"Es tut mir leid": Sebastian Vettel entschuldigt sich für Dreher
Ferrari-Pilot Sebastian Vettel nimmt die Schuld für den Dreher in der 38. Runde im Bahrain-Rennen auf sich - Er betreibt mit Platz fünf Schadensbegrenzung
(Motorsport-Total.com) - "Tut mir leid, Jungs", funkt Sebastian Vettel nach der Zieldurchfahrt beim Bahrain-Grand-Prix. Der Ferrari-Pilot beendet das zweite Saisonrennen (Formel 1 2019 live im Ticker!) nur auf der fünften Position, mit 36 Sekunden Rückstand auf Sieger Lewis Hamilton. In Runde 38 nahm sein Rennverlauf in Kurve 4 eine dramatische Wendung: Der Deutsche dreht sich beim Versuch, den Briten zu überholen - wenig später bricht auch noch sein Frontflügel.
"Ich wurde überrascht und habe das Heck verloren. Es tut mir wirklich leid", entschuldigt sich der viermalige Weltmeister bei seinem Team. Vettel war nach seinem zweiten Boxenstopp knapp vor dem Mercedes-Piloten zurück auf die Strecke gekommen und musste sich gegen Hamilton verteidigen.
In der zweiten DRS-Zone konnte sich der Brite an den Ferrari ansaugen und positionierte sich auf der Außenseite von Kurve 4. Ihm glückte das Manöver, doch sobald er am SF90 vorbei war, drehte sich Vettel. Kurz nach dem Rennen nahm der Deutsche die Schuld dafür auf sich. Schon in den Runden zuvor habe er eine ähnliche Situation erlebt: "Ich wollte dann eigentlich auf der Innenseite zurückkommen, ja und dann habe ich schlagartig das Auto verloren. Unterm Strich ist das mein Fehler."
Vibrationen verursachen Schaden am Frontflügel
"Mit dem Dreher war schon klar, dass der Zug dann in dem Moment abfährt. Man versucht einfach weiterzumachen und nicht groß darüber nachzudenken. Mit Sicherheit kann ich nicht zufrieden sein. Der Dreher geht auf meine Kappe." Er beschreibt die spitze Kurve 4 am Ende der zweiten Geraden als "besonders knifflig", da der Wind am Sonntag an dieser Stelle deutlich stärker war. "Mit Sicherheit war es kein einfaches Rennen was die Bedingungen angeht, aber es war für alle gleich."
Das bestätigt auch sein Gegner, Lewis Hamilton, im Parc ferme: "Als ich die Flagge auf dem Tower sah, konnte ich feststellen, dass in Kurve 4 massiver Rückenwind weht. Ich habe dann alles gegeben, und später gebremst als sonst", schildert der Sieger. Eine Berührung mit Vettel habe er nicht verspürt.
Als Folge dieses Zwischenfalls löste sich außerdem sein Frontflügel. Auf der Gegengeraden brach die Frontpartie schließlich ab und flog unter dem Ferrari davon. "Durch den Dreher habe ich die Reifen so sehr beschädigt, dass ich ziemlich viele Vibrationen hatte, was dann später zum Frontflügelschaden führte", erklärt Vettel im Ziel.
Eine Berührung mit Hamilton schließt auch Vettel selbst aus, auch Racing-Point-Pilot Lance Stroll habe ihn beim Überholen wohl nicht getroffen. "Nein, es hat sich so angefühlt, als wäre da bereits ein Schaden gewesen. Vielleicht haben wir uns berührt, bin ich nicht sicher. Ich hatte definitiv Vibrationen aufgrund der Reifen."
Ferrari-Teamchef Mattia Binotto nimmt seinen Fahrer in Schutz. Solche Dinge passieren eben, rechtfertigt er Vettels Verhalten. "Sie kämpfen, es ist nie einfach. Es ist verständlich." Er gibt seinem Piloten keine Schuld.
Abgesehen von seinem eigenen Fehler ist Vettel auch mit der restlichen Vorstellung am Sonntag nicht zufrieden. Zwar konnte er mit einem souveränen Start an seinem Teamkollegen zunächst vorbeigehen, wurde aber nur wenig später von Charles Leclerc wieder überholt. "Ich hatte einen guten Start und schon nach einer halben Runde konnte ich spüren, dass das ein sehr schwieriges Rennen werden würde", verrät der Vorjahressieger.
