• 17. März 2019 · 10:10 Uhr

Mit Geleitschutz von Leclerc: Ratloser Sebastian Vettel rettet Platz vier ins Ziel

Nach einer Teamorder war klar: Sebastian Vettel wird in Australien Vierter und bestätigt damit seinen Nummer-1-Status bei Ferrari - Reifenabbau macht Probleme

(Motorsport-Total.com) - "Es ist überraschend und schockierend, wie schnell Mercedes heute war", sagt Ferrari-Pilot Sebastian Vettel nach dem Saisonauftakt 2019. (Formel-1-Paddock live: Der Sonntag in Melbourne!) Im Grand Prix von Australien konnte der Deutsche in seinem SF90 vor allem in der zweiten Rennhälfte nicht mit den Silberpfeilen mithalten. Vettel wirkte ratlos, warum er auf dem Medium-Reifen so viel Zeit auf Valtteri Bottas verloren hat. Schützenhilfe bekam er von seinem neuen Teamkollegen Charles Leclerc, der vom Kommandostand angewiesen wurde, hinter Vettel zu bleiben. Am Ende reihen sich die Ferraris mit fast einer Minute Rückstand auf den Rängen vier und fünf ein.

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Sebastian Vettel rettet im Albert Park Rang vier über die Ziellinie Zoom Download

Schon ab dem zweiten Freien Training am Freitag ahnte Vettel und Ferrari, dass Mercedes in Melbourne wohl die Oberhand haben wird. Und so kam es auch am Renntag. Schon im Qualifying musste sich der Deutsche klar geschlagen geben, sieben Zehntelsekunden bekam er von Mercedes umgehängt. Am Rennstart musste er schließlich ein wenig zurückstecken, um nicht mit einem Silberpfeil zu kollidieren.

Schon nach Kurve 1 folgte die erste Machtdemonstration des Deutschen: Er verteidigte sich gegen Leclerc, der innen vorbei wollte, aber zurückstecken musste. Vettel behielt zunächst den letzten Podestplatz. Mit dem Wissen, die Mercedes wohl nur über die Strategie schlagen zu können, wagte er schließlich einen Undercut-Versuch. In Runde 14 schon steckte Vettel von Soft auf Medium um, doch Mercedes konterte - und der zweitplatzierte Lewis Hamilton blieb vorne.

"Die Reifen waren am Ende wirklich zerstört"

"Die Strategie war nicht ideal. Wir mussten aber Vettel covern. Warum die den Sebastian so früh reingeholt haben, wissen wir nicht, aber den Undercut mussten wir covern. Dadurch war sein ganzes Rennen beeinflusst", schildert Mercedes-Teamchef Toto Wolff nach dem Rennen. Im Nachhinein sieht auch der viermalige Weltmeister selbst ein, dass die Strategie nicht die beste war. "Ja, am Ende sieht es wohl danach aus, aber während des Rennens hat es sich nicht so angefühlt."

"Ich weiß nicht, was passiert ist. Der zweite Stint war von Beginn an langsam. Und dann wurde es schlimmer. Auch wenn man sich die anderen ansieht, Max und Charles sind zehn Runden nach mir reingefahren und hatten keine Probleme mit den Reifen." Auf einem frischen Satz Mediums sollte Vettel schließlich 44 Runden absolvieren. Doch der Reifen hielt dieser Belastung nicht stand.

"Die Reifen waren wirklich zerstört am Ende, ich hatte in den letzten 20 bis 30 Runden überhaupt keinen Grip mehr. Der ganze zweite Stint war ehrlich gesagt nicht gerade großartig", muss Vettel nach dem Rennen gestehen. Während er bis Runde 25 seinen Rückstand auf Hamilton konstant bei eineinhalb Sekunden halten konnte, brach die Pace des Ferrari in weiterer Folge ein.

Verstappen vorbeigeschlüpft: Vettel kämpft mit stumpfen Waffen

In Runde 31 bekam er schließlich Druck von hinten. Max Verstappen konnte sich an den Ferrari heranarbeiten und ihn schließlich hinein in Kurve 3 souverän überholen. Gegenwehr war von Vettel keine zu erkennen. "Die [Red Bulls] haben super Power und haben den Vettel aufgeschnupft", analysiert Wolff eiskalt. "Er war viel schneller. Seine Reifen waren natürlich frischer, aber ja, zu diesem Zeitpunkt hatte ich schon nicht mehr den Speed, den ich hätte gehen müssen, um davor zu bleiben", gesteht der Deutsche.

Verstappen schlüpfte "einfach" an Vettel vorbei, der Deutsche kämpfte zu jenem Zeitpunkt auf 16 Runden alten Pneus mit stumpfen Waffen gegen Verstappen auf fünf Runden alten Mediums. In weiterer Folge musste er die Top 3 an der Spitze ziehen lassen und verlor merklich an Boden auf die Konkurrenz. Verstappen hängte den Ferrari daraufhin im Schnitt um acht Zehntelsekunden pro Runde ab. Schließlich konnte Vettel seine Verzweiflung am Teamradio nicht mehr verbergen: "Warum sind wir so langsam?", funkte der Deutsche 15 Runden vor Rennende.

