Ferrari meldet gegen Rennergebnis in Kanada Protest an
Ferrari hat bei der FIA die Absicht für einen Protest des Rennergebnisses in Kanada hinterlegt - Problem: Gegen die Zeitstrafe selbst kann kein Protest eingelegt werden
(Motorsport-Total.com) - Ferrari hat angekündigt, gegen die Strafe für Sebastian Vettel beim Großen Preis von Kanada Protest einzulegen. Die Scuderia hat die FIA bereits über diesen Schritt informiert und hat 96 Stunden Zeit, um Beweismaterial zu sammeln und zu entscheiden, ob man den Protest auch einreicht und bis zum Ende verfolgt.
Die Stewards hatten Vettel eine Zeitstrafe von fünf Sekunden aufgebrummt, weil er in Kurve 3 die Strecke verlassen hatte und anschließend vor Lewis Hamilton unsicher wieder auf die Strecke zurückgekommen war. Durch die Strafe hatte der Deutsche den möglichen Sieg in Montreal verpasst.
Das Problem ist, dass das Sportliche Reglement nicht vorsieht, dass man gegen eine Zeitstrafe während des Rennens Protest einlegen kann (Artikel 38.3). Allerdings gibt es wohl ein kleines Schlupfloch: Unter Artikel 38.1 kann man den Zwischenfall selbst anfechten. Ferrari bestreitet, dass Vettel die Strecke auf unsichere Weise wieder befahren oder Hamilton von der Strecke gedrückt habe.
Hamilton neben der Strecke oder nicht?
Formel-1-Journalist Will Buxton wirft zudem eine weitere Frage auf: Auf einem Foto ist klar zu erkennen, dass Hamilton in der Szene mit allen vier Rädern außerhalb der durchgezogenen weißen Linie ist. Hätte er Vettel überholt, wäre das dann eine Strafe für Überholen neben der Strecke gewesen? Wenn es hingegen zur Strecke dazugehört, dann kann Vettel Hamilton auch nicht von der Strecke gedrückt haben.
Die FIA wird sich noch einmal mit dem Vorfall auseinandersetzen müssen. Ferrari hat auf jeden Fall die Meinung zahlreicher Rennfahrer auf seiner Seite. Fast einhellig herrschte die Meinung, dass die Strafe gegen den Deutschen nicht gerechtfertigt war, weil dieser auf dem Gras keine andere Chance hatte. "Er hatte sogar Glück, dass er auf der Strecke geblieben ist. Da war keine Absicht dahinter", meint Teamchef Mattia Binotto.
"Wir stimmen der Entscheidung nicht zu", fügt der Italiener weiter an, sagt aber dazu, dass Ferrari eben nicht die Entscheidungsgewalt habe. "Es gibt andere Leute, die das entscheiden, und ihre Meinung zählt. Aber wir sind nicht glücklich darüber und sind anderer Meinung."
Wolff: Kommissare haben nach den Regeln gehandelt
Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff entgegnet, dass die Stewards nach dem Regelbuch gehandelt haben, und die Strafe daher korrekt ist. Ob er das gut findet, sei ein anderes Thema: "Wenn wir nicht glücklich über die Regeln sind, weil wir härteres Racing wollen, dann stimme ich zu", stellt er klar.
Lewis Hamilton sieht in Vettels Fahrweise hingegen einen Regelverstoß: "Wenn du von der Strecke abkommst, dann solltest du nicht direkt wieder auf die Rennlinie kommen. Du solltest die Strecke sicher wieder befahren", so der Brite. Das steht allerdings im Gegensatz zum Großteil der Expertenmeinungen, die das auf Gras eben nicht so einfach möglich sehen.
Vettel: Entscheidung dauerte lange
Dass es auch für die Stewards keine klare Sache war, macht Vettel an der Tatsache fest, dass die Entscheidung gegen ihn erst ein paar Runden nach der Szene fiel. "Wenn du jemanden erschießt, ist ziemlich klar, dass du ein Mörder bist", vergleicht er. In seinem Fall habe es jedoch ziemlich lange gedauert. "Ich weiß auch nicht, wie sie zu der Entscheidung gekommen sind", sagt er.
Fraglich ist, ob die Entscheidung der Formel 1 nachhaltig Schaden zufügt. "Man muss die Leute auf den Tribünen fragen, die dafür bezahlt haben, um dort zu sitzen und das Rennen zu schauen", meint Vettel dazu. "Ich wäre nicht glücklich, wenn ich 70 Runden lang einen Kampf sehe und dieser dann durch solch eine Entscheidung kaputtgemacht wird."
Doch von solchen Rahmenbedingungen dürfen sich die Stewards bei ihrer Entscheidung nicht beeinflussen lassen. Sie müssen nach objektiven Kriterien werten und entscheiden. Ferrari hat nun Zeit, um nachzuweisen, dass die Entscheidung objektiv gesehen falsch war. Dann liegt der Ball bei der FIA.