

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Lewis Hamilton sicherte sich in Le Castellet überlegen die Pole-Position Zoom Download

Und zwar den dritten Sektor: Immer dann, wenn es kurvig ist, geht der Mercedes am besten. Zwar war der Abstand im Qualifying nicht mehr so groß wie in den Freien Trainings, aber Hamilton nahm Charles Leclerc im letzten Teil der Strecke 0,210 Sekunden ab - und das trotz eines gewaltigen Schnitzers auf seiner Pole-Runde.

"Es war dort wirklich böig und ich habe das Heck verloren", gibt der fünfmalige Weltmeister zu. Andrew Shovlin, Leiter des Mercedes-Einsatzteams an der Strecke, wird präziser. Der Fehler habe "vier Zehntel" gekostet: "Dass er trotzdem mit so einem Vorsprung auf der Pole steht, zeigt, wie gut seine Runde bis zu diesem Zeitpunkt war."

Kalkuliert man diese vier Zehntel ein, dann ist Mercedes im dritten Sektor um sechs Zehntelsekunden schneller als Ferrari. Und auf die gesamte Runde gesehen um eine Sekunde. Das bedeutet, dass der Abstand seit Barcelona nicht kleiner, sondern etwas größer geworden ist - wie im Formel-1-Podcast 'Starting Grid' bereits nach dem Montreal-Wochenende analysiert wurde.

Was Mercedes besser macht als Ferrari & Co.

Die Mercedes-Dominanz insbesondere im dritten Sektor liegt hauptsächlich am Reifenmanagement. Während die anderen Teams besonders mit dem Soft-Pirelli über Graining klagen, kennt Mercedes solche Sorgen nicht. Was nicht nur vom aerodynamischen und mechanischen Grip kommt. Sondern vor allem vom Temperaturmanagement.

Graining ist, wenn die Lauffläche des Reifens schnell überhitzt, während der innere Kern zu kalt bleibt. Das hat Mercedes besser im Griff als alle anderen. Die Forschung, die Ende 2018 mit den damals eingeführten "Wunderfelgen" erstmals nach außen sichtbar wurde, hat Mercedes zur Nummer 1 dabei gemacht, die Reifentemperaturen zu kontrollieren.

Die Fachpublikation 'auto motor und sport' berichtet außerdem, dass Mercedes mit weniger Radsturz fährt als Ferrari & Co. Während die anderen die von Pirelli vorgegebenen Grenzwerte meistens voll ausreizen, kann es sich Mercedes leisten, weniger Sturz zu fahren. Vorteil: mehr Auflagefläche auf der Fahrbahn und damit mehr Grip.

"Es liegt am Grip in den Kurven", nickt Leclerc. "Auf den Geraden sind wir schnell, aber in den Kurven tun wir uns schwer. Dieses Wochenende ist es besonders eigenartig, und wir verstehen das noch nicht ganz. Denn im ersten und zweiten Sektor sind wir dran, aber im dritten verlieren wir sehr viel Zeit. Daran müssen wir arbeiten."

Langsame Kurven bleiben Mercedes-Terrain

Dabei ist die Erklärung banal: Im ersten Sektor geht es mit zwei langen Geraden viel geradeaus. Im zweiten ist die lange Mistralgerade nur durch eine Schikane unterbrochen. Aber ab dem Highspeed-Knick Signes (Kurve 10) geht's in eine Passage aus mittelschnellen und langsamen Kurven. Da ist Mercedes unantastbar.

"Wir haben vor dem Qualifying diskutiert, wie viel Ferrari in Sachen Motorleistung wohl schon freigegeben hat und wie groß der Abstand wirklich sein würde", sagt Mercedes-Sportchef Wolff nach der Doppel-Pole. "Aber wir waren immer ziemlich selbstbewusst, dass das eine unserer besseren Strecken sein würde."


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Bleibt vor dem Rennen eigentlich nur eine Sorge: Der Spec-2-Motor, der in Montreal eingeführt wurde, ist bisher zwar nicht kaputtgegangen, sorgte aber doch für die eine oder andere Schrecksekunde. Bei Lance Stroll (Racing Point) in Montreal, kurz vor dem Qualifying auch am Werks-Mercedes von Hamilton.

"Das waren unterschiedliche Dinge, und nicht alle hatten was mit der Power-Unit zu tun. Eher Power-Unit und Chassis", analysiert Wolff. "Heute war es ein Sensor. Das war unglücklich, weil wir den ganzen Motor und das ganze Getriebe ausbauen mussten, um die kleinen Schalter auseinanderzunehmen."

Obwohl die Situation gut ausgegangen ist, ist Mercedes gewarnt: "Da kann schnell eine Kleinigkeit danebengehen, und dann schleppst du ein Problem ins Qualifying mit rein. Darum haben die Mechaniker sehr sorgfältig gearbeitet. Sie haben uns jetzt schon ein paar Mal gerettet. Das sind Dinge, die müssen wir in den Griff bekommen", so Wolff.

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