• 10. Juni 2019 · 20:47 Uhr

Reaktionen auf die Vettel-Strafe: Nico Rosberg findet's "total gerechtfertigt"

Nico Rosberg schwimmt gegen den Strom: Der Deutsche sticht mit seiner Meinung zur Strafe für Sebastian Vettel heraus - Villeneuve, Wurz, Webber und Co. einig

(Motorsport-Total.com) - Der Grand Prix von Kanada sorgt weiterhin für Gesprächsstoff. Aktive und ehemalige Formel-1-Piloten melden sich zu dem Zwischenfall zwischen Lewis Hamilton und Sebastian Vettel zu Wort. Die meisten Experten und Routiniers sind sich einig: Vettels Strafe ist überzogen. Doch vor allem Nico Rosberg hält dagegen. Der Weltmeister des Jahres 2016 meint: Die Strafe geht hundertprozentig in Ordnung!

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Nico Rosberg findet die Strafe für Sebastian Vettel gerechtfertigt Zoom Download

"Der Start verlief normal, danach hat Lewis eine wirklich starke Rennpace gezeigt. Das war zu erwarten, denn schon in den Trainings war er auf dem harten Reifen einfach schnell", analysiert Rosberg in seinem neuesten Vlog. Er weiß aus eigener Erfahrung: Hamilton ist in Kanada kaum zu schlagen.

"Dort ist es besonders schwierig, ihn zu schlagen." Vor allem wenn der fünffache Weltmeister dem Führenden eineinhalb Stunden im Getriebe hängt, sei das eine "Extremsituation". Während Vettel sich als Vordermann keinen Fehler erlauben durfte, hatte Hamilton weniger Druck.

Rosberg: "Lewis wäre in der Mauer gelandet ..."

Rosberg erklärt: Der Ferrari-Pilot durfte sich nicht erlauben, "nahe ans Limit" zu fahren. Hamilton dahinter hingegen schon. "Lewis hinter dir zu haben, das ist einfach immer eine unglaubliche Gefahr. Er baut immer riesigen Druck auf."

Schließlich unterlief dem Führenden in Runde 48 ein kleiner Fahrfehler, er musste in Kurve 4 über das Gras ausweichen und kam dann zurück auf die Strecke. Dieser Moment scheidet seither die Geister: Während die eine Seite meint, dass Vettel einfach normal wieder zurückgefahren ist, vertritt die andere Seite eine ganz andere Meinung.

Zur zweiten Fraktion zählt auch Ex-Mercedes-Pilot Rosberg: Zwar habe er sich ebenso einen Sieg des Deutschen gewünscht und ihn sogar angefeuert, jedoch muss er den Rennkommissaren in ihrer Entscheidung recht geben. "Die Regeln sagen: Wenn du von der Strecke abkommst, dann musst du sicher wieder zurückfahren."


Rosberg zu Vettel-Strafe: "100 Prozent verdient"

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Ex-Formel-1-Pilot Nico Rosberg analysiert den Grand Prix von Kanada und ist der Ansicht, dass die Strafe für Sebastian Vettel in Ordnung geht Weitere Formel-1-Videos

"Ich denke, er hätte ganz einfach mehr Platz lassen können. Speziell in der späteren Phase, nachdem Lewis zu bremsen begonnen hat." Das habe Vettel aus der Sicht des Champions jedoch nicht. "Daher hat das Lewis als gefährliche Situation eingestuft, weil Vettel immer weiter rüberzog."

"Ich habe mir die Wiederholungen viele Male angesehen: Lewis wäre in der Mauer gelandet, wäre er auf seiner Spur geblieben, weil Vettel immer weiter nach rechts zog. Es war so eng, Lewis hätte entweder Vettel oder die Mauer berührt."

Daraus folgert Rosberg: Vettel ist nicht sicher wieder auf die Strecke zurückgefahren und hat deshalb gegen die Regeln verstoßen. "Eine Strafe ist in diesem Fall daher gerechtfertigt." Selbst Mercedes-Teamchef Toto Wolff sieht die Entscheidung weniger eindeutig als dessen ehemaliger Pilot.

