Formel-1-Training Kanada 2019: Mercedes strauchelt
Mattia Binotto sieht die Favoritenrolle nach der nächsten Doppel-Bestzeit bei Mercedes, Toto Wolff wiederum staunt über den enormen Topspeed der Roten
(Motorsport-Total.com) - Das Primetime-Qualifying in Montreal (Formel 1 2019 ab 19:55 Uhr live im Ticker) könnte zum echten Thriller werden: Im abschließenden dritten Freien Training zum Grand Prix von Kanada sicherte sich nämlich Sebastian Vettel die Bestzeit, 0,139 Sekunden vor seinem Teamkollegen Charles Leclerc. Ferrari hat damit beste Chancen, Mercedes im Kampf um die Pole-Position ernsthaft herauszufordern.
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Sebastian Vettel sicherte sich die Bestzeit im dritten Freien Training in Kanada Zoom Download
Auch wenn Teamchef Mattia Binotto dem Blick auf die Ergebnisliste noch nicht ganz traut: "Die Motorenmodi sind sicher unterschiedlich gewesen, wie so oft im dritten Training. Wir erwarten, dass unsere Gegner am Nachmittag sehr stark sein werden", sieht der Italiener weiterhin Mercedes in der Favoritenrolle.
Mercedes-Teamchef Toto Wolff winkt ab: "Sie sehen sehr stark aus, haben einen enormen Topspeed. Das wird ein harter Kampf. Wir gewinnen in den Kurven auch nicht viel. Ein bisschen, ja, aber auf der langen Geraden ist der Geschwindigkeitsunterschied enorm. Ich glaube, sie fahren ein bisschen weniger Downforce. Der Rest ist schiere Power."
Der Rückstand von Mercedes auf der Stoppuhr ist erheblich: Lewis Hamilton (3.) fehlten 0,393, Valtteri Bottas (4.) 0,688 Sekunden. Aber noch beunruhigender ist eine Beobachtung des ehemaligen Formel-1-Weltmeisters Jenson Button bei 'Sky': "Die Räder blockieren ziemlich oft. Sie sind am Limit. Das sehen wir sonst nicht so oft."
Wie viel kann Mercedes noch zulegen?
Dass Mercedes im Qualifying, wenn es drauf ankommt, noch zulegen kann, haben wir dieses Jahr schon oft erlebt. Aber diesmal ist die Ausgangslage so spannend wie noch nie in dieser Saison. Zumal auch aus deutscher Sicht erfreulich: Bevor Vettel seine Bestzeit von 1:10.843 Minuten setzte, lag er meistens hinter Leclerc. Der Platztausch am Ende: psychologisch wichtig.
Ferrari und Mercedes werden möglicherweise versuchen, Q2 mit dem Medium-Pirelli zu überstehen, um sich für das Rennen mehr strategische Optionen zu schaffen. Eine Taktik, die für Red Bull nicht in Frage kommt. Max Verstappen und Pierre Gasly stehen zwar in der gedachten dritten Startreihe. Ihr Rückstand beträgt aber eine glatte Sekunde.
Die Positionen fünf und sechs sind das Mindestziel, das Teamchef Christian Horner anvisiert. Von da aus, glaubt er, ist im Rennen dann auch das Podium drin: "Ich denke, wir sollten näher dran sein. Besonders im Rennen", erklärt Horner. "Die hohen Temperaturen, der hohe Reifenverschleiß, das sollte uns helfen."
Hülkenberg: Keine optimale Runde
Hinter den drei Topteams kam es zu einigen kleinen Überraschungen: Daniel Ricciardo (7.) bestätigte den starken Freitag von Renault. Lando Norris (McLaren) lag phasenweise in den Top 5, wurde letztendlich Achter - vor Sergio Perez (Racing Point), der bisher ein starkes Wochenende abliefert, und Daniil Kwjat (Toro Rosso) auf P10.
Nico Hülkenberg (Renault) hat sicher ebenfalls Top-10-Potenzial, er konnte aber keine persönliche Bestzeit umsetzen, als die Reifen am frischesten waren. So wurde er Elfter, drei Zehntelsekunden hinter seinem Teamkollegen. Romain Grosjean (Haas) wurde 17. Er fuhr nach einem Mauerkuss in der "Wall of Champions" nach elf Runden an die Box und kam nicht mehr raus.
Für einen Zwischenfall sorgte auch Lokalmatador Lance Stroll, als sein Racing Point eine spektakuläre Stichflamme warf. Was rein optisch nach einem klassischen Motorschaden aussah, wurde am Boxenfunk als "Hydraulikleck" bezeichnet.
Mercedes bestätigte später, dass es sich tatsächlich um einen Defekt der Antriebseinheit handelte. Stroll konnte danach nicht mehr auf die Strecke gehen und musste eine neue MGU-K einbauen lassen.