Zu diesem Zeitpunkt lag er bereits knapp zehn Sekunden hinter dem Podest, von hinten holte hingegen Teamkollege Leclerc fast 15 Sekunden an Zeit auf. "Wir wissen es nicht", lautete die knappe Antwort der Ferrari-Boxenmauer auf Vettels Nachfrage. Zwar hatte er die abbauenden Reifen im Verdacht, sicher sei er sich aber nicht, ergänzte er nach dem Rennen. "Ich denke, wir haben uns schwer getan, die Reifen zum Ende zu bringen. Die anderen haben das Problem offensichtlich nicht gehabt. Also haben wir irgendwas verpasst."

Ferrari-Antrieb "war in Ordnung", bestätigt Vettel

Allerdings sucht Vettel den Fehler nicht nur bei den Pirelli-Gummis. "Heute haben mehrere Faktoren mitgespielt. Wir müssen uns das genau anschauen. Das war heute alles, was ich machen konnte." Denn selbst wenn man den starken Reifenabbau - eher untypisch für Ferrari - als Hauptproblem lokalisiert, bleibt Ratlosigkeit darüber, wie das geschehen konnte. "Auch wenn man das mal außen vor lässt, scheint es so, als hätten andere Teams weniger Probleme."

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In Runde 31 greift Verstappen Vettel an und schnappt sich so P3 Zoom Download

Deshalb möchte der Ferrari-Pilot zunächst nichts ausschließen: "Vielleicht hatten wir auch ein anderes Problem." Womöglich ein technisches Versagen am Ferrari-Antrieb? "Nein, das war in Ordnung", gibt Vettel Entwarnung. Er habe kein Motorproblem gehabt, bestätigt er. Jedoch musste er "unheimlich" kämpfen am Ende des Rennens, schildert der Heppenheimer. Aufgrund des geringen Grips konnte Vettel keine schnellen Zeiten mehr fahren. Leclerc klopfte in Runde 51 schließlich am Heck seines Teamkollegen an.

Was in der offiziellen TV-Übertragung nicht zu sehen war: Neuling Leclerc erkundigte sich in Runde 51 bei seinem Team, ob er an Vettel vorbeigehen dürfe oder nicht. "Soll ich hinter Sebastian bleiben? Ja oder nein?", funkte der Monegasse. "Ja, und halte ein wenig Abstand", lautete die Anweisung. Leclerc befolgte die Ansage, somit wurde bereits beim ersten Saisonrennen deutlich gemacht, wer die Nummer 1 bei der Scuderia ist.

Vettel zu Leclerc-Anweisung: "Wusste, dass er schneller war"

Vettel auf Leclercs Geleitschutz in den letzten sechs Runden angesprochen: "Ich hatte unheimlich zu kämpfen und ich wusste, dass er schneller ist. Unter normalen Bedingungen wäre er durch, ich hätte nicht groß dagegen halten können, weil ich den Speed nicht hatte." Es sei von vornherein "klar" gewesen, wie die Situation gehandhabt wird, so Vettel. "Daher lief alles normal ab. An diesem Punkt hatte ich keine Chance, mit irgendjemanden zu kämpfen, weil ich ziemlich langsam war. Ich musste einfach sicherstellen, dass ich das Auto ins Ziel bringe."

Leclerc musste sich dem Teamwunsch unterordnen und kam schließlich eine Sekunde hinter Vettel als Fünfter ins Ziel. Die Ferraris verloren allerdings insgesamt knapp eine Minute auf Mercedes und Verstappen. "Mercedes ist sehr stark, der Rest weit dahinter", lautet die erste Einschätzung des Heppenheimers zum Kräfteverhältnis. Wo der große Performanceunterschied herkam, konnte er nicht beantworten. "Im Moment ist es uns noch nicht ganz klar. Sonst hätten wir uns das jetzt heute nicht so ausgesucht, ist ja logisch."

Weder auf einer schnellen Runde noch im Renntrimm konnte Ferrari in Melbourne etwas gegen die Übermacht von Mercedes ausrichten. Selbst für Vettel eine Überraschung nach den guten Vorsaisontests in Barcelona. "Das Auto hat in den Tests wirklich sehr gut ausgesehen. Aber an diesem Wochenende kamen wir mit der Strecke einfach nicht zurecht."

Trotz eines schwierigen Einstands möchte er nicht schwarzmalen. "Dennoch konnten wir ganz gut Punkte mitnehmen, aber nicht das Ergebnis, das wir wollten. Das ist nicht die starke Form, die wir vor ein paar Wochen gezeigt haben. Wir waren nicht das gesamte Wochenende glücklich mit dem Auto, aber ich denke nicht, dass es so schlecht war." Die Italiener schreiben mit 22 Punkten an, während Mercedes bereits doppelt so viele Zähler (44) am WM-Konto hat.

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