Keke Rosberg: 60:40-Entscheidung für die Strafe

Der Österreicher sprach von einer 60:40-Entscheidung für die Strafe. Dieser Meinung ist auch Keke Rosberg, Weltmeister des Jahres 1982. "Mein Vater sagte mir: Es sei vielleicht eine 60:40-Entscheidung, 60 Prozent für die Strafe, 40 dagegen." Rosberg senior argumentierte, dass Vettels Reifen schmutzig waren und er nicht besser wieder zurückfahren hätte können.

"Und ich sagte: 'Okay, fein. Na und?' Man muss eben immer noch sicher zurück auf die Strecke fahren. Wenn du die Kontrolle verloren hast, ist das nicht sicher. Das ist es auch schon, eine Strafe ist gerechtfertigt", bleibt Rosberg junior bei seiner klaren Meinung.

Denn das Argument, dass Vettel im Gras weniger stark bremsen konnte und schmutzige Reifen hatte, lässt er nicht gelten. Der ehemalige Teamkollege von Lewis Hamilton möchte allerdings auch festhalten, dass er die Strafenflut an sich "ätzend" findet.

"Wir wollen ja tolles Racing sehen und wollen Rad-an-Rad-Kontakt sehen", stimmt er mit den Fans überein. Und er akzeptiert, dass er mit seiner Meinung in der Minderheit ist. "Ich bekomme jetzt sogar Hassbotschaften aus Italien, aber ich sage euch: Meine Meinung ist ein Fakt, da gibt es nichts zu diskutieren. Ich weiß, worüber ich spreche."

Zwar hätte auch er sich über den ersten Ferrari-Sieg in dieser Saison gefreut, immerhin hätte das der bisher recht eintönigen Saison gutgetan, dennoch plädiert er dafür, dass die Regeln auch angewandt werden. "Man braucht Regeln, denn wenn es die nicht gibt, dann wird es ernst."

"Natürlich wollen wir das sehen, aber ab einem gewissen Punkt wird es einfach zu gefährlich." Seinem Ex-Teamkollegen Lewis Hamilton gibt er keine Schuld an dem ganzen Zwischenfall. "Stellt euch mal vor, Lewis wäre nicht vom Gas gegangen, denn das ist das Entscheidende bei der ganzen Sache", betont er.

Villeneuve: Absicht oder nicht? Das ist entscheidend!

"Lewis hat zurückgezogen, weil er dachte, dass das Risiko zu hoch sein würde, weiter reinzuhalten. Er wäre in der Mauer gelandet. Und Vettel hat die Lücke so weit zugemacht, dass er tatsächlich drin gelandet wäre. Das muss man sich ansehen und beurteilen: Was wäre passiert, wäre Lewis auf seiner Linie geblieben?", stellt er eine rhetorische Frage.

Für Rosberg gibt es eine deutlich Antwort: Er ist voll auf Kurs der Rennkommissare. Dass die Mehrheit der Reaktionen negativ war, überraschte ihn dann doch. Viele seiner ehemaligen Kollegen und Mitstreiter stimmen ebenso wenig mit Rosberg überein.

Jacques Villeneuve, der nicht dafür bekannt ist, sich ein Blatt vor den Mund zu nehmen, versteht die Bestrafung des Ferrari-Piloten keinesfalls: "Das ist doch nicht Racing!", wettert der Weltmeister des Jahres 1997. Er ist der Meinung, dass es einen Unterschied geben sollte, ob Absicht im Spiel war oder nicht.

"Man sollte niemals etwas absichtlich machen, um den anderen Fahrer von der Strecke abzudrängen und ihn in Gefahr zu bringen. Aber wenn man eine Schikane abkürzt, dann geht man gleich wieder aufs Gas, auch wenn es riskant ist, weil das die anderen dahinter wissen", argumentiert der Kanadier.

