Hat Ferrari Mitschuld am Leclerc-Crash? Vettel sagt nein, Rosberg sagt ja!
Während Sebastian Vettel mit der Ferrari-Reifentaktik im Baku-Qualifying leben kann, geht Nico Rosberg hart mit der Scuderia ins Gericht
(Motorsport-Total.com) - Der große Aufreger im Qualifying zum vierten Rennen der Formel-1-Saison 2019, dem Grand Prix von Aserbaidschan in Baku, war der Crash von Pole-Favorit Charles Leclerc in Q2. Der Ferrari-Pilot hatte sich nach reihenweise Trainingsbestzeiten schlichtweg verbremst und sucht die Schuld für den Crash bei niemandem anderen als sich selbst.
Als Grund für seinen Verbremser in Kurve 8, der schließlich zum Crash führte, nannte Leclerc die Tatsache, dass er mit den Medium-Reifen so spät gebremst hat, wie wenn es Soft-Reifen gewesen wären. Auch Vettel war in Q2 mit der Medium-Mischung unterwegs und wäre um ein Haar ebenfalls abgeflogen. Trägt Ferrari aufgrund der Reifentaktik also eine Mitschuld an den eineinhalb Unfällen?
Auf die Frage, ob Ferrari seinen Piloten mit den härteren Reifen zu viel Risiko aufhalste, antwortet Vettel: "Nein, das glaube ich nicht. Dass wir zu kämpfen hatten, hat man natürlich gesehen. Aber die Streckentemperatur war zu diesem Zeitpunkt schon recht niedrig, was es speziell in der ersten Runde nicht einfach machte. Ich war aber zuversichtlich, dass es in der zweiten Runde besser sein würde. Als Charles seinen Abflug hatte, fuhr ich direkt hinter ihm. Das ist dort einfach eine knifflige Stelle. Ich denke nicht, dass es an den Reifen lag."
Rosberg mit heftiger Kritik an Ferrari
Ganz anders sieht es derweil Ex-Weltmeister Nico Rosberg. In einem von ihm selbst am Strand von Ibiza gedrehten Video geht der ehemalige Mercedes-Pilot hart mit Ferrari ins Gericht: "Ferrari hat es wieder weggeschmissen. Es ist unglaublich, wie sie das jedes Mal aufs Neue hinkriegen. Leclerc war absolut super drauf an diesem Wochenende und wäre sicher auf die Pole gefahren. Ich kreide es nicht ihm an, sondern dem Team."
Was Rosberg damit meint? "Ferrari wollte besonders clever sein und in Q2 mit den härteren Reifen fahren. Vielleicht war man zu selbstsicher - aber doch nicht auf einem Stadtkurs! Von da an ging es bergab und ich habe nur mit dem Kopf geschüttelt", sagt der Weltmeister von 2016 und bezeichnet es als "enttäuschend", weil man "als Fahrer einen Rhythmus braucht".
Grundsätzlich sieht sich Ferrari in Baku näher an Mercedes dran. "Wir verstehen sukzessive besser, wo wir im Vergleich zu Mercedes Schwächen haben", sagt Vettel und urteilt: "Die ersten Rennen waren schwierig für uns. Die Strecken waren ganz unterschiedlich und das gilt auch für die Bedingungen. Hier waren wir deutlich konkurrenzfähiger, aber ganz dran sind wir noch nicht."
Dass man das grundsätzlich gute Gefühl ausgerechnet im Qualifying nicht umsetzen konnte, weil Leclerc crashte und Vettel nach seinem Beinahe-Crash mit der sinkenden Asphalttemperatur und einem fehlenden Windschatten haderte, umschreibt Vettel nach P3 so: "Einerseits bin ich happy, unter den Umständen mehr oder weniger das Maximum herausgeholt zu haben. Andererseits können wir aus Sicht des Teams nicht zufrieden sein, denn wir hatten damit gerechnet, mit Charles und mir weiter vorn landen zu können. Es ist natürlich schade, dass wir ein Auto verloren haben. Ich bin mir aber sicher, dass wir im Rennen zurückschlagen können."
Leclerc darf für Rennstart neue Medium-Reifen aufziehen
Leclerc wird am Sonntag nach aktuellem Stand der Dinge von P9 losfahren, weil Alfa-Romeo-Pilot Antonio Giovinazzi eine Rückversetzung hinnehmen muss. Doch so bitter der Crash für den Pole-Favoriten aus dem Ferrari-Lager war und ist, einen Vorteil hat das Ganze für ihn sogar.
Weil er sich die Medium-Reifen kaputtgebremst hat, darf Leclerc für den ersten Stint im Rennen von seinem noch aufgehobenen frischen Medium-Satz Gebrauch machen. Damit wiederholt sich das Szenario von Lewis Hamilton, der 2016 ebenfalls in Kurve 8 im Qualifying gecrasht war und damals seinerseits frischbereift ins Rennen gehen durfte. Das Rennen gewann damals übrigens Nico Rosberg...