• 21. Juni 2019 · 18:08 Uhr

Hamilton kommt Verstappen in die Quere: Keine Strafe für den Briten

Lewis Hamilton und Max Verstappen kommen sich im zweiten Freien Training in Frankreich recht nahe - Helmut Marko und Anthony Davidson stimmen Urteil zu

(Motorsport-Total.com) - Lewis Hamilton musste nach dem zweiten Freien Training in Frankreich (Formel 1 2019 live im Ticker!) zu den FIA-Rennkommissaren. Der Brite stand unter Verdacht, Max Verstappen in Kurve 4 behindert zu haben, nachdem er einen Quersteher abfangen konnte und auf die Strecke zurückfuhr. Mittlerweile steht das Urteil fest: Keine Strafe. Dem stimmen auch Red-Bull-Motorsportkonsulent Helmut Marko und TV-Experte Anthony Davidson zu.

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Hamilton vs. Verstappen im zweiten Freien Training Zoom Download

"Die Fahrer stimmen überein, dass die Situation nicht besonders gefährlich war und Verstappen keinen anhaltenden Nachteil im Training daraus gezogen hat", heißt es in der Begründung der Kommissare Tim Mayer, Mathieu Remmerie (bereits in Kanada im Einsatz), Yannick Dalmas und Jean-Marie Krempff.

"Beide Fahrer stimmen überein, dass die eingeschränkte Sicht nach hinten und der Winkel von Auto #44 es Hamilton schwer gemacht haben, das heranfahrende Auto zu sehen, und dass Hamilton langsam auf die Strecke zurückgefahren ist", so die FIA-Offiziellen.

Missgeschick in Kurve 4 weckt Kanada-Erinnerungen

Die Kommissare konnten auf dem Onboard-Video sehen, dass Hamilton zumindest zweimal in den Rückspiegel geschaut hat, bevor er auf die Strecke zurückgefahren ist. Doch was war geschehen?

Vor Kurve 4 passierte das Missgeschick. Hamilton verlor die Kontrolle über seinen Mercedes und versuchte, einen Quersteher dank seiner Fahrzeugbeherrschung noch abzufangen. Dabei traf er einen Poller. Er kam von der Ideallinie ab und fuhr wenig später wieder zurück auf die Strecke - just in jenem Moment kam Verstappen daher.

Der Red Bull nahm in Kurve 4 nicht die Ideallinie, da Hamilton langsam zurück auf die Strecke fuhr. Daraufhin kam der Niederländer selbst von der Ideallinie ab und musste seinen schnellen Versuch abbrechen. Sofort wurden Vergleiche zu jener umstrittenen Szene in Kanada zwischen Hamilton und Sebastian Vettel angestellt.

Der Deutsche wurde bestraft, weil er nicht auf sichere Art und Weise wieder auf die Strecke zurückfuhr und Hamilton gefährdete. Im Sportlichen Reglement steht unter Artikel 27.3 geschrieben: "Sollte ein Fahrer die Strecke verlassen, ist es ihm gestattet, wieder zurückzufahren."

"Allerdings nur dann, wenn gewährleistet ist, dass dies sicher und ohne bleibenden Vorteil geschieht", lautet das Reglement. Für ORF-Experte Christian Klien hat Hamiltons Verhalten in Le Castellet keinesfalls den Anschein erweckt, gefährlich zu sein.

"Ich würde es nicht als gefährlich erachten, wie er auf die Strecke zurückgefahren ist. Da war noch Platz genug. Im Qualifying, wenn er Max' Runde kaputt gemacht hätte, wäre es vielleicht was anderes gewesen." Zwar hat er Verstappens Runde gestört, jedoch sei dies nicht gefährlich gewesen.

Keine Beschwerde von Red Bull und Verstappen

Red-Bull-Motorsportkonsulent Helmut Marko stimmt seinem Landsmann grundsätzlich zu: "Aus meiner Sicht ist das nicht strafwürdig", erklärt er im 'ORF'. Allerdings betont der Grazer, dass die FIA in ihrer Regelauslegung konsequent sein muss. "Wenn man nach der Vorgangsweise von Montreal vorgehen würde, dann müsste jetzt Hamilton eine Strafe kriegen."