Erster Stint auf Softs "sehr schwach"
Generell habe er mit fehlendem Grip gehadert, der Ferrari sei sehr schwierig zu fahren gewesen. Besonders der erste Stint auf den gebrauchten weichen Reifen sei "wirklich schwach" gewesen. Seine Lücke zu Leclerc wurde größer, nach seinem ersten Boxenstopp in Runde 14 verlor er außerdem eine Position an Hamilton, der mit dem Undercut die zweite Position eroberte.
Nach dem Wechsel auf den Medium-Reifen habe er sich etwas wohler gefühlt. "Wir alle hatte Schwierigkeiten im Rennen, aber ich hatte besonders zu Beginn des Rennens Probleme. Dann auf dem Medium war es ein wenig besser, aber insgesamt war es nicht die Pace, die ich mir heute vorgestellt habe", muss er ernüchtert resümieren. Nachsatz: "Kein guter Nachmittag."
In Runde 23 schaffte er es vorerst doch an Hamilton vorbei, der zu jenem Zeitpunkt auf den Soft-Reifen Schwierigkeiten hatte. Er hielt zu jenem Zeitpunkt einen Abstand von rund acht Sekunden zum Führenden Leclerc, bis er in Runde 35 schließlich noch einmal an die Box ging und eigentlich auf einem weiteren neuen Medium-Reifen das Rennen zu Ende fahren wollte.
Wie schwierig ist es, ein solches Missgeschick zu verdauen? "Es geht", meint Vettel und ergänzt: "Ich glaube, man hat gesehen, dass ich mich am Anfang schwer getan habe und nicht den Speed hatte. Charles hat sich das ganze Rennen über leichter getan, auf dem Medium-Reifen ging's besser, aber ja es war insgesamt sehr schwer." Während Vettel auf dem Soft-Reifen mit seinem Teamkollegen nicht mitgehen konnte, pendelte sich seine Pace auf dem Medium besser ein.
Um zu Rennende von Position neun aus nach dem dritten Boxenstopp (inklusive Frontflügel-Tausch) noch ein paar Plätze aufzuholen, wurden ihm noch einmal gebrauchte Softs montiert. Schließlich schaffte es der Deutsche noch an McLaren-Pilot Lando Norris und den beiden Renault-Piloten Nico Hülkenberg und Daniel Ricciardo vorbei. Da Red-Bull-Pilot Pierre Gasly noch einen Boxenstopp einlegte, fand sich Vettel schließlich auf Rang fünf, 26 Sekunden hinter Max Verstappen, wieder.
Aus dem Rennen könne er so kurz nach der Zieldurchfahrt "nicht viel" mitnehmen. Aber: "Die Pace, wenn alles zusammenkommt, ist nicht so schlecht, aber reicht noch nicht." Daher hofft Vettel bei den Testfahrten am Dienstag und Mittwoch weitere Erkenntnisse gewinnen zu können. "Wir haben nächste Woche etwas Zeit beim Test, um ein paar Sachen zu probieren, aber mit Sicherheit passt es noch nicht so ganz."
Zwar sei das Potenzial grundsätzlich vorhanden, jedoch tut sich Ferrari "ein bisschen schwer", das auch auszuschöpfen. "Alles in allem kein guter Abend für uns, wenn man vorn losfährt und nicht vorn wieder ankommt." Das bekam auch sein Teamkollege zu spüren. Leclerc rettete trotz eines Motorproblems noch Rang drei ins Ziel. "Das war heute sein Rennen. Es ist natürlich ein insgesamt enttäuschender Tag."
Das weiß auch Teamchef Binotto, obgleich der Italiener das Positive betont: "Wir hatten an diesem Wochenende ein gutes Auto. Ich freue mich für Charles", lässt der Italiener wissen. "Es war kein tolles Rennen für Seb, aber er war Zweiter, als er den Fehler gemacht hat. Er kann also noch gute Leistungen [in dieser Saison] liefern."