Er ist sich sicher, dass diese Entscheidung der Rennkommissare "schlecht" für die Formel 1 sei. "Das hat das Rennen ruiniert, eine schlechte Entscheidung." Ganz ähnlich äußerte sich auch Ex-Pilot Mark Webber auf Twitter: "Ist einer der Kommissare schon mal an der Spitze der Formel 1 gefahren? Ich habe das Rennen nicht geschaut, habe jetzt den 'Zwischenfall' gesehen. Übergeschnappte Strafe."

"Das hat das Rennen ruiniert, eine schlechte Entscheidung."Jacques Villeneuve
GPDA-Vorsitzender Alexander Wurz hat beobachtet: "[Vettels] Helm hat sich erst bewegt, um in den Rückspiegel zu schauen, als er die Lenkung korrigiert hat! Dass er so weit geschlittert ist, das hat mit physikalischen Grundgesetzen zu tun. Dass Lewis keinen Platz mehr hatte, ist auf Stadtkursen die Regel."

Ricciardo erinnert sich an Monaco 2016

Der Österreicher fragt sich, was mit dem Slogan "Lasst sie fahren" ("Let them race") passiert ist. Er findet, dass es die Strafe nicht unbedingt geben hätte müssen. Dieser Meinung haben sich auch die Weltmeister Jenson Button, Nigel Mansell, Damon Hill und Mario Andretti angeschlossen.

Selbst aktuelle Piloten verstehen die Regelfindung der Kommissare nicht. Renault-Pilot Daniel Ricciardo argumentiert: "Wenn Sebastian etwas weiter nach links zieht, dreht er sich. Wenn er auf dem Gras bremst, dreht er sich auch. Lewis hatte nicht viel Platz, aber genug", wird der Australier bei 'Auto Bild motorsport' zitiert.

Er selbst hat eine ähnliche Situation 2016 in Monaco gegen Hamilton erlebt, die am Sonntag auch auf Social Media als Vergleich die Runde machte. "Er hatte den Notausgang gewählt und mich danach fast in die Mauer gedrückt. Damals war seine Aktion gegen mich härter und enger als jetzt. Er hat keine Strafe bekommen. Das war gut. Es war hartes Racing."

Da kann Renault-Teamchef Cyril Abiteboul nur zustimmen. Der Franzose wollte zwar den konkreten Vorfall nicht kommentieren, er strengt aber eine Diskussion auf Metaebene an: "Wir sprechen jedes Mal über solche Zwischenfälle, wir diskutieren und widmen uns dann einfach dem nächsten Thema."

Das sei ein großes Problem der Formel 1. "Es gibt keine Konstanz bei der Regelauslegung. Wenn wir uns sicher sind, dass es da ein Problem gibt, dass sollten wir das auch lösen, weil wir es sonst wieder vergessen. Wenn das ein wahres Problem ist, dann sollten wir uns gemeinsam hinsetzen und das diskutieren."

Toro-Rosso-Pilot Daniil Kwjat, der selbst bereits des Öfteren mit den Kommissaren zu tun hatte, ist derselben Meinung. Auch er kritisiert die fehlende Konstanz der Regelauslegung: "Jeder Kommissar hat eine andere Meinung. Mancher gibt eben Strafen aus, manch anderer nicht. Ehrlich gesagt, weiß man nie, was einen erwartet, wenn man zu den Kommissaren gehen muss."

Die Vettel-Strafe sei aus Sicht des Russen ebenso zu hart. "Hätte er es fünfmal in Folge gemacht, okay, aber es war nur einmal. Ich respektiere beide, beide sind großartig, aber in diesem Fall ist das ein bisschen hart." Er plädiert aber auch dafür, die Arbeit der FIA-Kommissars zu respektieren. "Ich glaube, dass es nicht einfach ist [eine solche Entscheidung zu treffen]."

Hitzig diskutiert wurde auch in der neuesten Ausgabe des Formel-1-Podcasts "Starting Grid". Chefredakteur Christian Nimmervoll stellte sich in der 100-minütigen Show konsequent gegen die These, Vettel habe mit Absicht gehandelt. Jetzt anhören!

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