Red Bull hat sich bei der Rennleitung nicht über den Vorfall beschwert. Denn grundsätzlich könne man Hamiltons Fahrweise verstehen: "Der ist halt rausgerutscht und hat dann versucht, so schnell wie möglich auf die Strecke zurückzukommen. Ich mache dem Hamilton keinen Vorwurf, sondern das sind die Regeln."

Ein solch striktes Regelwerk dürfe man nicht in die Hände der Kommissare geben, so Marko. "Wenn sie das konsequent verfolgen, dann müsste jetzt eine Strafe kommen", meint er vor der Urteilsverkündung.

Verstappen selbst habe angenommen, dass Hamilton ihn nicht gesehen hat, schildert der Red-Bull-Berater. "Er hat sich nicht beschwert, nichts. Wir sind hier schließlich bei einem Formel-1-Rennen", stellt er klar.

Die Untersuchung kaum glauben kann auch Sky-Experte Anthony Davidson. Der Brite ist fassungslos, dass ein solcher Zwischenfall überhaupt zur Untersuchung bei den Kommissare landet.

"Ich kann kaum glauben, dass wir uns das anschauen, aber das tun wir. Ich würde sagen, dass das natürlich keine Strafe hergibt. Aber das hätte ich auch in Kanada gesagt", erklärt der Ex-Formel-1-Pilot ebenfalls noch vor dem Urteil.

Davidson: "Verstappen wurde nicht rausgedrängt"

Ihm ist aufgefallen, dass Hamiltons Heck nach Kurve 3 erst sehr spät ausgebrochen ist. Er ratterte daher über die Randsteine und schoss den Pfeiler am Streckenrand ab. "Er hat sofort nach links geschaut in den Rückspiegel, um zu sehen, wer angefahren kommt."

"Wenn man in Kurve 4 von der Strecke abkommt, dann muss man rund um den Pfeiler fahren, wenn man wieder auf die Strecke zurückfährt." An der Stelle des Ausritts von Hamilton gab es allerdings keinen Pfeiler, daher nahm der Brite an, er könne einfach langsam wieder auf die Strecke zurückfahren, analysiert Davidson.

"Die andere Option wäre gewesen, dass er auf die Innenseite der Kurve fährt. Aber natürlich muss er irgendwo wieder zurück auf die Strecke. Das macht er." Während Hamilton auf die Strecke zurückkam, schaute er in den Rückspiegel und wusste, dass Verstappen hinter ihm ist. "Er kann ihn sehen."


Grand Prix von Frankreich - Freitag

Verstappen fuhr auf der Außenseite vorbei. "Man kann sehen, dass Max etwas zögernd einlenkt. Er ist sich wohl nicht ganz sicher, wo Lewis sein wird, wenn er zum Scheitelpunkt kommt", so der Brite. Der Niederländer kam dadurch auf den Schmutz am Streckenrand und musste ebenfalls in die großzügige Auslaufzone ausweichen.

"Zu jenem Zeitpunkt, an dem Verstappen in die Kurve einlenkt, ist das Auto gar nicht daneben. Er wird also nicht in irgendeine Situation gezwungen. Lewis hat das Auto ausreichend verlangsamt, um dem anderen Auto, das ihn überholt, die Rennlinie zu überlassen", ist Davidson überzeugt. Er sieht daher auch keinen Grund für eine Bestrafung.

Verstappen hätte laut dem Experten auf seiner Linie weiterfahren können. "Aber er ist aus welchem Grund auch immer von der Ideallinie abgekommen. Vielleicht hat er nicht darauf vertraut, dass das andere Auto genügend verlangsamt." Dass Hamilton den Red Bull von der Strecke gedrängt hätte, lässt Davidson als Argument nicht gelten - eines, das in Kanada schließlich zur Vettel-Strafe führte.

Als Hamilton sah, dass Verstappen in die Auslaufzone gerutscht ist, hob er die Hand und entschuldigte sich beim 21-Jährigen. "Ich denke, Lewis konnte alles sehen und hat bestmöglich versucht, nicht im Weg zu sein", lautet Davidsons abschließendes Urteil.

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