• 29. März 2019 · 20:05 Uhr

Mercedes geerdet: Ferrari in Bahrain "mehr Barcelona als Melbourne"

Sechs Zehntelsekunden Rückstand im Training sind ein gewaltiger Batzen Zeit - Doch ist Mercedes wirklich nur zweite Kraft? Dafür ist Silber etwas zu optimistisch

(Motorsport-Total.com) - Trendwende oder Freitags-Bluff? Nach dem ersten Trainingstag beim Großen Preis von Bahrain 2019 (Formel 1 im Live-Ticker!) steht jedenfalls fest: Eine Spazierfahrt wie in Melbourne dürfte dem Mercedes-Team beim zweiten Formel-1-Lauf des Jahres nicht bevorstehen. Auf dem Bahrain International Circuit kamen die Silberpfeile von Lewis Hamilton und Valtteri Bottas in den beiden Freitagstrainings jeweils auf die Plätze drei und vier. In Australien lag Mercedes am ersten Trainingstag noch klar vorn.

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Nur auf den ersten Blick zu langsam? Mercedes hätte da noch Pfeile im Köcher... Zoom Download

Was nach dem silbernen Coup beim Saisonauftakt schon überraschend anmuten mag, wird bei einem Blick auf die Abstände noch erstaunlicher: In der wichtigen Abendsession hatten Hamilton und Bottas 0,603 und 0,711 Sekunden Rückstand. In der weniger wichtigen Tagessitzung waren es sogar 0,974 (Bottas) und 1,247 Sekunden (Hamilton).

Natürlich fragt sich sofort ein jeder, ob Mercedes nach der überlegenen Vorstellung in Australien mehr als nur einen Gang zurückgeschaltet hat. Aber Toto Wolff gibt zu: "Ferraris Pace war hier definitiv mehr auf Barcelona- als auf Melbourne-Niveau." Auch Lewis Hamilton sieht sein Team nach dem ersten Wüsten-Schlagabtausch eher weniger in der Favoritenrolle: "Ferrari hat von Beginn an mehr Pace gehabt als wir - ein komplett anderes Bild, als wir in Melbourne gesehen haben."


Fotos: Grand Prix von Bahrain


Es wäre aber noch zu früh, die Flinte ins Korn zu werfen. Wolff gibt sich angesichts der Zeitenliste erstaunlich optimistisch am freitäglichen Spätabend, obschon er von einem "leichten Vorteil für Ferrari" spricht. "Aber das kann sich im Qualifying schnell ändern. Dann werden wir alles rausquetschen, was in unserem Paket steckt. Und einen Lewis Hamilton sollte man im Qualifying nie unterschätzen."

Hat Ferrari mehr Leistung abgerufen?

Hoffnung für die Mercedes-Techniker macht die Tatsache, dass Ferrari auf den Geraden schneller war als die Werks-Mercedes. Chefingenieur Andrew Shovlin glaubt: "Ferrari ist hier ganz klar auf den Geraden schnell, aber möglicherweise haben sie ihre Antriebseinheit heute etwas härter herangenommen als wir." Und damit liegt er goldrichtig.

Das Ferrari-Team bestätigte am Abend, dass die beiden SF90 mit einem leistungsfähigeren Motorenprogramm unterwegs gewesen sind. Mercedes hat also nicht zurück-, sondern Ferrari hochgeschaltet. Selbst Sebastian Vettel warnt davor, den Ergebnissen zu viel Beachtung zu schenken.

Und noch etwas kommt hinzu: Anders als Ferrari fuhr Mercedes keinen zweiten Qualifying-Run auf frischen weichen Reifen. So gesehen muss man von den Abständen von Hamilton und Bottas noch einmal jeweils eine Zehntelsekunde abziehen. Das war der Rückstand auf Vettel, bevor dieser seine Bestzeit noch einmal verbesserte - inklusive eines dicken Fehlers.

Und Shovlin hat in den Tiefen der Daten bereits weitere Indikatoren gefunden, die dafür sprechen, dass Mercedes bei weitem nicht so schlecht aussieht, wie es die reinen Zeiten erscheinen lassen: "Die Geschwindigkeiten am Kurven-Scheitelpunkt sehen im Vergleich zu unserer Konkurrenz ziemlich gut aus."

Also, ab Samstag doch wieder Melbourne 2.0? Das glaubt dann selbst Shovlin nicht: "Alles in allem sieht es nach einem spannenden Qualifying und Rennen aus und es lässt sich ganz gewiss nur schwer vorhersagen, wer sich am Ende durchsetzen wird."

Balanceprobleme nur bei Hitze

An der Spitze der Formel 1 sorgen unkonventionelle Manöver nicht selten für etwas Unbehagen und Verwirrung. So zeigt sich Wolff überrascht von Ferraris Strategie, einen zusätzlichen Qualifying-Versuch zu unternehmen: "Was sie gemacht haben, ist unüblich. Wir waren überrascht. Es hat vielleicht mit ihrer Reifenstrategie im Rennen zu tun."

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Bottas ist weiterhin in etwa auf Hamiltons Niveau unterwegs Zoom Download

Valtteri Bottas kam zunächst etwas besser mit dem Auto zurecht als Lewis Hamilton. Beide Fahrer klagten nach dem ersten Training über Balanceprobleme, doch es war klar, dass es in der Abendsession, in der die Temperaturen vorherrschten, die auch in Qualifying und Rennen erwartet werden, besser laufen würde. So war es dann auch: Fahrer und Team waren mit dem Fahrverhalten des Autos bei kühler Strecke deutlich zufriedener.

Am Abend drehte der amtierende Weltmeister teamintern den Spieß um. Doch Bottas, der den Schwung nach seinem Melbourne-Hammer nicht abklingen lassen will, kündigt bereits an: "Ich selbst habe noch reichlich Raum für Verbesserungen."

Und da fragt sich so mancher, ob Ferrari womöglich einen zusätzlichen Reifensatz benötigen wird. Denn im Longrun sah der Mercedes konstanter aus als sein Pendant aus Maranello. Trotz des Ergebnisses bleibt also viel Hoffnung für Mercedes-Fans. Doch wie viel von den sechs Zehnteln lassen sich wirklich aufholen? Das weiß momentan niemand. Sowohl Hamilton als auch Bottas sprechen von einem bevorstehenden "harten Kampf". Also so ziemlich dem Gegenteil von dem, was in Melbourne passiert ist.

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